Donnerstag, 18. April 2024

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Vorgetäuschte Ermordung Akardi Babtschenkos
"Es war sehr schwer, Zweifel zu haben"

Im Fall Babtschenko erkennt Journalismus-Forscher Tanjev Schultz kein Versagen der Medien. Alles hätte für eine Ermordung des Journalisten gesprochen, sagte Schultz im Dlf. Gleichwohl müsse man in einem Konflikt wie dem zwischen Russland und der Ukraine stets vor Propaganda gewappnet sein.

Tanjev Schultz im Gespräch mit Stefan Fries / Text von Michael Borgers | 31.05.2018
    In Kiew wurde schon an vielen Orten öffentlich um Arkadij Babtschenko getrauert - ehe bekannt wurde, dass seine Ermordung inszeniert wurde.
    In Kiew wurde schon an vielen Orten öffentlich um Arkadij Babtschenko getrauert - ehe bekannt wurde, dass seine Ermordung inszeniert wurde. (Imago / Itar-Tass)
    In der weiteren Aufklärung der Sache seien nun Journalisten gefragt, die "Versionen ukrainischer Stellen wieder kritisch zu hinterfragen", betonte Schultz im Gespräch mit @mediasres. Sehr viele Fragen seien unklar und man könne "nicht sicher sein kann, ob stimmt, was an Auskunft geleistet wird".
    Der Mainzer Journalismusforscher und ehemalige Redakteur der Süddeutschen Zeitung warnte vor einer "Spirale" der Berichterstattung, die ein ratloses Publikum zur Folge habe: "Dann ist man leider sehr, sehr schnell in einem ganz gefährlichen Feld, nämlich dem, wo man wirklich sagt: Wahrheiten sind nur noch Ansichtssache, es gibt überhaupt keine Fakten." Genau das aber wäre die falsche Schlussfolgerung.
    ROG: Glaubwürdigkeit des Journalismus gefährdet
    "Reporter ohne Grenzen" sieht nach dem vorgetäuschten Mord die "Glaubwürdigkeit des Journalismus" gefährdet. Journalisten dürften sich nicht zum Instrument von Geheimdienstoperationen machen lassen, schrieb die Organisation in einer Stellungnahme.
    Die Grünen-Politikerin Marieluise Beck bezeichnete den Fall Babtschenko als "extremes Ärgernis für Politik und Medien". Das Vorgehen des ukrainischen Geheimdienstes sei typisch für die hybride Kriegsführung, sagte Beck im Deutschlandfunk. Bei der hybriden Kriegsführung werde mit Unwahrheiten und Halbwahrheiten agiert. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) forderte vor seiner Ukraine-Reise Aufklärung von der Regierung in Kiew in der Sache.
    Medien hatten am Mittwoch zunächst berichtet, dass der 41-jährige Babtschenko erschossen worden sei - vermutlich wegen seiner journalistischen Arbeit. Später tauchte er bei einer Pressekonferenz auf, bei der der ukrainische Geheimdienst bekanntgab, Babtschenkos Tod vorgetäuscht zu haben. Er sei tatsächlich mit dem Tode bedroht worden; auf diese Weise habe man den Auftraggeber des Mordes festnehmen können.
    Vieles bleibt vage
    Die Osteuropa-Korrespondentin des Deutschlandfunks, Sabine Adler, vermisst Belege für diese Behauptungen. Adler sagte in @mediasres, man könne Babtschenkos Aussagen nicht nachvollziehen, vieles sei weiterhin vage, auch die Behauptung, mit der Aktion seien weitere Anschläge verhindert worden. Adler hält den ukrainischen Geheimdienst für undemokratisch, er müsse durch Journalisten auf demokratische Weise kontrolliert werden. Dass sich Babtschenko auf eine gemeinsame Aktion eingelassen habe, beschädige dessen Glaubwürdigkeit.