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Vor dem Start der Tour de France

24 Stunden vor dem Start der Tour de France 2009 werden Erinnerungen wach an die Frankreich-Rundfahrt des Vorjahres. Damals wurden zwei neue Helden des Radsports geboren. Der eine, Stefan Schumacher, aus Deutschland, der andere, Bernhard Kohl, aus Österreich. Beide fuhren im Trikot des Teams Gerolsteiner, das mittlerweile nicht mehr existiert.

Von Heinz Peter Kreuzer |
    Rückblick: Der ARD-Reporter Stefan Hauch nach der vierten Etappe am 8. Juli 2008:

    " Mit 18 Sekunden Vorsprung vor dem Luxemburger Kim Kirchen Etappensieger und mit 12 Sekunden vor Kim Kirchen im Gelben Trikot der Tour de France. Der schönste Tag in der bisherigen Karriere von Stefan Schumacher.

    Schuhmacher: "Ich habe gewusst, die Strecke liegt mir. Ich habe auch an mich geglaubt, weil ich wusste, dass ich richtig stark bin." "

    Und wenige Tage später war es Bernhard Kohl, der vom Tourreporter Holger Gerska für seine Leistung gefeiert wurde:

    " Vier Minuten später kam die Gruppe der Favoriten, aus ihr heraus sprintete Bernhard Kohl zum fünften Platz. Aber es reichte für den Österreicher nicht ganz zum Gelben Trikot, sehr wohl aber um seinen Teamkollegen Sebastian Lang an der Spitze der Bergwertung abzulösen.

    Kohl: "Ja es ist Wahnsinn. Ich bin total überwältigt, Ich glaube, seit ich ein kleiner Bub bin, habe ich davon geträumt, da ganz oben zu stehen." "

    Ein paar Monate später, im Oktober 2008, erschienen die beiden Tourhelden in einem völlig anderen Licht. Zuerst wurde bei Stefan Schumacher das neue Epo-Mittel Cera entdeckt. Er hatte bei der Frankreich-Rundfahrt beide Zeitfahren gewonnen und war zwei Tage im Gelben Trikot des Gesamtführenden gefahren. Eine Woche später war es Bernhard Kohl, dem bei Nachkontrollen Cera-Missbrauch nachgewiesen wurde. Der Österreicher hatte sich nach dem Tourfinale in Paris als Gesamtdritter und Bergkönig feiern lassen. Das Heldenimage hatte sich in Luft aufgelöst.

    In einem völlig neuen Licht erschien bald auch das, was bis dahin über den Dopingmissbrauch und die Dopingbekämpfung in Österreich und Deutschland als Gewissheit gegolten hatte. Die Bundesrepublik hatte immer als Vorreiter beim Anti-Doping-Kampf gegolten, Österreich hingegen war immer nachgesagt worden, nur lax mit dem Thema umzugehen. Der österreichische Anti-Doping-Kämpfer Wilhelm Lilge beschreibt diese Haltung so.

    "Doping hat in Österreich, das muss man leider zur Kenntnis nehmen, Tradition. Schon in den späten 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts nahm Österreich eine Pionierrolle ein beim klassischen Steinzeit-Anabolika-Doping. Das hat sich über Jahre dahingezogen und wahrscheinlich auch im Einklang mit der typisch österreichischen Mentalität, die etwas entfernt ist von der preußischen Gründlichkeit. Ein wenig unter dem Motto, dopts halt ein bisserl, aber lasst euch nicht erwischen, es wird schon nicht so schlimm sein. Und wenn sie euch erwischen, wir wissen von nichts."

    Doch die Geschehnisse nach der Tour 2008 kehrten die bis dahin geltenden Gewissheiten geradezu in ihr Gegenteil um. In Österreich wurde mit Hochdruck ermittelt und aufgedeckt, in Deutschland hingegen herrschte lässige Routine. Die beiden gestürzten Radhelden, Schumacher und Kohl, gingen völlig unterschiedlich mit der Situation um. Schumacher bestreitet vehement die Vorwürfe und geht rechtlich gegen seine Zwei-Jahres-Sperre vor. Sein hartnäckiges Leugnen hat Methode, ähnlich war es schon bei zwei anderen positiven beziehungsweise auffälligen Dopingproben gewesen. Bereits im Mai 2005 war Schumacher die Einnahme der Stimulanz Cathin nachgewiesen worden. Weil der niederländische Radsportverband die Einnahme genehmigt hatte, wurde er aber freigesprochen. Und fünf Tage vor der Radweltmeisterschaft 2007 in Stuttgart hatte eine Blutprobe Schumachers verschiedene erhöhte Werte aufgewiesen. In diesem Fall erklärte er die Befunde mit einer Durchfallerkrankung. Der deutsche und der internationale Radsportverband akzeptierten diese Erklärung und sprachen ihn frei.

