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Vor 50 Jahren
Johnny Cashs Auftritt im Folsom State Prison

Vor 50 Jahren besuchte der amerikanische Musiker und Schauspieler Johnny Cash 2.000 Häftlinge im Folsom State Prison im US-Bundesstaat Kalifornien. Die verurteilten Zuhörer waren ganz zahm angesichts der Show des Weltstars und seiner Freundin June Carter. Dabei spielte Cash gar nicht mal seinen allergrößten Hit.

Von Tim Schauen | 13.01.2018
    Der US-Country-Music-Star Johnny Cash bei einem Auftritt am 7.4.1980 für eine Country- und Westernmusikshow des ZDF in der Hannoveraner Eilenriedhalle.
    Der US-Country-Music-Star Johnny Cash trat in seiner langen Karriere auch in Hannover auf (picture-alliance / dpa / Dröse)
    "Hello, I'm Johnny Cash."
    Das Folsom State Prison ist die zweitälteste Haftanstalt des Staates Kalifornien in den USA. 1880 eröffnet und berüchtigt wegen der harten Behandlung der Insassen, knapp 100 Menschen wurden hier hingerichtet. Charles Manson saß hier ein, der Hippie-Guru und Drogen-Psychologe Timothy Leary und die Hells Angels-Ikone Sonny Barger.
    Am 13. Januar 1968 tritt der Countrystar Johnny Cash vor 2.000 Häftlingen in der Cafeteria des Gefängnisses auf. Die Insassen kennen die Geschichten über den "Man in black", dessen schwarze Kleidung ein politisches Bekenntnis zu den Armen und Entrechteten ist, der in seinem Leben in viele Abgründe geblickt und oft darüber gesungen hat.
    Jahrelange Alkohol- und Drogenabhängigkeit
    Johnny Cash stammt aus Arkansas, er wird während der Weltwirtschaftskrise 1932 als eines von sieben Kindern geboren, die Eltern sind Farmer in bitterer Armut. Während seines Militärdienstes in Deutschland sieht Cash den amerikanischen Film "Inside the walls of Folsom Prison" und schreibt einen Song über Kleinkriminelle: Der "Folsom Prison Blues" wird 1955 Cashs zweite Single und sein erster großer Erfolg. Am Ende seiner Karriere wird er auf zwei Ehen, über 500 Songs, 50 Millionen verkaufte Tonträger und 13 Grammy Awards zurückblicken können. Und auf mehr als zehn Jahre Alkohol- und Drogenabhängigkeit.
    Sieben Mal wird Johnny Cash verhaftet, oft findet man Amphetamine bei ihm, manchmal in seinem Gitarrenkoffer. Die jahrelange Sucht macht dem Country-Star und Schauspieler derart zu schaffen, dass er sich 1967 in eine Höhle legt und dort auf den Tod wartet. Aber dann macht er mit Hilfe seiner Freundin und Kollegin June Carter doch noch einen Entzug. June, mit der er ab 1968 bis zu ihrem Tod 35 Jahre verheiratet sein wird, schreibt auch seinen größten Hit: In "Ring of fire" hatte June Carter die unmögliche Liebe zu einem tablettensüchtigen Star beschrieben. Johnny Cashs Version mit den markanten Mariachi-Trompeten macht den Song 1963 zum Welthit.
    Doch seinen Zuhörern im Gefängnis präsentiert er ein Programm, das ganz auf sie zugeschnitten ist. Für den im "Folsom Prison Blues" besungenen Mord aus niedrigen Beweggründen erhält er Szenenapplaus.
    "But I shot a man in Reno, just to watch him die."
    Cash signalisiert, dass er einer von ihnen sein könnte
    Auch der Titel "Busted" - "Eingelocht" kommt gut an. Oder "I got stripes", "Ich trage Streifen" - denn in dem Stück geht es um die typische Sträflingskleidung. Große Freude bereitet auch der "Cocaine Blues": Die kleinen Geschichten über Alkohol, Drogen und Frauen, Mord, Gewalt und Waffen sowie das tägliche Katz- und Maus-Spiel mit der Polizei sind den Häftlingen allzu vertraut und erinnern sie an ihre Zeit draußen. Und Cash signalisiert, dass er einer von ihnen sein könnte.
    Cash gibt zwei fast identische Shows an diesem Tag. Er sitzt auf einem Barhocker, spielt Mundharmonika oder Akustikgitarre. Aber auch seine Band Tennessee Three sowie June Carter und weitere Sängerinnen sind dabei. Die Zuschauer sitzen zu dritt oder viert unter grellem Licht an runden Tischen. Johnnys Stimme ist hier und da brüchig, er verlangt ein Glas Wasser und mault über dessen Qualität.
    "Is that water?! (Husten) It’s water."
    Im Mai 1968 veröffentlicht Johnny Cash schließlich das Album "Live At Folsom Prison", es erreicht Platz Eins der US-Country Charts und den 15. der Pop-Charts. Ein Jahr darauf, 1969, geht Cash gleich noch mal in eine kalifornische Haftanstalt und spielt in San Quentin. Im gleichen Jahr bekommt er für "Live at Folsom Prison" einen Grammy.
    Johnny Cash, der Musiker, Schauspieler und Aktivist, kombinierte Country mit Blues, Folk und Pop, bezog politisch klar Position, und er verband die Häftlinge des Folsom State Prison für einige unvergessliche Stunden mit der Außenwelt.
    "Thank you very much!"