Krauter: Frau Degen, Prävention in Sachen Diabetes, wie funktioniert das denn?
Degen: Ja, bleiben wir erst einmal bei Diabetes vom Typ 2. Der größte Risikofaktor hier ist ja das Übergewicht. Und wenn man abnimmt, dann kann man das Risiko an Diabetes zu erkranken erheblich senken. Oder auch wenn man schon Diabetes hat, ziemlich am Anfang der Erkrankung, kann man die Erkrankung wesentlich besser in den Griff bekommen. Das alles ist zwar schon lange bekannt, aber es wird in der Praxis oft nicht genug umgesetzt. Und deshalb haben die Ärzte hier auf dem Kongress noch einmal ganz genau darauf hingewiesen.
Krauter: Erhebliche Senkung des Risikos für Diabetes 2. Was genau heißt das? Kann man das mit Zahlen manifestieren und festmachen?
Degen: Also, wenn ein Patient zum Beispiel eine gestörte Glukose-Toleranz hat, das ist die Vorstufe von Diabetes, und wenn er dann fünf Kilo abnimmt, dann kann er aber das Risiko an Diabetes erkrankten deutlich verringern, um 60 Prozent. Und wenn ein Patient bereits an Diabetes erkrankt ist, frisch an Diabetes erkrankt ist, und dann fünf Kilo abnimmt, dann kann er seinen Blutzuckerspiegel senken und zwar um zwei Prozent. Das klingt erst einmal nicht viel, das ist aber wesentlich mehr, als man mit Antidiabetika erreichen kann, also mit Medikamenten, die den Blutzucker senken.
Krauter: Abnehmen hilft also, und zwar ziemlich viel. Nun weiß jeder, das ist schwierig. Man muss sich bewegen, man muss die Ernährung umstellen. Diabetiker fällt das Abnehmen besonders schwer. Kann man sie denn dabei unterstützen?
Degen: Es gibt seit etwa zwei Jahren neue Medikamente, neue Antidiabetika, die beim Abnehmen tatsächlich helfen. Die wirken unter anderem direkt im Gehirn, auf das Sättigungszentrum, und die sorgen auch dafür, dass der Magen länger voll bleibt. Also das heißt, die Menschen sind einfach länger satt. Diese Antidiabetika haben aber auch zwei Nachteile: Erstens: Man muss sie jeden Tag spritzen, man kann sie also nicht schlucken. Und zweitens: Sie sind sehr teuer, und das ist auch ein Grund, warum diese Medikamente im Moment noch nicht oft verschrieben werden. Und das sollte sich ändern, das sagen zumindest die Ärzte hier auf dem Kongress.
Krauter: Kommen wir nun zum Diabetes Typ 1. Da handelt es sich ja um eine Autoimmunerkrankung, die erblich ist. Der Körper zerstört die insulinproduzierenden Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse. Die Betroffenen erkranken deshalb schon sehr oft im Kindesalter und müssen sich gleich ins Insulin spritzen. Gibt es denn auch da Ideen, wie man vorbeugen könnte, so dass es nicht soweit kommt?
Degen: Hier gibt es Versuche, die Krankheit erstmals so früh wie möglich zu erkennen. Also schon bei kleinen Kindern. Und dann auch zu verhindern, dass sie überhaupt ausbricht. Daran arbeiten zum Beispiel Experten vom Institut für Diabetesforschung am Helmholtzzentrum München.
Krauter: Was genau machen die denn?
Degen: Ja, man weiß, dass es Kinder gibt, die ein besonders hohes Risiko haben, an Diabetes vom Typ 1 erkranken. Und die Ärzte wollen solche Kinder erst einmal ganz gezielt aufspüren. Das fängt damit an, dass sie sich direkt nach der Geburt das Nabelschnurblut vornehmen, das ist für das Kind auch völlig ungefährlich. Und sie untersuchen dann das Blut und schauen, ob Hochrisiko-Gene für Diabetes vorhanden sind. Man weiß, dass es eine ganze Reihe solcher Gene gibt. Dann schauen sie auch, ob es in der Familie Fälle gegeben hat von Diabetes-I. Und wenn das gegeben ist und das Kind so um die zwei Jahre alt ist, dann entnehmen sie dem Kind ein bisschen Blut und untersuchen, ob das Kind schon Antikörper gegen die Inselzellen gebildet hat. Denn das ist dann ein Zeichen dafür, dass der Körper anfängt sich gegen diese Inselzellen zu wehren. Und aus all diesen in Untersuchungsergebnissen berechnen sie dann, wie hoch das Risiko der Kinder ist, tatsächlich an Diabetes zu erkranken.