    Anders Bernhard Kohl: Er beugte sich dem Ermittlungsdruck der österreichischen Behörden und entschied sich, sein Dopingvergehen zu gestehen. Mehr noch: Er bot sich der Wiener Staatsanwaltschaft als Kronzeuge an. Gegenüber den österreichischen Ermittlern, der Nationalen Anti-Doping-Agentur sowie der Welt-Anti-Doping-Agentur packte der Radprofi aus. Seine Radfahrerkarriere hat er mittlerweile beendet.

    "Gut, mir ist bewusst geworden, dass ich die Lügerei satthabe und reinen Tisch machen will."

    Ganz ähnlich erging es auch der österreichischen Triathletin Lisa Hütthaler. In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete sie, wie der Druck nach ihrem Geständnis von ihr abgefallen sei. Das tägliche Versteckspiel und die enormen psychischen Belastungen, so die Topathletin wörtlich, "machen einen krank".

    Die Geständnisse der österreichischen Sportler, ihre Hilfe beim Trockenlegen des Dopingsumpfes, kamen nicht von ungefähr. Österreichs Verteidigungsminister Norbert Darabos, der auch für den Sport zuständig ist, sagt nicht ohne Stolz:

    "Es ist nicht so, das Österreich Dopingland Nummer eins ist. Nur wir haben jetzt Konsequenzen aus gewissen Vorgängen gezogen. Ich glaube, dass in Wien einige Fäden zusammenlaufen, was den Dopingprozess betrifft, aber es ist einiges in Österreich in Bewegung gekommen, wie man in den letzten Wochen gesehen hatte."

    In der Alpenrepublik ermittelt seit vergangenem Jahr eine zehnköpfige SOKO Doping. Zum Vergleich: Früher hatte ein einziger Polizist in der Alpenrepublik dieses Feld betreut, sozusagen nebenbei.

    Mit den Informationen von Kohl und Hütthaler begann das große Aufräumen im österreichischen Dopingsumpf. Als Drahtzieher ermittelten die Beamten den Sportmanager Stefan Matschiner. Der brachte während der Tour 2008 seinem Schützling Bernhard Kohl die Epo-Infusionen auf das Hotelzimmer. Außerdem betrieb Matschiner in seiner Budapester Dependance eine Blutzentrifuge für das sogenannte Eigenblutdoping bereitgestellt. Hier gaben sich die Sportler die Klinke in die Hand. Ein weiterer Hauptakteur des österreichischen Dopinggeschäfts ist der Skilanglauf-Trainer Walter Mayr. Auch er saß zeitweilig in Untersuchungshaft, wie Matschiner.

    Mayr war eine zentrale Figur des Dopingskandals bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin. In dessen Folge waren insgesamt 13 Athleten, Trainer und Betreuer lebenslang von den Olympischen Spielen verbannt worden. Außerdem musste das Österreichische Olympische Komitee eine Million Euro Strafe zahlen. Mayr war in dieser Hinsicht kein Unbekannter. Schon bei den Winterspielen in Salt Lake City 2002 waren die österreichischen Skilangläufer, speziell Trainer Walter Mayr, mit der sogenannten Blutbeutelaffäre aufgefallen.

    Die Enthüllungen des letzten Jahres brachten dann das Fass zum Überlaufen. Die österreichische Justiz machte, mit Rückendeckung der Politik ernst. Das Ergebnis waren geständige Sportler.

