Das sagte Alexander Lang vor einigen Wochen im Interview mit der Berliner Zeitung. Als möglicher Nachfolger für Bernd Wilms am Deutschen Theater ins Gespräch gebracht, spielt er zur Eröffnung der Gorki-Saison einen alternden, plötzlich neu zum Leben erwachten Patriarchen. Er solidarisiert sich mit einem Gorki-Intendanten, der nach einem schlechten Start erst in der vergangenen Spielzeit Erfolge erzielte, die allerdings an dem Entschluss des Berliner Kultursenators nichts änderten, Volker Hesses Vertrag nicht über 2006 hinaus verlängern zu wollen.
Flierl will das in der von Einsparungen bedrohte Berliner Kulturlandschaft zwischen Volksbühne und Deutschem Theater derzeit nicht ideal positionierte Gorki neu profilieren und favorisiert mit Armin Petras einen jungen Theatermann mit Ost-Erfahrung, ein Kriterium, das in der Sommerpause zu einer kulturpolitischen Affäre geführt hatte. Auch wenn man ihm die Personal-Entscheidungskompetenz nicht absprechen könne, rügte man jedoch u.a. Flierls zuvor getroffene Entscheidung, die Leitung der Kulturverwaltungs- GmbH ohne Ausschreibung an Susanne Binas zu vergeben. Man sah die Berliner Kultur personell, gestützt auf eine angebliche geheime Namens-Liste des Senators, willkürlich "verosten".
Angemahnt wird ein Gesamtkonzept für die Berliner Theaterlandschaft. Und tatsächlich könnte Flierl, der bislang in seiner Amtszeit nach Jahren einer prekären Diskontinuität tatsächlich wieder gewisse Konturen in die Berliner Kulturpolitik gebracht hat, seine Personalentscheidungen besser verkaufen, wenn sie in ein klares und veröffentlichtes Konzept passen. Oder ist einschlägige Ost-Erfahrung für Flierl schon ein hinreichendes künstlerisches Kriterium? Aber davon abgesehen, ist der Autor und Regisseur Armin Petras als Leiter eines Ensembletheaters überhaupt geeignet, wird hier nicht schon wieder der Versuch gemacht, einen Menschen, der für ein neues, zeitgemäßes Schauspiel steht, an die Leitung der Repertoirehäuser mit zunehmend bleischweren Produktionsweisen zu berufen. Generationswechsel müssten das Erbe der Institutionen verändern. Nicht nur in der Berliner Kulturlandschaft.
Unweigerlich wird man im Saisonstart am Gorki-Theater nach Gründen suchen, mit denen man die Entscheidung des Kultursenators rügen oder loben könnte, Volker Hesse zu entlassen, und wird dann schnell wieder der Kunst mit der Politikkeule kommen, mit der sofort geprügelt wird, wenn nicht schnell genug Profil erkennbar wird. Dann aber ist diese Aufführung des Hauptmann-Stück aber auch schnell in der Stadttheater-Kategorie durchgefallen, weil sie zwar diese Hauptmannsche Neufassung der Learproblematik in ihren groben innerfamiliären Zügen kenntlich macht, den Plot des Stücks also durchaus erzählt, aber eben ohne aus dem Streit um des Geheimrats plötzliche Wiederentdeckung der Jugend, seine Altersliebe zur jungen Inken Peters, seinen vermeintlichen Verrat der verstorbenen ersten Frau Stoff für zeitgenössische Debatten zu holen. Obwohl doch der Streit ums Erbe, der Zugriff auf das "alte" Geld in einer tendenziell verarmenden Gesellschaft wie der Deutschen derzeit zu hübschen Assoziationen Anlass geben könnte.
