Archiv


Vor 70 Jahren von den Nazis geschlossen

Schossig: In diesen Wochen jährt sich die Schließung des Dessauer Bauhauses; Anlass für Sie, zurückzublicken mit einer Ausstellung Ihrer Sammlungen. Damals blieb ja so gut wie nichts; wie ist die heutige Sammlung zustande gekommen, was findet sich dort?

    Thöner: Man hat in Dessau wirklich sehr wenig hinterlassen, es ist etwas geblieben im Stadtarchiv Dessau, die Einschreibbücher, fotografische und andere Dokumente, aber das, was natürlich die Besucher am meisten interessiert, Gemälde, Möbel, andere originale Zeugnisse, das ging mit den Bauhäuslern nach Berlin. Es war also hier in Dessau nichts mehr vorhanden, eine Sammeltätigkeit war natürlich nicht möglich, niemand hat sich hier um das aufgelöste Archiv des Bauhauses gekümmert und in der DDR hat man sich erst in den 60er-Jahren wieder dieses zunächst in den 50er-Jahren verschmähten Erbes wieder angenommen, es gab 1967 eine Ausstellung in Dessau, die vor allem aus privatem Besitz Gemälde, Möbel und andere Bauhauszeugnisse ausgestellt hat, aber ein professionelles institutionalisiertes Sammeln hat erst 1976 / 1977 hier begonnen und das hat vor allem damit zu tun, dass in diesen Jahren die erste große Restaurierung des Bauhausgebäudes abgeschlossen war, es also weitgehend wieder seine ursprüngliche Gestalt hatte, die im zweiten Weltkrieg sehr stark zerstört wurde. Damals wurde ein so genanntes wissenschaftlich-kulturelles Zentrum gegründet, so die offizielle Bezeichnung, eine Einrichtung der Stadt Dessau damals, die auch wesentliche museale Aufgaben hatte und damals begann das Sammeln.

    Schossig: Sie in Dessau stehen seit Ihrer Wiedergründung in unmittelbarer Konkurrenz mit dem Berliner Bauhausarchiv, Herr Thöner, das ja schon bald nach dem Krieg wichtige Dokumente und Nachlässe von Bauhäuslern sammeln konnte, die im Westen waren. Wir ergänzen sich nun beide Bestände?

    Thöner: Man darf eines nicht vergessen: Die älteste, wenn auch im wesentlichen auf die Weimarer Zeit beschränkte, aber feinste Bauhaussammlung ist noch älter und das ist die der Kunstsammlung zu Weimar. Als das Bauhaus Weimar 1925 verlassen musste, hat man ganz bewusst also in die Kunstsammlung zu Weimar eine wirklich handverlesene Sammlung aller wesentlichen Erzeugnisse des Bauhaus dort hinterlassen, seit 1995 gibt es nun auch ein richtiges Baushausmuseum dort. Wenn man nun von verwandten Institutionen redet, darf man nicht nur das Bauhausarchiv nennen, sondern muss auch die Kunstsammlung in Weimar nennen.

    Schossig: Das Bauhaus war seinerzeit ein interdisziplinäres, experimentelles Kunstlabor. Was lehren uns die Bestände heute? Manche Kunsthistoriker behaupten ja, das Bauhaus sei 1932 ohnehin am Ende seines Lateins gewesen, dem Todesstoß durch die Nazis sei eine Art Freitod zuvorgekommen.

    Thöner: Das Bauhaus hat sich entwickelt. Es hat in seiner Geschichte Brüche und Neuorientierungen erlebt. Das wichtigste daran ist wohl, dass es sich immer wieder den herausragenden und wichtigsten Problemen seiner Zeit gestellt hat. Jedesmal mit einer unterschiedlichen Akzentuierung. In der Anfangszeit in Weimar 1919 / 1920 mit geradezu sozialreformerischen Utopien, hier in Dessau ab 1926 dann offiziell als Hochschule für Gestaltung und dann ganz stark architekturzentriert. Es wurde einmal gesagt 'das Bauhaus war eine wandlungsfähige Idee und die ist unterstörbar'. Und wir versuchen also auch Ausstellungen so zu gestalten, dass das, soweit es möglich ist, transparent wird.

    Schossig: Wie verbinden Sie das heute, Herr Thöner, Sie haben einen post-graduate-Designstudiengang im Hause, wie geht das zusammen?

    Thöner: 1994 ist die Stiftung Bauhaus Dessau gegründet worden. Im Stiftungsgründungsgesetz sind zwei Aufgaben grundlegend genannt worden. Einmal die Sammlung, Pflege und Bewahrung des Baushaus-Erbes und die Vermittlung desselben und als zweites angesichts der Leistungen des historischen Bauhauses Lösungsvorschläge für die Probleme der heutigen Zeit zu machen. Das Hauptaugenmerk heute liegt darin, dass wir 'Stadt' thematisieren, die Probleme der Stadt. Da wird auch immer das Erbe miteingebunden und diesmal haben wir es also nicht im Haus thematisiert und nun haben wir – die Meisterhäuser befinden sich ungefähr 500 Meter vom Bauhausgebäude entfernt – in den ehemaligen Wohnungen und Ateliers von Wassily Kandinsky und Paul Klee, die ja vor zwei Jahren sehr schön restauriert worden sind, diese Beständeausstellung hineingesetzt und die beiden Hauptprinzipien der Baushausarbeit thematisiert. Im Atelier von Kandinsky wird der Vorkurs, also sie Pädagogik des Bauhauses und im Atelier von Paul Klee die Werkstattarbeit thematisiert.

    Link: mehr ...

    367.html