    Ein vergleichbar starker Ermittlungsdruck existiert in Deutschland bis heute nicht. Hier gibt es mittlerweile einige Beamte des Bundeskriminalamtes, die gegen Dopinghändler ermitteln. Außerdem startete die bayrische Justizministerin Beate Merk eine Art Pilotversuch, den sie gleichwohl mit einiger Skepsis begleitet:

    "Ich habe in diesem Zusammenhang eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft bei mir eingerichtet. Das ist ein Thema, das mir Sportfunktionäre gesagt haben. Hättet ihr eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft, würdet ihr auch im Kampf gegen Doping reüssieren können. Ich bin nicht dieser Meinung. Ob mit oder ohne, es kommt immer darauf an, welche Möglichkeiten, welche rechtlichen Möglichkeiten ein Ermittler hat."

    Wichtiger als eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft sei, so Merk ein besseres Dopinggesetz:

    "Dazu brauchen wir zum Beispiel ein Gesetz, dass der Besitz in jeder Menge, also auch in kleinsten Mengen, bereits strafbar ist. Wir brauchen auch ein Gesetz, das ganz klar sagt, dass der Sportler, der sich dopen lässt oder der sich selbst dopt, um gegen andere einen Vorteil zu haben, dass dieser Sportler betrügt. Es kann nicht sein, dass immer das Umfeld des Sportlers bestraft und der Sportler, der letztlich aus seinen Gewinnen auch Vorteile zieht."

    Am Ende des Tauziehens um ein hartes Antidoping-Gesetz stand in Deutschland ein butterweicher Kompromiss. Sportler dürfen danach nur strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie mit Dopingmitteln handeln. Die Einnahme von Dopingmitteln allein wird strafrechtlich nicht geahndet. Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB, war mit diesem Kompromiss durchaus zufrieden:

    "Das ist genau die richtige Lösung in der Arbeitsteilung zwischen Sport und Staat. Dass jetzt jeder wieder das tut, der Staat kann am besten die Hintermänner des Dopings, die Händler belangen und der Sport kann am besten die gedopten Sportler belangen."

    Justizministerin Beate Merk hingegen ist nicht glücklich mit dieser Regelung. Sie wehrt sich gegen Vorwürfe von DOSB-Präsident Bach, sie wolle Sportler kriminalisieren. Ähnlichen Vorwürfen sieht sich auch der österreichische Sportminister Norbert Darabos ausgesetzt. Der möchte das im vergangenen Jahr in Kraft getretene Anti-Doping-Gesetz sogar noch einmal verschärfen, gegen den Widerstand aller Parteien, auch seiner eigenen SPÖ.

    "Es gibt hier Auffassungsunterschiede der parlamentarischen Parteien mit mir. Ich bin der Meinung, dass man durch strafrechtliche Verfolgung eher an die Hintermänner kommen kann."

    Darabos hofft bis zum Sommer auf einen Kompromiss. Doch schon das jetzige Anti-Doping-Gesetz trägt in Österreich erste Früchte. Denn die Ermittler können Häuser durchsuchen und Verdächtige abhören. Die Behörden verfügen also über Instrumente, auf die die Sportverbände bei Ihren Ermittlungen natürlich nicht zurückgreifen können.

    Im Zuge der Ermittlungen ist es den österreichischen Behörden so gelungen, ein Dopingzentrum zu enttarnen. Die Firma Humanplasma mit Sitz in Wien, zu deren Kunden, so ein bislang unbestätigter Verdacht, auch deutsche Biathleten gezählt haben sollen. Manfred Ainedter, der Anwalt Bernhard Kohls:

    "Die Geschichte hat ihren Ausgangspunkt bei Humanplasma. Dort wurde Blutdoping betrieben. In weiterer Folge hat man auch seitens des Skiverbandes die Spuren dorthin geführt, weil man sie in Verdacht hatte. Nur ist eben nichts herausgekommen, weil Blutdoping vor August 2008 nicht strafbar war, deswegen hat es die Polizei und die Staatsanwaltschaft überhaupt nicht interessiert."

    Was für die Österreicher Humanplasma, ist für die Deutschen die Universitätsklinik Freiburg. Doping hat dort Tradition, behaupten viele Experten. Professor Hans Joachim Schäfer leitete die von der Uniklinik Freiburg eingesetzte Untersuchungskommission, die nach dem Geständnis des deutschen Radprofis Patrik Sinkewitz ihre Arbeit aufnahm. Vor allem der frühere Chef der Sportmedizin, Professor Joseph Keul gerät immer wieder in den Fokus der Ermittlungen.

