Vor dem TV-Duell
Europäisches Duell: Sozialdemokrat gegen Christdemokrat

Heute Abend treten der Sozialdemokrat Martin Schulz und der Konservative Jean-Claude Juncker erstmals im deutschen Fernsehen gegeneinander an, um über Europa-Politik zu streiten. Der Deutschlandfunk überträgt das Duell der europäischen Spitzenkandidaten jetzt auch im Livestream.

    Martin Schulz und Jean-Claude Juncker debattieren im EU-Parlament
    Konkurrenten im Europawahlkampf: Martin Schulz (links) und Jean-Claude Juncker (AFP)
    Sowohl Martin Schulz, der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten, als auch Jean-Claude-Juncker, der Frontmann der europäischen Christdemokraten, sind oder waren lange wichtige Vertreter des EU-Establishments. Der eine als Präsident des Europäischen Parlaments, der andere als früherer Chef der Eurogruppe und als Ministerpräsident von Luxemburg. Beide streben das Amt des Präsidenten der EU-Kommission an.
    Details von Spargelanbau und Olivenölkännchen
    Inhaltlich liegen die Positionen von Schulz und Juncker gar nicht allzu weit auseinander, wie DLF-Brüssel-Korrespondent Jörg Münchenberg ausführt. Beide wollten "mehr" statt "weniger" Europa, zumindest bei den großen Themen – wie in der Handelspolitik, der Steuerpolitik, in Migrationsfragen oder bei der Klimapolitik, erläutert Münchenberg. Im Kleinen, etwa wenn es um die "Details des Spargelanbaus" (Juncker) oder "Größenordnungen von Olivenölkännchen" (Schulz) geht, setzen sich der Sozialdemokrat wie der Konservative für den Abbau bürokratischer Hürden ein.
    Kopf-an-Kopf-Rennen von Sozialdemokraten und Konservativen
    Wie muss Europa mit den Folgen der Finanzkrise umgehen? Das wird ein wichtiges Thema im Duell sein. Auch der liberal-konservative Juncker spricht sich in diesem Zusammenhang mittlerweile für einen europäischen Mindestlohn und gegen harsche Sparprogramme aus. Er sei etwas "nach links gerückt", so Münchenberg,
    Jean-Claude Juncker selbst formuliert das so: "Ich bin der Meinung, dass Haushaltskonsolidierung, trotz der Verärgerung, zu der sie manchmal führt, weiter vorangetrieben werden muss. Ich bin der Auffassung, dass Haushaltskonsolidierung und wachstumsorientierte, joborientierte Reformpolitik zwei Seiten einer Medaille sind."
    Martin Schulz wiederum stellt die soziale Komponente bei seiner Kandidatur in den Mittelpunkt.
    Martin Schulz: "Ich möchte im Rahmen der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, dass man in der Kommission ein Industrie- und Wirtschaftskollegium innerhalb des Kollegiums schaffen, dessen Hauptaufgabe die Rückgewinnung der Investitionsquote, die Schaffung von Arbeitsplätzen und insbesondere der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit junger Leute ist."
    Die Wahlumfragen sagen derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Sozialdemokraten und Christdemokraten voraus. Genau darin liegt aber auch das Risiko für die beiden Kandidaten, dass sich die Staats- und Regierungschefs am Ende auf eine alternative Personalie verständigen, was beide natürlich strikt ablehnen. Dass aber eine dritte Person am Ende die EU-Kommission leiten wird, ist nicht ausgeschlossen.
    Jean-Claude Juncker (59) ist Spitzenkandidat der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl Ende Mai. Er war von 1995 bis 2013 Premierminister von Luxemburg und stolperte über eine Geheimdienst-Affäre. Europaweit bekannt wurde Juncker als "Mister Euro": Von 2005 bis 2013 saß er der Gruppe der Euro-Länder vor und war damit einer der wichtigsten Akteure in der Finanzkrise. Der gelernte Jurist spricht neben Letzeburgisch auch fließend Deutsch, Französisch und Englisch.
    Martin Schulz (58) ist seit Januar 2012 Präsident des Europäischen Parlaments, dem er seit 1994 angehört. Zehn Jahre führte er dort die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE). Im März wählte die SPE Schulz auf einem Parteitag in Rom zum Spitzenkandidaten für die kommende Europawahl. Im Fall eines Sieges beansprucht Schulz das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission. Der gelernte Buchhändler aus Würselen bei Aachen spricht Englisch und fließend Französisch.