Als ich dabei war, meine Reise zu planen, hatte ich bei Alaska Airlines angerufen um mich zu erkundigen, ob ich es riskieren kann, einen Flug von Cordova nach Anchorage zu buchen, mit dem ich nur ein paar Stunden vor meinem Weiterflug nach Australien in Anchorage ankommen würde. Die Dame von der Hotline war sehr freundlich, aber auch sehr eindeutig. Das Wetter in Alaska im November sei völlig unberechenbar. Sie an meiner Stelle würde sich mindestens einen Tag zum Umsteigen nehmen.
Also fliege ich heute schon zurück nach Anchorage. Cordova Airport ist ungefähr doppelt so groß wie mein Wohnzimmer. Ein orthodoxer Priester, eine Frau mit ihrem Enkelsohn und 17 weitere Menschen steigen mit mir zusammen ein. Einige von ihnen wollen einkaufen gehen, andere haben Arzttermine in der Großstadt. Cordova selbst hat zwar auch eine Klinik, aber sobald es irgendwie kompliziert wird - und das schließt schon gebrochene Arme und Geburten ein - werden die Patienten nach Anchorage geflogen.
In Anchorage ist es noch kälter als in Cordova. Um die Zeit bis zu meinem Weiterflug zu überbrücken, bin ich mit Michael Macrander zum Interview verabredet, auch wenn er nichts mit den Wunden der Erde zu tun hat. Noch nicht zumindest. Der bei Shell angestellte Wissenschaftler war mir empfohlen worden als Experte auf dem Gebiet der Öl- und Gasbohrungen im arktischen Ozean. Heute Abend hält er einen Vortrag, der vom Institut des Nordens organisiert wird.
Nach dem Vortrag kämpfe ich mich gegen den Strom der zum Büffet strömenden Zuhörer nach vorne, um mich vorzustellen. Das gelingt auch, und mein Interviewpartner ist fast soweit sich von mir in eine ruhige Ecke komplimentieren zu lassen, wo wir das Interview führen könnten, als der unweigerliche Strom der Visitenkartenträger erscheint. Mein zukünftiger Interviewpartner lächelt mich entschuldigend an und widmet sich dem Ersten in der Schlange. Dem Herren um die 50 folgen zwei schüchterne Damen und die 30 und eine Frau unbestimmbaren Alters. Sie alle verwickeln meinen Interviewpartner in nicht enden wollenden Small Talk, während ich von einem Bein aufs andere wippe und merke, wie ich hungrig werde.
Als endlich die letze Frage gestellt und die letzte Visitenkarte ausgetauscht ist, scheucht der Pressereferent noch einige Leute aus dem Raum und wir können beginnen. Während des Interviews stelle ich allerdings fest, dass mein Interviewpartner mir die Fragen, die mich interessieren gar nicht beantworten kann. Stattdessen erfahre ich, dass es Shell gelingen wird, im arktischen Ozean nach Öl und Gas zu bohren, ohne irgendwelchen Schaden im Ökosystem anzurichten. Wie genau das funktionieren soll, erfahre ich nicht und in mir regt sich der leise Verdacht, dass mein Interviewpartner es auch nicht weiß.
Die weiteren Tagebucheinträge von Monika Seynsche finden Sie unter:
Wunden der Erde - Ein Reisetagebuch
Die Recherchereise wurde mit Mitteln der Robert Bosch Stiftung im Rahmen der Initiative Wissenschaftsjournalismus gefördert.
Also fliege ich heute schon zurück nach Anchorage. Cordova Airport ist ungefähr doppelt so groß wie mein Wohnzimmer. Ein orthodoxer Priester, eine Frau mit ihrem Enkelsohn und 17 weitere Menschen steigen mit mir zusammen ein. Einige von ihnen wollen einkaufen gehen, andere haben Arzttermine in der Großstadt. Cordova selbst hat zwar auch eine Klinik, aber sobald es irgendwie kompliziert wird - und das schließt schon gebrochene Arme und Geburten ein - werden die Patienten nach Anchorage geflogen.
In Anchorage ist es noch kälter als in Cordova. Um die Zeit bis zu meinem Weiterflug zu überbrücken, bin ich mit Michael Macrander zum Interview verabredet, auch wenn er nichts mit den Wunden der Erde zu tun hat. Noch nicht zumindest. Der bei Shell angestellte Wissenschaftler war mir empfohlen worden als Experte auf dem Gebiet der Öl- und Gasbohrungen im arktischen Ozean. Heute Abend hält er einen Vortrag, der vom Institut des Nordens organisiert wird.
Nach dem Vortrag kämpfe ich mich gegen den Strom der zum Büffet strömenden Zuhörer nach vorne, um mich vorzustellen. Das gelingt auch, und mein Interviewpartner ist fast soweit sich von mir in eine ruhige Ecke komplimentieren zu lassen, wo wir das Interview führen könnten, als der unweigerliche Strom der Visitenkartenträger erscheint. Mein zukünftiger Interviewpartner lächelt mich entschuldigend an und widmet sich dem Ersten in der Schlange. Dem Herren um die 50 folgen zwei schüchterne Damen und die 30 und eine Frau unbestimmbaren Alters. Sie alle verwickeln meinen Interviewpartner in nicht enden wollenden Small Talk, während ich von einem Bein aufs andere wippe und merke, wie ich hungrig werde.
Als endlich die letze Frage gestellt und die letzte Visitenkarte ausgetauscht ist, scheucht der Pressereferent noch einige Leute aus dem Raum und wir können beginnen. Während des Interviews stelle ich allerdings fest, dass mein Interviewpartner mir die Fragen, die mich interessieren gar nicht beantworten kann. Stattdessen erfahre ich, dass es Shell gelingen wird, im arktischen Ozean nach Öl und Gas zu bohren, ohne irgendwelchen Schaden im Ökosystem anzurichten. Wie genau das funktionieren soll, erfahre ich nicht und in mir regt sich der leise Verdacht, dass mein Interviewpartner es auch nicht weiß.
Die weiteren Tagebucheinträge von Monika Seynsche finden Sie unter:
Wunden der Erde - Ein Reisetagebuch
Die Recherchereise wurde mit Mitteln der Robert Bosch Stiftung im Rahmen der Initiative Wissenschaftsjournalismus gefördert.