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Vorreiter beim Klimaschutz

Seit Anfang November beziehen die 200.000 Bürger von Kassel zu 100 Prozent Ökostrom über ihre Stadtwerke. Und in Bayern verzichtet gar eine ganze Metropole fortan auf schädlichen CO2-Verbrauch: Von Januar 2008 an soll Nürnberg nur noch Strom aus Wasserkraftwerken verbrauchen.

Von Nino Ketschagmadse |
    Bereits vor Jahren hat Nürnberg sich öffentlich der Nachhaltigkeit verschrieben: gesunde Ernährung, ökologischer Landbau und regionale Wirtschaftskreisläufe werden seither gefördert. Und nun möchte die 500.000-Einwohner-Stadt durch die Umstellung auf umweltfreundlichen Strom auch gezielt im großen Stile CO2 mindern.

    Den Anstoß gab die Messe Nürnberg, die neben der jährlichen "Biofach" – einer international angesehenen Ausstellung zu ökologisch produzierten Lebensmitteln und Kosmetik -, auch ganz praktisch etwas Nachhaltiges in Sachen Umweltschutz tun wollte, und im August verkündete, vom Jahreswechsel an, Strom nur mehr aus 100 Prozent regenerativer Energie zu nutzen. Das fiel bei der Stadtverwaltung auf fruchtbaren Boden - Oberbürgermeister Ulrich Maly ließ sich von diversen Ökostromanbietern Angebote machen. Dass die Frankenmetropole ab 1. Januar komplett auf die umweltschonende, aber auch teurere Energie umsteigen kann, liegt auch an der Unterstützung, die Maly von allen im Rathaus vertretenen Parteien bekam.

    "Die Stadt Nürnberg kauft für etwa 8,5 Millionen Strom pro Jahr. Wir sind kein kleiner Stromverbraucher, und wir zeigen, dass es geht, dass einem der Ökostrom nicht in den Ruin treibt, und das ist das wichtigere. Wir lösen damit auf der Produzentenseite natürlich das klare Signal aus. Die Nachfrage nach ökologisch produzierten Strom steigt, was natürlich wiederum bedeutet, dass man sich nicht nur die Gedanken darüber machen kann bei den Großproduzenten, ob man in Braunkohle oder Steinkohle investiert, sondern man muss in Sonne, Wind und Wasser investieren, um tatsächlich diese Nachfrage auch entsprechend liefern zu können."

    Artur Lampmann, zuständig für Energiefragen bei der Nürnberger Kreisgruppe des Bundes Naturschutz, findet es beachtlich, wie kurzfristig die Entscheidung gefallen ist, und misst dem auch für Privatkunden in der Zukunft eine wichtige Rolle bei.

    "Wenn man so anschaut, wie unser Energiemix in Deutschland aussieht. 60 Prozent wird aus fossilen Energien gewonnen, sprich Kohle, Gas usw. Dann aus Kernkraft sind es 29 Prozent, und aus erneuerbaren Energien 11 Prozent. Das heißt, dass die erneuerbaren Energien noch viel zu kurz kommen, da kann man noch sehr viel tun. Und wenn Städte und Kommunen die Vorreiterrolle übernehmen, sollten die Bürger dementsprechend handeln."

    Die städtischen Unternehmen und die Haushalte verbrauchen jährlich etwa 130 Gigawattstunden Strom. Ab 2008 wird diese Energiemenge komplett aus Wasserkraftwerken der österreichisch-bayrischen Alpenregion stammen. Insgesamt spart Nürnberg durch die Umstellung auf umweltfreundlichen Strom künftig pro Jahr 50.700 Tonnen CO2 ein. Das entspricht etwa dem jährlichen CO2-Ausstoß von 27.000 privat genutzten Pkws. Dass Öko-Strom grundsätzlich teurer ist als konventionell erzeugter Strom, ist der einzige Wermutstropfen hinsichtlich der Umstellung. So wird die Stadt künftig Mehrkosten in Höhe weniger%e hinnehmen müssen. Das könne und müsse man verkraften, meint Oberbürgermeister Maly, wenn die Umwelt davon profitiert.