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Vormarsch der Rechtspopulisten
Brexit-Anhänger wünschen sich Le Pen

Manche Hardliner unter den Brexit-Befürwortern in Großbritannien hoffen, dass die Front-National-Chefin Marine Le Pen neue französische Staatspräsidentin wird. Vereint will man die verhasste EU zum Einsturz bringen. Doch Premierministerin Theresa May setzt auf den freien Kandidaten Emmanuel Macron. Le Pen ist May zu radikal und unberechenbar.

Von Friedbert Meurer | 05.05.2017
    Wahlkampfauftritt der rechtsextremen Präsidentschaftsbewerberin Marine Le Pen (Front National) in Villepinte am 1. Mai 2017.
    Wahlkampfauftritt der rechtsextremen Präsidentschaftsbewerberin Marine Le Pen (Front National) in Villepinte am 1. Mai 2017. (picture alliance/dpa - Thomas Padilla)
    Wahlabend in der BBC, der Moderator meldet sich live aus Paris von den Champs-Élysées. In wenigen Minuten wird das Ergebnis des ersten Wahlgangs verkündet.
    "Das ist ein doppeltes Erdbeben, Le Pen ist in der Schlussrunde und die klassischen politischen Kräfte sind hinweggefegt worden." Eine zweite französische Journalistin kommt zu Wort, die beruhigt. Der Vormarsch der Rechtspopulisten von Trump bis Nigel Farage sei doch gestoppt.
    "Natürlich gibt es noch den Schock durch den Brexit. Aber es ist nicht wahr, dass wir Europäer zu dieser Welle des Populismus verdammt sind."
    Auch in Großbritannien überwiegt die Erleichterung. Der Brexit hat auf der Insel genug auf den Kopf gestellt. Das wichtigste Sprachrohr der Brexiteers, die Zeitung "Daily Mail" dagegen jubelt und titelt "Die Französische Revolution". Jetzt könnten die Wähler im zweiten Wahlgang für den "Frexit" stimmen, den Austritt Frankreichs aus der EU.
    UKIP würde Le Pen gern als französische Präsidentin sehen
    "Theresa May rollte den roten Teppich für Emmanuel Macron aus", kritisierte der frühere UKIP-Chef Nigel Farage die Einladung des Kandidaten in die Downing Street im Februar. Farage hat eine eigene Radio-Talkshow und interviewte Marine le Pen höchstpersönlich, ob sie bei der Premierministerin angeklopft habe.
    "Nein, ich habe nicht danach gefragt, sie zu treffen. Aber wenn ich zur Staatspräsidentin gewählt werde, dann muss ich sie natürlich treffen." UKIP und die "Daily Mail" würden gerne Marine Le Pen als französische Präsidentin sehen. Auch der "Telegraph" nennt Gründe, warum Macron schlecht für die Brexit-Verhandlungen wäre. Er sei für offene Grenzen, nehme den Briten den Brexit übel und würde sich freuen, wenn junge erfolgreiche Franzosen aus London wieder zurück nach Frankreich kämen.
    "Bei meinem Treffen mit May habe ich über die EU-Bürger und 200.000 Franzosen gesprochen, die allein in London leben", warb Emmanuel Macron in der Tat während seines London-Besuchs vor französischem Publikum. "Es ist wichtig, dass Sie hier bleiben können. Aber wenn möglich, will ich Sie überzeugen zurückzukommen, als Unternehmer, für Innovation, Technik und Forschung. Ich möchte ein Land sehen, in dem das alles wieder möglich ist."
    Emmanuel Macron als der neue Tony Blair
    Auch die "Times" glaubt, dass unter Macron Frankreich ein Stück vom Kuchen der Londoner City abhaben will. Man dürfe sich aber nichts vormachen. "Eine Wahl Marine Le Pens wäre eine Katastrophe." Es wäre das Ende des Binnenmarkts, zu dem Theresa May ja den Zugang sucht.
    Die "Financial Times" glaubt, Macron werde eher keine feindselige Haltung gegenüber den Briten einnehmen. Man brauche sich im Kampf gegen den Terrorismus. Le Pen ist auch gegen die NATO, das gefällt in Großbritannien gar nicht.
    Peter Mandelson, der Vordenker von "New Labour" wird gefragt, ob Emmanuel Macron vielleicht der neue Tony Blair werden könne. "In gewisser Hinsicht: ja. Er ist jemand, der sehr überzeugend eine neue Mehrheit zwischen Mitte/Links und Mitte/Rechts schmieden kann. Aber sie können keine Reformen betreiben, ohne dass eine starke Kraft unterstützend hinter Ihnen steht."
    Also eine Organisation wie Labour, meint Mandelson. Labour gilt für die britische Unterhauswahl am 8. Juni als chancenlos. Irgendwann aber, hofft Mandelson, werde es auch bei Labour einen Emmanuel Macron geben.