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Vor 35 Jahren tritt die Bundesrepublik dem Atomwaffensperrvertrag bei

Nach einem Vierteljahrhundert voller Gefahren und Angst haben endlich Vernunft und Verstand die Oberhand gewonnen und werden dazu beitragen, Angst und Gefahren so weit wie möglich zu reduzieren.

Von Matthias Rumpf |
    Der amerikanische Präsident Lyndon B Johnson sparte nicht mit Pathos, als er am 1. Juli 1968 den Atomwaffensperrvertrag im Weißen Haus unterschrieb. Ähnliche Zeremonien fanden am selben Tag in Moskau und London statt. Der Sperrvertrag war ein erstes Zeichen von Entspannung im kalten Krieg. Und es ging darum, den Atommächten USA, UdSSR und Großbritannien das Privileg über Kernwaffen zu sichern.

    Artikel 2. Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonst wie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen.

    Dieses Verbot sollte durch Inspektionen kontrolliert werden. Der Vertrag war in direkten Verhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion zustande gekommen. Den anderen Staaten wollten die USA und UdSSR den Vertrag mit dem Versprechen schmackhaft machen, dass auch sie zur Abrüstung bereit waren.

    Ich freue mich der Welt bekannt geben zu können, dass die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten sich geeinigt haben, in allernächster Zukunft Verhandlungen über die Begrenzung und Reduzierung von offensiven und defensiven nuklearen Waffensystemen und auch antiballistischen Raketensystemen zu beginnen.

    Sagte Präsident Johnson während der Unterzeichnungszeremonie. Doch ausgerechnet die Bundesrepublik war zunächst nicht bereit, den Sperrvertrag zu unterzeichnen. Dabei hatte Konrad Adenauer bereits 1954 gegenüber den Westmächten auf den Bau von Atomwaffen verzichtet. Doch mit der Drohung einer deutschen Bombe ließ sich hervorragend Politik machen. Und es war nicht nur Franz-Josef Strauß, der als Verteidigungsminister mit deutschen Atomwaffen spielte. Gerhard Schröder, der Außenminister Ludwig Ehrhards, sagte noch 1965 in einem Interview.

    Ich meine, dass eine Form der atlantischen Organisation gefunden werden muss, die das Sicherheitsbedürfnis der nicht atomar gerüsteten Nato-Mitglieder angesichts der mehr als 700 auf Europa gerichteten sowjetischen Mittelstreckenraketen befriedigt. Wenn dies durch die Schaffung einer Multilateralen Atlantischen Abschreckungsstreitmacht oder eine gleichwertige Lösung geschehen ist, könnte Deutschland seinen Alliierten gegenüber auf den Erwerb eigener Atomwaffen verzichten.

    Auch später wollten sich CDU und CSU die Option offen halten, dass Deutschland sich an einer von den Nato-Staaten betriebenen Atomstreitmacht beteiligt kann. Es ging um Gleichberechtigung mit den Westallierten und darum, es nicht alleine der Entscheidung des amerikanischen Präsidenten zu überlassen, ob ein Angriff des Warschauer Paktes auf Deutschland mit Atomwaffen vergolten wird. Doch genau eine solche Teilhabe an einer Nato-Atomstreitmacht ließ der Sperrvertrag für die Bundesrepublik nicht zu. Erst am 28. November 1969, zwei Monate nach dem Wahlsieg der SPD und der Bildung der sozialliberalen Koalition, beschloss die Bundesregierung dem Vertrag beizutreten. Und Kanzler Willi Brandt verkündete vor der Bundespressekonferenz.

    Es gelang uns, dafür zu sorgen, dass keine Bestimmung des Vertrages die friedliche Nutzung der Kernenergie verhindert. Es gelang, eine vernünftige Regelung für die Kontrollen zu finden und die Bundesrepublik wird nicht den Vertrag ratifizieren, bevor nicht eine annehmbare Einigung zwischen Euratom und der Wiener Atombehörde zustande gekommen ist. Außerdem ist Vorsorge getroffen, dass der Nichtverbreitungsvertrag in keiner Weise unsere militärische Sicherheit und Zusammenarbeit im Natobündnis beeinträchtigt.

    Erst fünf Jahre später, 1974, ratifizierte der Bundestag den Sperrvertrag, nachdem mit der internationalen Atomenergiebehörde in Wien die Details für die Inspektionen in den Vertragsstaaten geklärt waren. Auch dann noch stimmten 90 Abgeordnete dder Union dagegen.