Krauter: Aber die große Frage ist, was passiert dann? Wenn man also weiß, ein Kind hat ein hohes Risiko, was tut man dann?
Degen: Ja, dann wollen die Forscher verhindern, dass die Krankheit tatsächlich ausbricht. Die Münchner testen da gerade eine neue Behandlungsmethode. Eine Art Desensibilisierung. Das kennt man ja auch vom Heuschnupfen zum Beispiel. Also, sie wollen dem Immunsystem beibringen, dass das Insulin nicht gefährlich ist. Und da ist vor zwei Jahren eine Pilotstudie angelaufen mit 25 Kindern, die Kinder schlucken jeden Tag Insulinpulver, das wandert dann in den Darm, und da sitzen sehr viele Immunzellen. Und da lernen sie eben, das Insulin zu tolerieren.
Krauter: Weiß man denn schon, ob das langfristig etwas bringt? Also gibt es schon Ergebnisse dieser klinischen Studie?
Degen: Also von dieser Studie nicht, aber es gab eine ähnliche Studie in den USA, allerdings mit Kindern, bei denen Diabetes schon ausgebrochen war. Und da hat das Insulinpulver die Krankheit und zehn Jahre weiter verzögert. Die Münchener setzen das Insulin ja bei Kindern ein, bei denen die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist. Und deshalb hoffen sie, dass sie damit den Diabetes ganz verhindern können. Aber, wie gesagt, das ist eine Pilotstudie, es muss noch zwei weitere größere Studien geben, und wenn dann alles funktioniert und alles gut geht, dann könnte die Behandlung in zehn Jahren tatsächlich auf dem Markt sein.
Degen: Ja, bleiben wir erst einmal bei Diabetes vom Typ 2. Der größte Risikofaktor hier ist ja das Übergewicht. Und wenn man abnimmt, dann kann man das Risiko an Diabetes zu erkranken erheblich senken. Oder auch wenn man schon Diabetes hat, ziemlich am Anfang der Erkrankung, kann man die Erkrankung wesentlich besser in den Griff bekommen. Das alles ist zwar schon lange bekannt, aber es wird in der Praxis oft nicht genug umgesetzt. Und deshalb haben die Ärzte hier auf dem Kongress noch einmal ganz genau darauf hingewiesen.
Krauter: Erhebliche Senkung des Risikos für Diabetes 2. Was genau heißt das? Kann man das mit Zahlen manifestieren und festmachen?
Degen: Also, wenn ein Patient zum Beispiel eine gestörte Glukose-Toleranz hat, das ist die Vorstufe von Diabetes, und wenn er dann fünf Kilo abnimmt, dann kann er aber das Risiko an Diabetes erkrankten deutlich verringern, um 60 Prozent. Und wenn ein Patient bereits an Diabetes erkrankt ist, frisch an Diabetes erkrankt ist, und dann fünf Kilo abnimmt, dann kann er seinen Blutzuckerspiegel senken und zwar um zwei Prozent. Das klingt erst einmal nicht viel, das ist aber wesentlich mehr, als man mit Antidiabetika erreichen kann, also mit Medikamenten, die den Blutzucker senken.
Krauter: Abnehmen hilft also, und zwar ziemlich viel. Nun weiß jeder, das ist schwierig. Man muss sich bewegen, man muss die Ernährung umstellen. Diabetiker fällt das Abnehmen besonders schwer. Kann man sie denn dabei unterstützen?