Statt in die Gegenwart einer postmodernen Bürgersfamilie schauen wir in einen schwarz getäfelten Raum, dessen Rückfront ein Fassadengroßes milchverglastes Fenster bildet. In diesem Kunstraum ist jede Geste und jeder Gang kunstwillig-ironisch gebrochen: Zu flotten Bebop-Klängen hampeln und staksen und Kinder, Schwäger und Schwägerinnen des Geheimrates auf die Bühne, als wären sie kapriziöse Krüppel, deren Körpern jede natürlich Anmut abhanden gekommen ist, während die Kindfrau Inken Peters, hier gespielt von Anna Kubin, mit großen erschreckten Augen und verlegenem Charme in eine fremde Welt des Dünkels eintritt. Darf diesem armen Mädchen, dieser Kindergärtnerin, Mutters Schmuck zukommen, der Schmuck dieses Überwesens, zu dessen Abbild die erwachsenen Kinder immer wieder aufschauen wie zu einer Ikone?
Die Familie, deren gesellschaftliches Ansehen durch das einstige Talent des Vaters begründet wurde, ökonomisches Geschick mit kulturellen Neigungen zu verbinden, verliert nun auch noch ihre vom Vater geprägten Werte. Die alte Welt zerbricht; Matthias Clausen selbst will das alte patriarchalische Wertesytem nicht mehr halten und strebt eine vita nuova an, mit der jungen Inken weit weg in der Schweiz. Wo beim dramatischen Vorbild, dem King Lear, das Verteilen der Erbschaft am Beginn der Alterskatastrophe steht, rufen Clausens Pläne hier erst den Kampf um den Familienbesitz hervor, der in dem Entmündigungsversuch der Kinder gipfelt. Der Mann war schon abgeschrieben worden, hatte die drei Jahre Trauer nach dem Tod seiner Frau mit Depressionen zugebracht, schien dem Ende nahe.
Wiederaufflackerndes Leben ist also eine Störung im innerfamiliären Bio-Programm und der schon als sicher geglaubten Finanzplanung der Jüngeren. Alexander Lang, der als Regisseur insbesondere Stücken von Kleist, Racine, Schiller, also unsterblichen Pathos-Autoren, zu neuen Sichtweisen verholfen hatte, spielt den Hauptmannschen Patriarchen mit humorvoller Distanz. Das man ihn für die Intendanz am Deutschen Theater ins Gespräch gebracht hat, geschieht viele Jahre nach seinen großen Erfolgen in Berlin, München, Paris. Dass er sich lange schon auf die Rolle des putzmunteren Totgesagten am Gorki freute, hatte er schon Anfang Juli im Zeitungsinterview verraten.
Flierl will das in der von Einsparungen bedrohte Berliner Kulturlandschaft zwischen Volksbühne und Deutschem Theater derzeit nicht ideal positionierte Gorki neu profilieren und favorisiert mit Armin Petras einen jungen Theatermann mit Ost-Erfahrung, ein Kriterium, das in der Sommerpause zu einer kulturpolitischen Affäre geführt hatte. Auch wenn man ihm die Personal-Entscheidungskompetenz nicht absprechen könne, rügte man jedoch u.a. Flierls zuvor getroffene Entscheidung, die Leitung der Kulturverwaltungs- GmbH ohne Ausschreibung an Susanne Binas zu vergeben. Man sah die Berliner Kultur personell, gestützt auf eine angebliche geheime Namens-Liste des Senators, willkürlich "verosten".
Angemahnt wird ein Gesamtkonzept für die Berliner Theaterlandschaft. Und tatsächlich könnte Flierl, der bislang in seiner Amtszeit nach Jahren einer prekären Diskontinuität tatsächlich wieder gewisse Konturen in die Berliner Kulturpolitik gebracht hat, seine Personalentscheidungen besser verkaufen, wenn sie in ein klares und veröffentlichtes Konzept passen. Oder ist einschlägige Ost-Erfahrung für Flierl schon ein hinreichendes künstlerisches Kriterium? Aber davon abgesehen, ist der Autor und Regisseur Armin Petras als Leiter eines Ensembletheaters überhaupt geeignet, wird hier nicht schon wieder der Versuch gemacht, einen Menschen, der für ein neues, zeitgemäßes Schauspiel steht, an die Leitung der Repertoirehäuser mit zunehmend bleischweren Produktionsweisen zu berufen. Generationswechsel müssten das Erbe der Institutionen verändern. Nicht nur in der Berliner Kulturlandschaft.
