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Voodoo in Benin
Ein großes Fest für eine alte Religion

In keinem Land wird Voodoo so sehr gefeiert wie im westafrikanischen Benin. Dort hat die alte Religion sogar einen eigenen Feiertag. Doch trotz der starken Präsenz ist Voodoo für viele Menschen nur schwer zu verstehen und in Worte zu fassen.

Von Katrin Gänsler | 13.01.2017
    Frauen und Männer in traditioneller Kleidung tanzen am Strand von Ouidah an der Küste Benins am 10. Januar, dem offiziellen Voodoo-Tag.
    Tänze gehören zum Voodoo dazu (Deutschlandfunk / Katrin Gänsler )
    Am Strand von Ouidah an der Küste Benins haben sich zahlreiche Musikgruppen versammelt. Die Mitglieder tanzen, singen, trommeln und schlagen eine Art Triangel. Viele hundert Menschen schauen ihnen zu, sind sie doch Teil der größten Voodoo-Feier im Land. Sie findet jedes Jahr am 10. Januar, dem offiziellen Voodoo-Tag, statt. Auch für Henri Balai Alaigun ist dieser Termin ein Pflichttermin. Er stellt sich selbst als "Roi de Voodoo" - als Voodoo-König - vor. Was Voodoo genau ist, lässt sich aus seiner Sicht jedoch nur schwer definieren. Er versucht es mit einem Beispiel:
    "Voodoo tut uns sehr gut. Wenn man zum Beispiel keine Kinder bekommt, dann kann Voodoo helfen. Man geht zu einem Priester und spricht über das Problem. Dieser kann der Frau helfen, damit sie schwanger wird. Das Kind kann kommen."
    Zakpata, Mai Wata - mit den Kindern Gottes kann man sprechen
    Das Fon ist die Sprache, die in Benin am weitesten verbreitet ist. In dieser Sprache heißt Voodoo: Gott oder Gottheit. Es gibt einen Schöpfergott, mit dem man jedoch nicht kommunizieren kann. Stattdessen ist das mit seinen Kindern möglich. Mehr als 400 sollen es sein. Sie werden je nach Interpretation mal als Heilige, mal als eigene Gottheiten betrachtet. Linguistikprofessor Médard Dominique Bada, der sich seit Jahrzehnten mit Voodoo befasst, erklärt, wie das funktioniert.
    "Es ist eine traditionelle Religion, die die Mitglieder einer Gemeinschaft zusammen bringt. Nehmen wir etwa den Gott Zakpata: Seine Anhänger kommen zusammen und bringen ein Opfer. So können sie um etwas bitten."
    Zakpata ist ein Erdgott, der häufig mit roten Punkten auf weißem Untergrund dargestellt wird. Manchmal gilt er als zornig. Mal macht er krank, dann heilt er. Frauen, die nicht schwanger werden, beten zu Mami Wata. Die Wassergottheit hat oft die Gestalt einer Nixe und verheißt neben Fruchtbarkeit und Liebe auch materiellen Wohlstand.
    Ein Mann sitzt am Strand von Benin mit Holzpüppchen. Diese symbolisieren, dass ein Zwilling verloren wurde und erinnern daran.
    Einen Zwilling verloren? Die Holzpuppen symbolisieren genau das und erinnern daran. (Deutschlandfunk / Katrin Gänsler )
    Vodoo sei eine lebensnahe Religion, sagen ihre Befürworter. Kritiker dagegen verbinden Voodoo mit gefährlicher schwarzer Magie. Voodoo produziere Misstrauen. Professor Bada kennt die Vorurteile:
    "Ja, solche Positionen vertreten die, die nicht initiiert sind. Sie wissen nicht, wie Voodoo funktioniert. Für sie ist Voodoo eine Art von Hexerei."
    Anhängerschaft nimmt ab
    Wer initiiert ist, so der der Voodoo-Experte und Linguistikprofessor Bada, ist eingeweiht in diese alte Religion. Eingeweihte oder Initiierte dürfen in der Regel nicht über die Geheimnisse ihrer Religion sprechen. Da es anders als im Christentum oder Islam so gut wie keine schriftlichen Dokumente gibt, ist diese Religion nur schwer zu verstehen. Traut man offiziellen Zahlen, dann nimmt ihre Anhängerschaft ab. Laut aktueller Schätzung bekennen sich heute noch etwa zwölf Prozent der fast elf Millionen Einwohner Benins öffentlich zum Voodoo. Parfait Bessam, der ebenfalls nach Ouidah gekommen ist, um am Strand zu feiern, erlebt das so:
    "Wir sind noch mit Voodoo geboren worden. Heute geht man eher in die Kirche. Immer mehr hören auf, Voodoo zu praktizieren."
    Für den grauhaarigen Mann dagegen passen Voodoo und das Christentum, die am weitesten verbreitete Religion im Land, hervorragend zusammen. Bessam ist Voodoo-Anhänger und bekennender Katholik.
    "Voodoo, das ist doch wie Jesus Christus. Er hat uns den Wert des Voodoo gezeigt."
    Voodoo konnte von Weltreligionen nicht verdrängt werden
    Tatsächlich haben weder Christentum noch Islam die alte Religion in Benin verdrängen können. Das wird auch so bleiben, meint Professor Médard Dominique Bada:
    "Voodoo ist eine spirituelle Kraft, die es Menschen möglich macht, in Frieden und Harmonie zu leben. Und so schaffen wir es, ohne Krieg zusammen zu leben."
    Das gelingt in Benin im Vergleich zu vielen anderen Ländern Westafrikas tatsächlich ziemlich gut. Ob es allerdings wegen oder trotz Voodoo geschieht, lässt sich nicht sagen.