    Seine Mitarbeiter waren ebenso dem Doping verhaftet. Von 1995 bis 2006 haben die Mediziner Lothar Heinrich und Professor Andreas Schmid Radrennfahrer gedopt, die für die Telekom bzw. für T-Mobile in die Pedale traten. Als dritter Arzt war Georg Huber, der für den Deutschen Skiverband gearbeitet hatte, geständig. Und auch ein Teil der Kundschaft dieser Ärzte konnte im Zuge der Freiburger Ermittlungen identifiziert werden. Der Kommissionsvorsitzende Schäfer.

    "Wir haben Feststellungen über Epo-Doping auf breiter Ebene. Wir haben Feststellungen für Eigenblutdoping nur für drei Fahrer."

    Nämlich außer Patrik Sinkewitz dessen Teamkollegen Matthias Keßler und Andreas Klöden. Trotzdem hat Klödens neues Team Astana ihn für die Tour de France 2009 nominiert.

    Enttarnte Dopingzentren in Wien, Budapest und Freiburg, überführte Dopingsünder allerorten. Ist die Dopingbekämpfung also endlich erfolgreich und konsequent? Nein, so weit ist es längst noch nicht. Unangetastet blieb bislang zum Beispiel das Dopingerbe der DDR. Deutsche und österreichische Sportverbände wollen das dort gesammelte Wissen in Sachen Leistungssteigerung möglicherweise weiter nutzen. Nach dem Fall der Mauer haben viele Trainer und Sportwissenschaftler der DDR ihr Exil in Österreich gefunden. Skandalös ist vor allem der Fall Bernd Pansold, schimpft der Dopingexperte Wilhelm Lilge.

    "Es ist eigentlich undenkbar in anderen Ländern, dass jemand, der auch in Deutschland rechtskräftig verurteilt wird wegen Minderjährigendopings, in Österreich einen Lehrstuhl bekommen hat an einer Universität, der später dann einen Olympiastützpunkt leiten durfte in Obertauern, wo auch der ÖSV betreut wurde, inklusive Hermann Maier, und der heute an entscheidender Stelle sitzt bei Red Bull in der Leistungsdiagnostik."

    Auch Deutschland hat fast 20 Jahre nach dem Mauerfall diesen Teil seiner Geschichte noch nicht aufgearbeitet. Hier geriet zum Beispiel der Leichtathletiktrainer Werner Goldmann in den Fokus. Das DDR-Dopingopfer Gerd Jacobs hatte den Coach schwer belastet. Goldmann soll Jacobs Dopingmittel verabreicht haben. Als Folge musste dem ehemaligen Kugelstoßer ein neues Herz transplantiert werden.

    Eine Untersuchungskommission des DOSB empfahl die Entlassung Goldmanns. Der Deutsche Leichtathletikverband schickte ihm daraufhin die Kündigung. Fünf andere ehemalige DDR-Leichtathletiktrainer aber schützten sich mit einer Erklärung vor der Entlassung. Darin bekannten sich Rainer Pottel, Maria Ritschel, Gerhard Böttcher, Klaus Schneider und Klaus Baarck zu ihrer Dopingvergangenheit in der DDR. Sie bekundeten ihre Reue und versicherten, nach der Wende nicht mehr gedopt zu haben. Auch Goldmann unterzeichnete eine solche Erklärung. Und zwar auf Initiative des Bundestagabgeordneten Steffen Reiche, der auch Präsident des brandenburgischen Leichtathletikverbandes ist:

    "Ich hatte ihn persönlich gebeten, dass er noch einmal persönlich Stellung nimmt zu dem, was Herr Jacobs ihm vorwirft. Der Deutsche Leichtathletikverband hat dies auch so erbeten, um auf diese Weise die Weiterbeschäftigung des so erfolgreichen Trainers Goldmann zu ermöglichen."

