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Vorbeugen gegen Waldbrände

Waldbrände entstehen als Folge von Trockenzeiten und Blitzeinschlägen, heutzutage aber zunehmend auch durch die Unachtsamkeit des Menschen oder durch bewusste Brandstiftung. Die Brände werden oft zu spät entdeckt und geraten dann außer Kontrolle. Deshalb ist ein effektives Frühwarnsystem umso wichtiger - zum Beispiel mithilfe eines Infrarotsensors. Ein Team von Bonner Zoologen und Physikern hat sich ausgerechnet einen kleinen Käfer zum Vorbild genommen.

Von Hartmut Goege | 28.06.2006
    Ohne Waldbrände könnte er gar nicht existieren: der Schwarze Kiefernprachtkäfer. Im Laufe von Millionen von Jahren hat er eine ganz besondere Überlebensstrategie entwickelt. Seine Eier legt er nur in frisch angebranntes Holz. Denn einerseits findet sich unter den verkohlten Baumrinden immer noch genug Nahrung. Andererseits können sich seine Larven dort ungehindert vor Fress-Konkurrenz entwickeln, da die meisten Insekten frische Brandflächen meiden. Der Zoologe Helmut Schmitz an der Uni Bonn forscht seit über 10 Jahren mit diesen biologischen Wunder-Käfern, die jedes Feuer mit Hilfe eines hochempfindlichen Sinnesorgans in ihrem Chitin-Panzer aufspüren:

    " Vereinfacht kann man sagen, dass das Material von vorneherein schon extrem gut Infrarot-Strahlung absorbiert. Und was der Käfer jetzt gemacht hat, das ist für uns immer noch faszinierend: Er hat einen ganz einfachen Kontakt-Mechanorezeptor - also eine kleine Borste, die ein Nervensignal abgibt, wenn sie gebogen wird - umgebaut zu einem Infrarot-Sensor."

    Damit kann der knapp einen Zentimeter große Käfer Brandherde von bis zu 80 Kilometer Entfernung orten. Schmitz Käferforschung stößt weltweit auf Interesse. Denn gerade in großen schwach besiedelten Gebieten ist die Waldbrand-Früherkennung ein Problem. Zwar wäre das auch mit Satelliten möglich, doch ist das oft zu aufwändig und zu teuer.

    " Wir arbeiten beispielsweise in Australien seit nunmehr sechs Jahren sehr eng mit der australischen Buschfeuerwehr zusammen. Und da ist es in der Tat so, dass es dort einen großen Bedarf an vollautomatisch arbeitenden Feuermeldesystemen gibt. Insbesondere auch nachts. Denn nach wie vor ist die gängige Praxis in diesen Ländern so, dass Leute mit Ferngläsern auf großen Feuerwachtürmen stehen und nach Rauch schauen."

    Um das Prinzip des winzigen Käfer-Sensors in moderne Technik zu übertragen, hat Schmitz vor drei Jahren Physiker des Bonner Forschungszentrums Caesar ins Boot geholt. Im Computer ist der High-Tech-Sensor bereits fertig entwickelt und als Patent angemeldet. Zwar existiert ein Prototyp, ein so genannter Demonstrator, er ist aber noch wesentlich größer als das mikroskopisch kleine Käfer-Vorbild und besitzt noch längst nicht seine Wärmeempfindlichkeit. Mit Hilfe von Mikrosystemtechnik wollen die Forscher nun den Feuermelder-Chip optimieren und zur Serienreife bringen. Caesar-Mitarbeiter Michael Tewes:

    " Diese Sensor-Chips gibt es zwar heute schon, aber sie sind in der Auflösung - also in der Pixelzahl - immer noch sehr beschränkt. Und diese Chips sind eben auch noch sehr teuer. Das wollen wir alles ändern. Die eigentliche Herausforderung bei dem Sensor ist, diese Strukturen so klein zu machen. Wir haben in dem Sensor-Element selbst Kapillarstrukturen, die noch einen Durchmesser von 500 Nanometern haben. Und das ist wirklich eine Herausforderung so etwas zu fertigen."

    Die Wissenschaftler arbeiten nun mit Firmen zusammen, die an Fertigungskonzepten arbeiten. Der Chip soll aus Plastik-Materialien bestehen, was ihn klein, leicht und vor allem billig macht. Dann hätten sie die Chance flächendeckend in vielen Waldbrand gefährdeten Gebieten eingesetzt zu werden. Vom Prinzip her sollen die Sensoren untereinander ein großflächiges Funknetz aufbauen. So können sie jede starke Hitzeentwicklung direkt zu einer Empfangsstation melden. Gestützt durch entsprechende Computertechnologie wird es dann kein Problem mehr sein auch Informationen über Größe, Ausdehnung und Intensität des Feuers zu erhalten.

    " Wir wissen ferner aus Gesprächen mit Feuerwehrleuten in Spanien, dass es bei denen gar nicht so unbedingt das Problem ist, Waldbrände früh zu erkennen. Aber ein großes Problem ist, die genauen Koordinaten des Feuers zum frühestmöglichen Zeitpunkt herauszufinden. Und das kann man auch durch reine Beobachtung - wenn man irgendwo ein wenig Rauch aufsteigen sieht - nicht leisten. So dass auch hier unter Umständen der Einsatz von automatischen Systemen denkbar wäre, die dann mit GPS-Systemen gekoppelt sind. Das würde den Kollegen unglaublich helfen, möglichst schnell einen Weg herauszufinden, auf dem sie so schnell wie möglich das Feuer erreichen können."