CDU und CSU
Vor den Bundestags-Abstimmungen zur Migrationspolitik: Warum Mehrheiten für die Unions-Vorschläge ungewiss sind

Unionskanzlerkandidat Merz will mehr Härte in der Migrationspolitik. Ob es im Bundestag Mehrheiten für Vorschläge seiner Fraktion geben wird, ist ungewiss - zumindest bei einem Teil der Pläne.

    Wahlplakat von Friedrich Merz (CDU) mit einem Durchfahrtsverbotsschild am 27. January 2025 in Dortmund.
    Im Streit über eine verschärfte Migrationspolitik wackelt eine Bundestags-Mehrheit für die Anträge der Union. (picture alliance / DeFodi Images / Alex Gottschalk)

    Worum geht es?

    Seit vor etwa einer Woche ein ausreisepflichtiger Afghane mit möglicherweise psychischer Beeinträchtigung in Aschaffenburg ein Kleinkind und einen Mann erstochen hat, dreht sich der Bundestagswahlkampf vor allem um das Thema Migration. Weitere Gewalttaten gab es zuvor etwa in Mannheim, Solingen und Magdeburg.

    Was soll sich ändern?

    Merz (CDU) hat Pläne für härtere Migrationsregeln angekündigt. Er sagte: "Kompromisse sind zu diesen Themen nicht mehr möglich." Am Mittwoch soll der Bundestag über zwei Anträge von CDU und CSU abstimmen. Ein wesentlicher Punkt ist die generelle Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen. Außerdem sollen Ausreisepflichtige, die nicht abgeschoben werden können und nicht freiwillig ausreisen, dauerhaft inhaftiert werden. Eingebürgerte Migranten mit doppelter Staatsangehörigkeit sollen ihren deutschen Pass wieder verlieren können, wenn sie schwere Straftaten begehen.
    Außerdem soll am Freitag über den Unionsentwurf für das sogenannte "Zustrombegrenzungsgesetz" abgestimmt werden. Darin vorgesehen sind strengere Regeln für den Familiennachzug und mehr Kompetenzen für die Bundespolizei. 

    Wie sind die Positionen der anderen Parteien?

    SPD und Grüne lehnen die Unions-Pläne ab. Sie wollen stattdessen erstmals die nationale Umsetzung der EU-Asylrechtsreform auf die Tagesordnung setzen. SPD-Fraktionschef Mützenich warf Merz vor, dieser habe "die AfD regelrecht eingeladen, bei Überlegungen, die weder europarechtskonform noch verfassungsrechtlich möglich sind, die Hand zu heben."
    Grünen-Fraktionschefin Dröge hielt Merz einen "eklatanten Bruch" mit bisher geltenden Verabredungen der "demokratischen Fraktionen im Bundestag" vor. Die Union setze offensichtlich darauf, dass sie für ihre Vorlagen zur Migrationspolitik "eine Mehrheit bekommen kann, wenn die Nazis zustimmen".
    Die Gruppe Die Linke plant ebenfalls, keinem der Vorhaben zuzustimmen. Die Abgeordnete Bünger sagte: "Wer verhindern will, dass sich eine Tat wie die in Aschaffenburg wiederholt, muss sich mit den strukturellen Ursachen dieser Gewalt auseinandersetzen."
    Die AfD-Bundestagsfraktion beschloss auf einer Fraktionssitzung, den geplanten Vorhaben der Union zustimmen - trotz darin enthaltener AfD-kritischer Passagen. Fraktions- und Parteichef Chrupalla begründete dies mit den Inhalten der Anträge. Das seien Forderungen, die die AfD seit Jahren stelle. Die Zustimmung der AfD gilt auch für das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz.
    Die BSW-Gruppe will entgegen früheren Äußerungen von Parteichefin Wagenknecht nur einem Teil der Unions-Pläne zustimmen. Wagenknecht meinte unter anderem, die Überwachung aller deutschen Grenzen sei gar nicht möglich. Das gelte auch für die Inhaftierung von 50.000 Menschen, die abgeschoben werden sollten. Das Zustrombegrenzungsgesetz will das BSW aber mittragen.
    Auch die FDP-Fraktion will die Vorschläge der Union nur teilweise billigen. Der Antrag für einen "Politikwechsel bei der Inneren Sicherheit" werde abgelehnt, hieß es nach einer Sitzung der Fraktion. Dem von Merz vorgestellten Fünf-Punkte-Plan für eine Wende in der Migrationspolitik werde man dagegen zustimmen. Ein Ja soll es auch für das "Gesetz zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland" geben.

    Welche Mehrheiten zeichnen sich ab?

    Für ihre Anträge braucht die Union im Bundestag eine einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Das heißt, es müsste mehr Ja- als Nein-Stimmen geben. Enthaltungen werden dabei nicht gezählt. Derzeit ist es schwierig, Mehrheiten abzuschätzen, weil es in den Parteien Kritik an einigen Punkten der Anträge gibt.
    Beim "Zustrombegrenzungsgesetz" sieht es folgendermaßen aus: Sollte es bei CDU/CSU, FDP, AfD und BSW keine Abgeordneten geben, die sich enthalten, dagegen stimmen oder nicht anwesend sind, kämen die Parteien auf zusammen auf 372 Stimmen. Der Bundestag hat aktuell 733 Abgeordnete. In diesem Fall würde also reichen. Sollten nicht alle Abgeordneten dieser Parteien mit Ja stimmen, käme es womöglich auf das Abstimmungsverhalten der neun Fraktionslosen an. Die meisten von ihnen gehörten früher der AfD-Fraktion an. Sie könnten dem Vorhaben zum Erfolg verhelfen.
    Diese Nachricht wurde am 28.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.