    Noch läuft das Arbeitsgerichtsverfahren, mit dem sich Goldmann gegen seine Entlassung wehrt. Die DOSB-Untersuchungskommission hat mittlerweile ihren Kurs um 180 Grad gewendet. Nach einer erneuten Überprüfung empfiehlt sie nun die Weiterbeschäftigung Goldmanns. Bei der Team-Europameisterschaft im Juni in Portugal war Goldmann immerhin schon wieder als Trainer über den DLV akkreditiert. Die Opfer des DDR-Dopings sind darüber empört, ebenso wie über die pauschale Unschuldsbeteuerung der fünf anderen Trainer. Sie drängen auf eine weitere Aufarbeitung der Vergangenheit der DDR-Trainer. Genau so wie der sportpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Hermann: Er will auch wissen, ob das zuständige Ministerium nachlässig war bei der Beschäftigung belasteter DDR-Trainer:

    "Es geht erstens darum, welchen Anteil hat das Ministerium, das Innenministerium, gehabt an der Bezahlung aus öffentlichen Mittel für problematische Trainer. Es kann nicht angehen, dass der Sport, der selber lange Zeit nichts aufgearbeitet hat, jetzt sagt, es ist alles verjährt."

    Der Kampf gegen Doping wird in Deutschland nach wie vor zu zögerlich geführt, so Hermann. Und in der Tat: Zwei Schritte vor, einer zurück - das scheint die Gangart zu sein. Ein Phänomen, das auch im Nachbarland Österreich nicht unbekannt ist. Dort versucht der Sportminister nun nachzulegen. Der Nationalen Anti-Doping-Agentur will er polizeiliche Befugnisse verschaffen. Das Anti-Doping-Gesetz soll verschärft sowie die Prävention im Hobbysport verstärkt werden. Norbert Darabos:

    "Das sind die politischen Maßnahmen, die man jetzt setzen kann. Auf der anderen Seite würde ich mir wünschen, dass die Gerüchte nicht stimmen, dass die SOKO Doping wieder aufgelöst wird, sondern dass sie in dieser Form bestehen bleibt, und damit der Justiz zuarbeiten kann."

    Das entschlossene Zupacken von Darabos sieht Doping-Experte Lilge in dessen Vergangenheit begründet:

    "Ein wesentlicher Faktor ist, weil eben Darabos, der Minister der für den Sport zuständig ist, nicht aus dem institutionalisierten Sport kommt. Er gehört keiner der alten Seilschaften an, jener Mächtigen, die den österreichischen Sport über Jahrzehnte hindurch ruiniert haben und eigentlich die Befriedigung persönlicher Interessen in den Vordergrund gestellt haben."

    Wie erfolgreich die Dopingbekämpfung in der Alpenrepublik sein wird, hängt also derzeit vor allem von Darabos ab. Wenn er sich gegen politische Gegner und die alten Seilschaften im Sport behauptet, kann er erfolgreich im Kampf gegen den Sportbetrug sein.

    In Deutschland gibt es im Moment keine Persönlichkeit dieser Art. Da sind Sport und Politik zu eng miteinander verwoben, bemängelt Winfried Hermann.

    "Also es ist schon ein gewisses Problem. Und man kann sich sozusagen selber nicht kritisieren. Da müsste man schon sehr viel Kritikfähigkeit haben. Deswegen finde ich, ist es schon notwendig, dass der Sportausschuss zwar in aller solidarischen Freundschaft mit dem Sport positiv agiert, aber er muss sich auch ab und zu auch mal distanzieren und kritisch nachfragen. Das kann schon sein, dass diese Interessenskonflikte dazu führen, dass man halt eben doch nicht genügend kritisch nachfragt."

    Die mangelnde Distanz führt in Deutschland dazu, das Doping nur oberflächlich bekämpft wird. So entsteht der Eindruck, dass Politiker und Sportfunktionäre Epo, Cera und Co. nur in Sonntagsreden brandmarken, statt entschlossen zu handeln. Zum Beispiel im Radsport. Der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer, der ehemalige SPD-Chef Rudolf Scharping, setzte 2007 eine unabhängige Untersuchungskommission ein. Diese sollte die Dopingvergangenheit im Radsport erforschen. Nach nur wenigen Tagen löste sich die Kommission gleich selbst wieder auf. Begründung: Scharping habe kein Konzept für den Umfang und die Finanzierung der Untersuchung vorweisen können. Seitdem redet im BDR niemand mehr über diese Kommission. Und ab morgen wird ohnehin dann nur noch über die Tour de France 2009 geredet.