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Vor 150 Jahren
Klavierbauer Heinrich Steinweg gestorben 

Steinway & Sons gilt als Nobelmarke des Klavierbaus. Die Wurzeln des Weltunternehmens liegen in einer niedersächsischen Kleinstadt. In Seesen gründete Mitte des 19. Jahrhunderts Heinrich Engelhard Steinweg seinen kleinen Instrumentenbaubetrieb, der einmal Weltruhm erlangen sollte.

Von Alfried Schmitz | 07.02.2021
    Nahaufnahme eines Steinway Flügels
    Steinway-Instrumente bestechen durch hervorragende Klangeigenschaften und präzise Verarbeitung. Viele internationale Stars spielen am liebsten Steinway-Flügel. (IMAGO / McPHOTO / Luhr)
    "Es gibt eine ganze Reihe von Patenten, die zum Standard geworden sind. Der gusseiserne Rahmen, kreuzsaitige Bespannung, Rimbiegung. Das ist das Steinway-System, das die Grundlage für jeden modernen Konzertflügel geworden ist."
    Dirk Stroschein, Leiter des Städtischen Museums im niedersächsischen Seesen, ist stolz auf den prachtvollen Flügel, der Teil einer Dauerausstellung ist. Das Instrument stammt aus dem Jahr 1864 und wurde in der New Yorker Werkstatt von Steinway & Sons gefertigt, dem bekanntesten und erfolgreichsten Klavierbauunternehmen der Welt, dessen Ursprünge auf Heinrich Engelhard Steinweg zurückgehen.
    "Er stammt aus Wolfshagen, das ist nicht weit entfernt von Seesen. 1797 geboren. Seine Mutter hat er 1810 verloren, da war er gerade 13 Jahre alt. Und 1812 gab es dieses sehr traumatische Erlebnis für ihn. Und zwar sind sein Vater und ein weiterer Bruder bei einem Blitzschlag gestorben. Das heißt, er war nun Vollwaise."
    Nach dem frühen Tod seiner Eltern muss sich der mittellose Steinweg irgendwie durchschlagen. Er geht für ein paar Jahre zum Militär und wird Soldat in der Armee des Herzogs von Braunschweig.
    "Er fängt dort an, erste Zitherinstrumente zu bauen und unterhält auch seine Kameraden mit kleinen musikalischen Einlagen und gilt dort als musikalisches Genie."

    "Mußte mich bequemen, nur die Tischlerprofeßion zu erlernen"

    "Seit meiner frühesten Jugend verspührte ich schon einen Drang zur Verfertigung musikalischer Instrumente; wegen der Armuth meiner Eltern konnte ich aber dazu keine Anleitung erhalten und mußte mich bequemen nur die Tischlerprofeßion zu erlernen, in welcher ich es bis zur Meisterschaft gebracht habe", sagt der junge Steinweg, der nach einer Tischlerlehre bei einem Orgelbauer in Goslar gerade nach Seesen gezogen war, wo er 1825 Juliane Thiemer heiratet, eine Familie gründet und eine kleine Schreinerwerkstatt eröffnet.
    Neben der regulären Arbeit geht er seiner großen Leidenschaft nach, tüftelt in der Waschküche seines Hauses am Prototyp eines Klaviers und verkündet Anfang 1836 per Zeitungsinserat, "dass er Klaviere, Pianofortes und Flügel nach Wiener Fasson fertigt. Und er unterzeichnet diese Anzeige mit: H. Steinweg, Instrumentenmacher."
    Zunächst laufen die Geschäfte mehr schlecht als recht. Doch nachdem Steinweg 1839 mit seinen Klavieren bei der Gewerbeausstellung in Braunschweig ausgezeichnet wird, und sogar der Landesherr eines seiner hochgelobten Instrumente kauft, kommt der kleine Betrieb in Gang.

    Per Dampfschiff auf dem Weg nach New York

    Als die 1848er Revolution auch im Herzogtum Braunschweig für politische und wirtschaftliche Unsicherheit sorgt, plant Steinweg, in die USA auszuwandern. 1850 macht sich die Familie per Dampfschiff auf den Weg nach New York. Drei Jahre arbeiten Steinweg und seine Söhne zunächst in fremden Werkstätten. Dann haben sie genügend Geld beisammen, um sich als Steinway & Sons selbstständig machen zu können.
    Der junge Familienbetrieb, in dem auch Juliane und die Töchter wichtige Funktionen übernehmen, lockt mit einem speziellen Angebot sogar Kunden, die kein Klavier spielen können.
    "Das ist auch ein Beispiel dafür, wie findig sie sind in ihrer Werbung. Heinrich Engelhard sagt dann, wenn Sie das Klavier kaufen, kriegen Sie mit dem Klavier gleichzeitig Klavierunterricht von meiner Tochter. Und das ist die Dorette."
    1860 baut Steinway für die schnell expandierende Firma in Manhattan ein modernes Fabrikgebäude.
    1866 wird dann mit der Steinway-Hall sogar ein eigenes Konzerthaus eröffnet, wo weltbekannte Pianisten bei ihren Auftritten natürlich auf Steinway-Flügel spielen.
    "Der Weg in den Konzertsaal verlief durch den Ausstellungsraum mit den Steinway-Klavieren, den neuen. Alle Konzertbesucher mussten, wenn sie in den Konzertsaal gingen, an den ausgestellten Steinway-Klavieren vorbei. Das heißt, ideale Werbung!"