Unweigerlich wird man im Saisonstart am Gorki-Theater nach Gründen suchen, mit denen man die Entscheidung des Kultursenators rügen oder loben könnte, Volker Hesse zu entlassen, und wird dann schnell wieder der Kunst mit der Politikkeule kommen, mit der sofort geprügelt wird, wenn nicht schnell genug Profil erkennbar wird. Dann aber ist diese Aufführung des Hauptmann-Stück aber auch schnell in der Stadttheater-Kategorie durchgefallen, weil sie zwar diese Hauptmannsche Neufassung der Learproblematik in ihren groben innerfamiliären Zügen kenntlich macht, den Plot des Stücks also durchaus erzählt, aber eben ohne aus dem Streit um des Geheimrats plötzliche Wiederentdeckung der Jugend, seine Altersliebe zur jungen Inken Peters, seinen vermeintlichen Verrat der verstorbenen ersten Frau Stoff für zeitgenössische Debatten zu holen. Obwohl doch der Streit ums Erbe, der Zugriff auf das "alte" Geld in einer tendenziell verarmenden Gesellschaft wie der Deutschen derzeit zu hübschen Assoziationen Anlass geben könnte.
Statt in die Gegenwart einer postmodernen Bürgersfamilie schauen wir in einen schwarz getäfelten Raum, dessen Rückfront ein Fassadengroßes milchverglastes Fenster bildet. In diesem Kunstraum ist jede Geste und jeder Gang kunstwillig-ironisch gebrochen: Zu flotten Bebop-Klängen hampeln und staksen und Kinder, Schwäger und Schwägerinnen des Geheimrates auf die Bühne, als wären sie kapriziöse Krüppel, deren Körpern jede natürlich Anmut abhanden gekommen ist, während die Kindfrau Inken Peters, hier gespielt von Anna Kubin, mit großen erschreckten Augen und verlegenem Charme in eine fremde Welt des Dünkels eintritt. Darf diesem armen Mädchen, dieser Kindergärtnerin, Mutters Schmuck zukommen, der Schmuck dieses Überwesens, zu dessen Abbild die erwachsenen Kinder immer wieder aufschauen wie zu einer Ikone?
Die Familie, deren gesellschaftliches Ansehen durch das einstige Talent des Vaters begründet wurde, ökonomisches Geschick mit kulturellen Neigungen zu verbinden, verliert nun auch noch ihre vom Vater geprägten Werte. Die alte Welt zerbricht; Matthias Clausen selbst will das alte patriarchalische Wertesytem nicht mehr halten und strebt eine vita nuova an, mit der jungen Inken weit weg in der Schweiz. Wo beim dramatischen Vorbild, dem King Lear, das Verteilen der Erbschaft am Beginn der Alterskatastrophe steht, rufen Clausens Pläne hier erst den Kampf um den Familienbesitz hervor, der in dem Entmündigungsversuch der Kinder gipfelt. Der Mann war schon abgeschrieben worden, hatte die drei Jahre Trauer nach dem Tod seiner Frau mit Depressionen zugebracht, schien dem Ende nahe.
Wiederaufflackerndes Leben ist also eine Störung im innerfamiliären Bio-Programm und der schon als sicher geglaubten Finanzplanung der Jüngeren. Alexander Lang, der als Regisseur insbesondere Stücken von Kleist, Racine, Schiller, also unsterblichen Pathos-Autoren, zu neuen Sichtweisen verholfen hatte, spielt den Hauptmannschen Patriarchen mit humorvoller Distanz. Das man ihn für die Intendanz am Deutschen Theater ins Gespräch gebracht hat, geschieht viele Jahre nach seinen großen Erfolgen in Berlin, München, Paris. Dass er sich lange schon auf die Rolle des putzmunteren Totgesagten am Gorki freute, hatte er schon Anfang Juli im Zeitungsinterview verraten.