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Vor 150 Jahren gestorben
Ferdinand Georg Waldmüller - Der Maler des Sonnenlichts

Er war sowohl Landschafts- als auch Porträt- und Genremaler: Die Bilder Ferdinand Georg Waldmüllers, der gelegentlich als reiner Biedermeier-Idyllen-Maler missverstanden wird, sind bis heute populär. Früh setzte sich der Österreicher dafür ein, die Malerei nicht zu akademisieren.

Von Rainer Berthold Schossig | 23.08.2015
    Halb "Kalif Storch" - halb "Kleiner Muck" - in Turban und weichem Mantel, so sieht er aus, der weißbärtige, bucklige "Tabakpfeifenhändler im Caffeehause", mit dem der österreichische Maler Ferdinand Georg Waldmüller 1824 in Wien sich der Öffentlichkeit vorstellte. Der Weg des 1793 geborenen Sohnes armer Wiener Wirtsleute war nicht leicht.
    "Als ich noch Knabe war, äußerte sich in mir schon die Liebe zur Kunst. Obschon verworren und unklar, wie die Begriffe sich in so zartem Alter gestalten, schwebte mir als Ideal meiner Bestimmung, eine Wirksamkeit in Künstler-Kreisen in glänzenden Farbenspielen jugendlicher Einbildungskraft vor. Entschlossen, mit jeder Entbehrung, mit jedem Opfer auf dem Pfade der Kunst vorwärts zu schreiten, vertauschte ich das Gymnasium mit der Akademie."
    So erinnerte sich Waldmüller an seine künstlerischen Anfänge. Doch als er in Wien zur Akademie geht, entzieht die Mutter ihm die Unterstützung. Der brotlose, junge Kunststudent muss sich mit dem Kolorieren von Pralinés und Miniaturbildnissen den Lebensunterhalt verdienen. Er wird Zeichenlehrer in Zagreb, bevor ihm der Sprung zurück in die Hauptstadt Wien gelingt, wo er zunächst Alte Meister kopiert. Bald aber gelangt er zu der Überzeugung, dass gewissenhaftes Studium der Natur für den Künstler von weit größter Bedeutung sei.
    Entwicklung zum Naturalisten und Virtuosen der Wirklichkeitswiedergabe
    "Er hat den großen Wunsch gehabt, das Sonnenlicht in seine Bilder hineinzubringen. Das hat er dann in seinen späten Werken wirklich zur Perfektion gebracht. Mit dieser Suche ist er auch zum großen Vorläufer der Sezessionisten geworden, die ihn bewundert haben dafür, dass er sich mit diesem Phänomen, die Sonne in die Bilder hineinzubringen, auseinandergesetzt hat."
    Für Agnes Husslein-Arco, Direktorin des Wiener Belvedere Museums, ist Waldmüller die stärkste Künstlerpersönlichkeit in der österreichischen Malerei des 19. Jahrhunderts. Ihr Haus besitzt über 70 der populären Waldmüller-Gemälde, darunter auch zahlreiche Bildnisse:
    "Am Anfang steht das Porträt, und da strebt er eine ganz genaue Wiedergabe der Physiognomie des Gegenübers an. Natürlich kommt dann sehr oft, vor allem bei den jüngeren Damen, der Wunsch des Auftragsgebers hinein, das doch etwas zu verhübschen und etwas liebevoller darzustellen."
    Waldmüller hat in allen damals bedeutenden künstlerischen Sparten - also Porträt und Landschaft, Stillleben und Genre - wichtige Werke geschaffen. Auf seinen Reisen nach Rom, Venedig und Paris entwickelt er sich bald zu einem bewussten Naturalisten und Virtuosen der Wirklichkeitswiedergabe. 1830 wird er an die Kunstakademie in Wien berufen. Kurz zuvor hat er Kaiser Franz Joeph I. porträtiert, was ihm bald Zulauf aus Adelskreisen einträgt.
    "In seinem Spätwerk zeigt Waldmüller ein großes soziales Engagement und thematisiert das Leben von Randgruppen in der Gesellschaft."
    Nun - zwischen Metternich-Ära und Wiener Vormärz - entstehen einfühlsame, höchst gemütvolle Bilder, denen man später falsche Sentimentalität und Biedermeier-Betulichkeit attestiert hat. Als Professor aber blieb er höchst streitbar:
    "Er war nicht politisch im Sinne des Vormärz, das nicht, aber er war politisch in seiner Haltung, wie man die jungen Künstler ausbilden sollte; er war der strikten Auffassung, dass man das Talent des Künstlers nach zwei Jahren erkennen muss."
    Von der Akademie verbannt, war Waldmüllers Lebensabend wenig idyllisch. Die kaiserliche Pension für den greisen Künstler war notorisch knapp, und eine späte Ausstellung wurde zum Desaster.
    "Wie er starb, da wurde gerade in Wien die Ringstraße gebaut. Es hat sich ein neuer Stil in Wien gebildet, die Gebäude, die Malerei, alles wurde im historistischen Stil gemacht; also man hat den Waldmüller vergessen."
    Ferdinand Georg Waldmüller starb am 23. August 1865 im Alter von 72 Jahren in einem Gasthof in Mödling bei Wien - inmitten jener Landschaft, die ihn stets besonders inspiriert hatte.