Archiv


Vorlesung unter Wasser

Die Ausbildung zum Forschungstaucher ist für Archäologen, Biologen, aber auch Studierende vieler ingenieur- und geisteswissenschaftlicher Fächer eine wertvolle Zusatzqualifikation. Allerdings ist die Zahl der Studienplätze begrenzt. Interessenten können hierzulande in München, Potsdam, Oldenburg, Kiel, Helgoland, Hamburg und an der Universität Konstanz lernen, wie man richtig abtaucht.

Von Thomas Wagner |
    Ein Sportboothafen am Bodensee, gerade mal zehn Gehminuten von der Uni Konstanz entfernt: Von dort kommen auch diejenigen, die sich gerade in einen Neopren-Anzug hineingequält haben.

    "Der Einsatztaucher geht ins Wasser, taucht, wird einige Bojen finden, als Übung. In dieser Zeit stehe ich als Sicherungstaucher am Bootsrand bereit. Das heißt: Wenn der Taucher nicht mehr reagiert oder Notsignale gibt, dann werde ich ins Wasser geschickt."

    Olaf Rehmann aus Hamburg ist Studierender der besonderen Art. Das, wenn man so will, 'Studienfach' lautet: Ausbildung zum Forschungstaucher. Und ins Wasser kommt er schneller, als ihm Recht ist.

    Alles sieht wie echt aus: Ein scheinbar lebloser Körper im Taucheranzug wird an den Bootsrand gehievt; jeder kennt seine Handgriffe - zum Glück.

    "Okay, Taucher ist bei Bewusstsein, er kann selbständig aus dem Wasser."

    Dabei ist diese Notfall-Übung nur eine Lektion von vielen bei der Ausbildung zum Forschungstaucher.

    "Wir haben verschiedene archäologische Arbeitsmethoden kennen gelernt. Das sind Messrahmen, die wir unter Wasser aufgebaut haben, die wir dann Quadratmeter genau zum Ausbau eines archäologischen Planes oder eines archäologischen Fundes genutzt werden. Man kann Karten anfertigen unter Wasser, verschiedenste Möglichkeiten gibt es da."

    Christoph Schneider, Biologe aus Hamburg, ist schon seit zehn Jahren begeisterter Taucher. Seine Diplomarbeit hat er über ein meeresbiologisches Thema geschrieben. In Zukunft möchte der Nachwuchswissenschaftler einen Teil seiner Forschungen unter Wasser betreiben.

    "Sehr gerne würde ich in der Korallenriff-Ökologie arbeiten, wo Transplantationsexperimente gemacht werden, da die Wuchsform von Korallen stark von den ökologischen Standortfaktoren abhängen."

    Um im Auftrag eines Institutes zu tauchen, muss Christoph Schneider die Ausbildung zum Forschungstaucher absolviert haben. Die wird durch ein Zertifikat der Berufsgenossenschaft bestätigt. Zusätzlich gibt's ein Diplom als "International Science Diver". Allerdings: Die "Studiengebühren unter Wasser" sind happig: 1400 Euro kostet die Ausbildung - eine Investition, die sich auszahlt, glaubt Christoph Schneider.

    "Ich hoffe sehr, dass mir in Zukunft die Möglichkeit gegeben wird, über das Alfred-Wegener-Institut oder hier über das Limnologische Institut der Universität Konstanz den einen oder anderen bezahlten Forschungstaucheinsatz zu erhaschen und dementsprechend auch Geld zu verdienen. Forschungstaucher sind immer wieder gefragt."

    Darauf baut Martin Koehnke aus Konstanz. Der Maschinenbauingenieur möchte zukünftig seine Freude an Forschung und Entwicklung mit dem Spaß am Tauchen verbinden.

    "Ich hoffe, dass ich bald eine Anstellung bei einem Institut finde. Überall, wo irgendwelche Proben geborgen werden oder Unterwasser-Arbeiten gemacht werden, könnte man mich ja rein theoretisch einsetzen."

    Der Vorteil der geplanten Karriere unter Wasser:

    "Da kann einen keiner voll quatschen. Man hat da wirklich seine Ruhe."

    "Drei gegeben, drei bekommen. Wir haben vorher vereinbarte Signale bekommen. Wenn ich ihm drei Mal das Signal gebe, heißt das: Der Taucher muss in Tauchrichtung 90 Grad nach rechts abbiegen."

    Das mit der Ruhe stimmt: Die Forschungstaucher lernen während ihrer Ausbildung die Bedeutung jener Signale, die sie über ein Seil an die Kollegen an Land weiter geben. Ansonsten: absolute Stille unter Wasser. Und die schätzen beim Forschungstauchen Vertreter aller Fachrichtungen.

    "Es gibt eben auch Wissenschaftsgebiete in der Geologie, die Unterwasserproben nehmen und diverse Forschungen vornehmen. Archäologie, Unterwasser Foto- und Videografie."

    Letzteres ist, weiß Martin Moertl von der Forschungstaucher-Gruppe der Uni Konstanz, auch ein Feld für diejenigen, die Geistes- und Sozialwissenschaften studiert haben, allerdings:

    "Nur, wenn sich diese Leute journalistisch weiter auf diesem Gebiet betätigen wollen. Sie wollen für Fernsehanstalten zum Teil Videoaufnahmen fertigen oder eben für die Presse Unterwasser-Fotografien."

    Doch bis die angehenden Forschungstaucher an solche Jobs kommen, ist einiges an Übung notwendig. Vier Wochen lang dauert der Kompaktlehrgang, bis es das Zertifikat gibt - eine Zeit, in der sich so mancher Jung-Wissenschaftler nur das eine wünscht:

    "Gut Luft!"