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Vorratsdatenspeicherung
Journalisten in Gefahr?

Mit der Vorratsdatenspeicherung sollen künftig alle Verbindungsdaten von Telefon, Handy und Internetnutzung der Deutschen gespeichert werden. Für Journalisten, deren Recherchen oft nur vertraulich möglich sind, gibt es Sondervorschriften. Ob sie ausreichen um Informanten und andere Geheimnisträger zu schützen?

Von Kai Rüsberg | 13.06.2015
    Glasfaser-Datenkabel in einemHochleistungsrechner
    Glasfaser-Datenkabel in einemHochleistungsrechner (picture alliance / ZB / Jan Woitas)
    Es ist bereits der zweite Versuch, die Kommunikation der Bundesbürger zu überwachen. Vor fünf Jahren kippten die Richter am Bundesverfassungsgericht das erste Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung.
    Henning Tillmann ist Mitglied der Netzpolitischen Beratergruppe des Parteivorstands. Er hält den Schutz von Journalisten und anderer Träger von Berufsgeheimnissen im vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung für nicht ausreichend.
    O-Ton Tillmann: Das hat das Bundesverfassungsgericht so geurteilt, dass Berufsgeheimnisträger geschützt werden sollen. Die Daten von Journalisten werden ganz normal erfasst. Sie dürfen aber nicht abgefragt werden.
    In ihrem Urteil von 2010 hatten die Richter genau diesen Punkt als ein entscheidendes Kriterium für die Ablehnung herausgestellt. Tillmann organisiert zur Zeit in der SPD den Widerstand und koordiniert die Anträge zum kleinen Parteitag, dem sogenannten Parteikonvent Mitte Juni. Für ihn ist der Schutz von Berufsgeheimnissen ein zentraler Punkt seiner Kritik:
    "Wie das in der Praxis funktionieren soll, dass ist unklar. Und vermutlich einer der größten Punkte, wo man die VDS vorm Verfassungsgericht kippen könnte."
    Berliner Medienrechtsexperte Jan Mönikes meint, der Schutz der Daten von Journalisten sei anders nicht zu gewährleisten.
    "Sollte es sich herausstellen, dass es sich um Daten handelt, die einem Journalisten/Rechtsanwalt, der nach §53 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, gehören, dann sind diese zu löschen."
    Doch diese Regelung birgt trotzdem Gefahren für die freie Berichterstattung. Denn die Informanten von Journalisten müssten befürchten, erkannt und bestraft zu werden.
    Beobachter erwarten Prüfung vor Bundesverfassungsgericht
    "Der Aspekt wird nicht gesehen: Der Journalist muss in der Lage sein, sich Informationen zu beschaffen."
    Neu eingeführt wird zusätzlich zur Vorratsdatenspeicherung eine Straftat, die Datenhehlerei heißt. Unter Strafe gestellt ist es künftig, Informationen, die unrechtmäßig erworben wurden, weiter zu geben oder zu veröffentlichen. Hauptberufliche Journalisten mit Redaktionsauftrag sollen davon aber ausgenommen werden, so Medienrechtler Mönikes.
    "Journalisten werden weiter die Möglichkeit haben, das zu verbreiten. Doch wer kein Journalist ist, sondern beispielsweise nur Aktivist, für den ist das hochproblematisch."
    Zudem könnten Journalisten bereits dann ihre Arbeitsweise verändern, wenn sie auch nur das Gefühl hätten, alle ihre Recherchen könnten jederzeit beobachtet oder später nachvollzogen werden.
    Aufgrund der vielen problematischen Regelungen sind sich die Kritiker sicher, dass es erneut zu einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung kommen wird, sagt Henrick Zörner, Sprecher des Deutschen Journalistenverbands DJV:
    "Wir sind zuversichtlich, dass es vor dem BVG scheitert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dass Verfassungsgerichte jetzt das Flickwerk absegnen könnten."
    Gut möglich, dass es zuvor aber noch Änderungen an zentralen Bestandteilen des Entwurfs gibt, bevor der Bundestag das Gesetz beschließt. Denn der Widerstand an der SPD-Basis ist groß: Mehr als 100 Ortsgliederungen haben Änderungsanträge gegen das Gesetz zum Parteikonvent eingereicht. Dort hofft die Basis, ihre Bundestagsfraktion noch zu Änderungen zu bewegen.