Degen: Es gibt seit etwa zwei Jahren neue Medikamente, neue Antidiabetika, die beim Abnehmen tatsächlich helfen. Die wirken unter anderem direkt im Gehirn, auf das Sättigungszentrum, und die sorgen auch dafür, dass der Magen länger voll bleibt. Also das heißt, die Menschen sind einfach länger satt. Diese Antidiabetika haben aber auch zwei Nachteile: Erstens: Man muss sie jeden Tag spritzen, man kann sie also nicht schlucken. Und zweitens: Sie sind sehr teuer, und das ist auch ein Grund, warum diese Medikamente im Moment noch nicht oft verschrieben werden. Und das sollte sich ändern, das sagen zumindest die Ärzte hier auf dem Kongress.
Krauter: Kommen wir nun zum Diabetes Typ 1. Da handelt es sich ja um eine Autoimmunerkrankung, die erblich ist. Der Körper zerstört die insulinproduzierenden Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse. Die Betroffenen erkranken deshalb schon sehr oft im Kindesalter und müssen sich gleich ins Insulin spritzen. Gibt es denn auch da Ideen, wie man vorbeugen könnte, so dass es nicht soweit kommt?
Degen: Hier gibt es Versuche, die Krankheit erstmals so früh wie möglich zu erkennen. Also schon bei kleinen Kindern. Und dann auch zu verhindern, dass sie überhaupt ausbricht. Daran arbeiten zum Beispiel Experten vom Institut für Diabetesforschung am Helmholtzzentrum München.
Krauter: Was genau machen die denn?
Degen: Ja, man weiß, dass es Kinder gibt, die ein besonders hohes Risiko haben, an Diabetes vom Typ 1 erkranken. Und die Ärzte wollen solche Kinder erst einmal ganz gezielt aufspüren. Das fängt damit an, dass sie sich direkt nach der Geburt das Nabelschnurblut vornehmen, das ist für das Kind auch völlig ungefährlich. Und sie untersuchen dann das Blut und schauen, ob Hochrisiko-Gene für Diabetes vorhanden sind. Man weiß, dass es eine ganze Reihe solcher Gene gibt. Dann schauen sie auch, ob es in der Familie Fälle gegeben hat von Diabetes-I. Und wenn das gegeben ist und das Kind so um die zwei Jahre alt ist, dann entnehmen sie dem Kind ein bisschen Blut und untersuchen, ob das Kind schon Antikörper gegen die Inselzellen gebildet hat. Denn das ist dann ein Zeichen dafür, dass der Körper anfängt sich gegen diese Inselzellen zu wehren. Und aus all diesen in Untersuchungsergebnissen berechnen sie dann, wie hoch das Risiko der Kinder ist, tatsächlich an Diabetes zu erkranken.
Krauter: Aber die große Frage ist, was passiert dann? Wenn man also weiß, ein Kind hat ein hohes Risiko, was tut man dann?
Degen: Ja, dann wollen die Forscher verhindern, dass die Krankheit tatsächlich ausbricht. Die Münchner testen da gerade eine neue Behandlungsmethode. Eine Art Desensibilisierung. Das kennt man ja auch vom Heuschnupfen zum Beispiel. Also, sie wollen dem Immunsystem beibringen, dass das Insulin nicht gefährlich ist. Und da ist vor zwei Jahren eine Pilotstudie angelaufen mit 25 Kindern, die Kinder schlucken jeden Tag Insulinpulver, das wandert dann in den Darm, und da sitzen sehr viele Immunzellen. Und da lernen sie eben, das Insulin zu tolerieren.
Krauter: Weiß man denn schon, ob das langfristig etwas bringt? Also gibt es schon Ergebnisse dieser klinischen Studie?
Degen: Also von dieser Studie nicht, aber es gab eine ähnliche Studie in den USA, allerdings mit Kindern, bei denen Diabetes schon ausgebrochen war. Und da hat das Insulinpulver die Krankheit und zehn Jahre weiter verzögert. Die Münchener setzen das Insulin ja bei Kindern ein, bei denen die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist. Und deshalb hoffen sie, dass sie damit den Diabetes ganz verhindern können. Aber, wie gesagt, das ist eine Pilotstudie, es muss noch zwei weitere größere Studien geben, und wenn dann alles funktioniert und alles gut geht, dann könnte die Behandlung in zehn Jahren tatsächlich auf dem Markt sein.