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Vor der Wahl in South Carolina

Wer das Rennen in dem konservativen US-Bundesstaat South Carolina macht, der wird am Ende zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürt. Das gilt seit 1980. Heute ist dort die dritte Vorwahl. Das Feld der Kandidaten hat sich bereits gelichtet. Vier Bewerber sind noch am Start: Newt Gingrich, Ron Paul, Mitt Romney und Rick Santorum.

Von Klaus Remme |
    Wer vor den heutigen Wahlen nach Stimmen und Stimmung in South Carolina sucht, der ist in Greenville gut aufgehoben. Etwa 100 Veteranen sind hier zusammengekommen, zwei Geburtstagskindern wird hier gratuliert, sie treffen sich regelmäßig einmal im Monat, reden über Gott und die Welt und essen gemeinsam, Greenville ist im ohnehin konservativen South Carolina ein Zentrum der Evangelikalen im Land. Politisch eint sie alle eine Forderung. Obama muss weg! sagt Bill Moore, ein Sozialist meint Hugh Glymph, natürlich ein Muslim, erklärt Kommandeur Amos Hykes.

    Doch wer soll es richten für die Konservativen, da gehen die Meinungen auch bei den Veteranen auseinander. Nach Iowa und New Hampshire sind sich die Wähler in South Carolina ihrer traditionell gewichtigen Rolle wohl bewusst, seit 1980 ist der Gewinner hier, später auch Präsidentschaftskandidat geworden. Verlierertypen werden hier gnadenlos aussortiert.

    Mittwoch Vormittag im beschaulichen Greer, unweit von Spartanburg, wo BMW unter anderem den X3 und den X5 baut und mehrere Tausend Arbeitsplätze geschaffen hat. Rick Perry bahnt sich seinen Weg durch das Restaurant Southern Thyme, die meisten Kunden sind überrascht, einige erkennen ihn gar nicht.

    Ich will Präsident werden, sagt der Gouverneur von Texas noch ein letztes Mal, er ist längst ein Kandidat auf Abruf. Auch hier im kleinen Greer hört man ihm zwar höflich, aber doch weitgehend teilnahmslos zu. 24 Stunden später gibt Perry auf, ein Hoffnungsträger weniger.

    Mitt Romney bemüht sich ernsthaft darum, locker zu wirken. In Bluejeans und Hemd steht der vermeintliche Favorit auf der Bühne in Irmo, unweit der Hauptstadt Columbia. Es ist 19.30 Uhr, drei-, vierhundert Wähler sind gekommen. Romney kennt die letzten Umfragen, er weiß, die Konkurrenz, allen voran Newt Gingrich, ist ihm auf den Fersen.

    Nur keine Panik, das scheint die Losung im Romney Lager. Der Sieg in Iowa ist offiziell an Rick Santorum verloren gegangen, Gingrich erfährt immer mehr Unterstützung, jetzt auch durch Rick Perry. Doch Romney hält sich ans Drehbuch, keine einzige spontane Bemerkung, keine Fragen aus dem Publikum. Dafür ausgiebig Zeit für Autogramme und die obligatorischen Bilder mit Babys, die dem Kandidaten entgegengehalten werden. Diese drei Wähler hat er überzeugt, Romney sei der richtige Mann für den Job, sagen Charles Badey und Chuck Elish, Angelina Aiken meint, sie habe sich jetzt nach diesem Auftritt vollends für Romney entschieden.

    Auch mit viel Geld und tadelloser Wahlkampflogistik hat es Mitt Romney bisher nicht geschafft, die Konkurrenz abzuschütteln, er gilt als Kandidat des Partei-Establishments, vor allem die in South Carolina zahlreichen Anhänger der Tea Party Bewegung suchen verzweifelt nach einer glaubwürdigen Alternative zu Romney, einem ehemaligen Gouverneur im liberalen Massachusetts. Karen Martin organisiert die Tea Party in Spartanburg, Romney sei kein wahrer Konservativer, zeigt sich Martin sicher.

    Abhängig davon zu wem er spricht und welche Gelegenheit sich bietet, verkündet Romney ganz überzeugend völlig gegensätzliche Positionen, das kann man Gott sei Dank durch YouTube und die sozialen Medien klar nachvollziehen.

    Ein gutes geöltes Wetterfähnchen, so urteilt Karen Martin über Mitt Romney, doch eine Alternative will sie nicht nennen, sie gibt zu, das Lager der Anti-Romney-Republikaner ist tief gespalten. Ein Teil folgt Ron Paul, dem texanischen Kongressabgeordneten mit libertären Forderungen, der dem Mainstream der Partei jedoch nicht zu vermitteln ist, die anderen schwanken zwischen Newt Gingrich und Rick Santorum.

    Newt Gingrich am Donnerstag in Beaufort, im Süden von South Carolina, gerade hat ihn Rick Perry empfohlen, in den Umfragen liegt Gingrich inzwischen gleichauf mit Romney. Mit aggressiver Rhetorik hat Gingrich so manche Fernsehdebatte der vergangenen Wochen für sich entschieden, viele Wähler trauen nur ihm ein erfolgreiches Rede-Duell mit Barack Obama zu. Doch im Publikum fragt ein ehemaliger US Marine nach den privaten Verirrungen des Kandidaten. Gingrich ist Ehebrecher, er lebt in dritter Ehe, seine Vergangenheit wiegt schwer in der Abwägung konservativer Wähler. Er habe sich zu seinen Fehlern bekannt, habe Gott um Vergebung gebeten, jetzt müsse jeder selbst entscheiden, verteidigte sich Gingrich.

    Wir müssen verzeihen können, sagt John Adams nach dem Auftritt des Kandidaten, wenn er es ernst meint, kann er ein guter Präsident werden.

    Der Kandidat verspätet sich wetterbedingt, Kinder der Duggar Familie unterhalten die Wähler, die Duggars haben 19 Kinder, sie werben für Rick Santorum, Liebling der christlich-konservativen Wähler, Santorum wurde nachträglich zum Sieger in Iowa erklärt. Gingrich sei der Mann für schlaue Sprüche, Romney wolle den Sieg mit Geld erzwingen, er, Santorum, sei der wahre konservative Kontrast zu Barack Obama im November.

    Mit seinem für ihn typischen Woll-Pullunder wirkt Santorum authentisch und sympathisch, aber die Umfragen zeigen: Nett wie er ist, wäre Santorum ein Mann für die Ersatzbank. Doch die wird in South Carolina nicht besetzt, South Carolina wählt Gewinner!