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Vor 50 Jahren
Erste Herztransplantation der Welt in Kapstadt

Am 3. Dezember 1967 führte der Chirurg Christiaan Barnard die erste Herztransplantation bei einem Menschen durch. Auch wenn der Patient knapp drei Wochen später starb, begann mit dem Eingriff ein neues Kapitel in der Herzchirurgie.

Von Martin Winkelheide | 03.12.2017
    Louis Washkansky war 1967 der erste Mensch, dem ein Herz verpflanzt wurde.
    Louis Washkansky war 1967 der erste Mensch, dem ein Herz verpflanzt wurde. (dpa / UPI)
    Ende November 1967 wurde der aus Litauen stammende Gemüsehändler Louis Washkansky in das Groote Schuur Hospital im südafrikanischen Kapstadt eingeliefert. Er war 54 Jahre alt, hatte mehrere schwere Herzinfarkte erlitten. Lange werde sein Herz nicht mehr arbeiten, so die Prognose der Ärzte.
    Christiaan Barnard: "Es gibt vier Gründe für Erfolg. Der erste: handwerkliches Geschick. Viele Chirurgen weltweit sind sehr geschickt. Der zweite Grund: eine günstige Gelegenheit. Vielen Menschen weltweit haben sich Gelegenheiten geboten, und zwar bessere, als wir sie hatten."
    Am 2. Dezember 1967 wurde die 25-jährige Denise Darvall auf dem Weg zum Bäcker mit ihrer Mutter von einem Auto angefahren. Die Mutter starb, Denise wurde mit schweren Kopfverletzungen ins Groote Schuur Hospital gebracht und dort behandelt. Ohne Erfolg. Die Ärzte stellten am selben Tag noch ihren Hirntod fest. Mit Einwilligung ihres Vaters entnahm ein Ärzteteam das Herz von Denise Darvall. Der Leiter des Teams: Christiaan Barnard.
    "Der dritte Grund für Erfolg ist Vorstellungskraft. Und der vierte ist Glück. Und hier ist der Unterschied: Wir hatten mehr Glück als die anderen."
    Ein geeigneter Patient. Eine passende Organspenderin. Christiaan Barnard nutzte die Gelegenheit: Am 3. Dezember 1967, in einer fünfstündigen Operation, setzte sein Team aus 31 Ärzten Louis Washkansky das Herz von Denise Darvall ein. Um 6:13 Uhr war die erste Herztransplantation beendet. Sie machte Christiaan Barnard über Nacht weltberühmt.
    18 Tage später starb der Patient
    Sein Patient erholte sich zunächst gut. Dann aber verschlechterte sich sein Zustand.
    "Der winzige Schatten des Vortages hatte sich hundertfach vergrößert und wuchs von der linken zur rechten Lunge hinüber. Es handelte sich um eine sich rasch ausbreitende Infektion der Lungen, die sofort behandelt werden musste."
    Eine Behandlung mit Penicillin, berichtete Barnard in seiner Autobiographie, half nur vorübergehend. 18 Tage nach der Transplantation starb Louis Washkansky an den Folgen der Lungenentzündung.
    Barnard hatte die erste Herztransplantation durchgeführt, obwohl er wusste, dass grundsätzliche Probleme noch nicht gelöst waren:
    "Wie halten wir einen Patienten mit einem fremden Herzen in seinem Körper am Leben? Das größte Problem dabei ist, einer Abstoßung des Organs vorzubeugen."
    Der südafrikanische Herzchirurg Christiaan Barnard im Dezember 1967
    Der südafrikanische Herzchirurg Christiaan Barnard im Dezember 1967 (dpa / epa AFP)
    Die damals verfügbaren Medikamente konnten zwar verhindern, dass das körpereigene Abwehrsystem das fremde Organ angriff und zerstörte. Gleichzeitig machten sie den Körper aber wehrlos gegenüber vielen Krankheitserregern.
    Dennoch: Zahlreiche Ärzteteams machten es Barnard gleich. Allen voran, im Januar 1968, Norman Shumway von der kalifornischen Stanford University. Shumway hatte schon seit 1956 experimentelle Herzverpflanzungen an Hunden durchgeführt. Barnard, der nach seinem Medizinstudium in Kapstadt seine Facharztausbildung als Chirurg in den USA erhalten hatte, war auch Gast an Shumways Klinik gewesen und hatte bei der ersten Transplantation Techniken genutzt, die Shumway entwickelt hatte.
    Herztransplantation wird zu Routine-Eingriff
    Rudolf Zenker: "Die Operation verlief programmgemäß. Das übertragene Herz hat seine Funktion übernommen."
    Am 13. Februar 1969 fand die erste Herztransplantation in Deutschland statt. In München, an der Klinik von Rudolf Zenker:
    "Ich muss Ihnen schweren Herzens mitteilen, dass trotz aller ärztlicher Bemühungen der Kranke, dem gestern in dieser Klinik ein Herz transplantiert wurde, um 16.18 Uhr verstorben ist."
    Ende der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts kamen neue Medikamente zur Unterdrückung der Körperabwehr wie das Ciclosporin A auf den Markt. Die Überlebenszeit der Patienten stieg deutlich an. Die Herztransplantation wurde zu einem Routineeingriff. In Deutschland wurden zeitweise über 500 Herzen im Jahr transplantiert, im letzten Jahr nur noch knapp 300. Ein Grund: die Bereitschaft, nach dem Tod ein Organ zu spenden, hat abgenommen.
    Christiaan Barnard arbeitete bis 1983 am Groote Schuur Hospital in Kapstadt. Danach beschäftigte er sich mit der Biologie des Alterns, lebte in Österreich und auf seiner Farm in Südafrika. Am 2. September 2001 starb er bei einem Urlaub auf Zypern an den Folgen eines Asthmaanfalls.