Eine Idee sollte man schon haben, wenn man sich in den Kunstbetrieb einmischen will. Im Fall der kanadischen Künstlergruppe "General Idea" war die Idee gleich ein Konzept und bestand darin, sich schon vorhandene Themen, Figuren, Topoi aus Hoch- und Trivialkultur gnadenlos anzueignen, sie zu bearbeiten - und dann durch alle verfügbaren Medien zu ziehen. Das klingt etwas theoretisch, ist aber ganz einfach. Nehmen wir das Lieblings-Schoßtier der amerikanischen Mittel- und Oberschicht, den stets wohlfrisierten Pudel (von dem Frank Zappa einst in einem Song quiekend behauptete, er diene einsamen Damen auch zur erotischen Erbauung). Der Pudel wird bei "General Idea" zum Logo, zu einer abstrahierten Pop-Figur, die man auf Fahnen und Halstücher druckt, in Geschenkpackungen und Filmen vertreibt und auch auf Leinwände malt. Im so genannten Pudel-Kamasutra verrenken sich drei in grellfrischen Popfarben gehaltene Pudelchen vor tiefschwarzem Grund zu allen möglichen sexuellen Stellungen: der flotte Dreier, des Pudels Kern. Zehn dieser großformatigen Bilder werden dann zu einem Ensemble zusammengehängt, schon ist man in einer Disney-Warhol-Pudel-Welt.
Ein Triumvirat sind auch AA Bronson, Felix Partz und Jorge Zontal gewesen, die sich als Gruppe "General Idea" nannten. Die beiden letzteren der Dreierbande sind tot, 1994 gestorben an AIDS - das Konzept der "parasitären Aneignung" von Kunstgeschichte und der "viralen Infektion" des Alltags durch Kunst wird gefährlich, sobald man es im Schlafzimmer praktiziert. Partz, die Parze, Jorge Zontal, das Hori-Zontale: Phantasienamen natürlich, nur der angeblich fiese Bronson hat überlebt. Überlebt hat aber auch ihre Kunst, die Editionen vor allem, die "General Idea" in ihrem eigenen Laden und Verlag in Toronto herausbrachten; zusammen mit Malerei, Fotos, Installationen und Videos bilden sie jetzt eine richtig große Retrospektive, in der langgestreckten Fabriketage der Züricher Kunsthalle.
Angefangen hat alles in den Nachwehen der 68iger-Bewegung, mit Love-Ins und Hippie-Kommunen, in denen Underground-Zeitungen zirkulierten. Mail-Art, Kunst, die in Briefen verschickt wurde, war auch eine der ersten Vertriebsformen von "General Idea" - sofort hatten sie Fans in aller Welt. Auch ihre Zeitung wurde so verbreitet: aus dem "LIFE"-Magazine machten sie ein parodistisches, täuschend ähnliches "FILE"-Magazine, was die wahren Illustriertenmacher so ärgerte, dass die Kommune-Künstler auf Gerichtsbeschluss eine andere Typographie wählen mussten. Auch der Fotowettbewerb zur "Miss General Idea" ist Legende: die Künstler verschickten ein züchtiges, hochgeschlossenes braunes Kleid und baten um Einsendungen. Es gewann ein Bild, in dem ein verrenkter Herr ohne Arme, aber mit stark behaarten Beinen das Kleid über den Kopf gestülpt hat.
Die Ausstellung ist halbwegs chronologisch aufgebaut und hat außerhalb dann einen Filmraum, in dem Fernseh-Klischees pathetisch durch den Kakao gezogen werden. Der Parcours führt uns von konkreter Malerei, bei der Nudeln auf Leinwände gepappt werden, zu niedlichen Fotomontagen: die Künstler treten als sonnige Babies, frisch Promovierte mit Doktorhut und Aids-Mediziner auf, stets in einer Ménage à trois. Ein dümmlich abfotografiertes Porno-Album (die schwächste Arbeit) thematisiert erstmals die Homosexualität, und AIDS beherrscht dann den Rest der Ausstellung: Mondrian-Bilder werden mit den Farben der AIDS-Kampagne umgearbeitet, Pillen sind als aufblasbare Plastik-Skulpturen zu haben, und ein von Dan Flavin abgekupferter, aus Leuchtröhren bestehender "Fliegender Teppich" wird zum weiß flimmernden Grab.
Tapeten, T-Shirts, Luftballons, Postkarten, Poster, Wappen, Essgeschirr: "General Idea" nutzte jedes Medium. In Erinnerung bleibt aber vor allem die skurrile Aneignung von Kunstgeschichte, die die Gruppe praktizierte: Lucio Fontanas aufgeschlitzte Bilder bekommen Taschentücher in die Löcher gestopft, leuchtend blaue Hüte erweisen Joseph Beuys und Yves Klein ironisch Reverenz, und Caspar David Friedrichs romantisches Eismeer ist in Zürich - im Keller! - mit Styroporplatten nachgestellt. Dazwischen liegen drei kleine, ausgestopfte Seehunde. Kitsch trifft Hochkultur: ein Format, das ja auch eine jüngere Künstlergeneration zunehmend beeinflusst.
Ein Triumvirat sind auch AA Bronson, Felix Partz und Jorge Zontal gewesen, die sich als Gruppe "General Idea" nannten. Die beiden letzteren der Dreierbande sind tot, 1994 gestorben an AIDS - das Konzept der "parasitären Aneignung" von Kunstgeschichte und der "viralen Infektion" des Alltags durch Kunst wird gefährlich, sobald man es im Schlafzimmer praktiziert. Partz, die Parze, Jorge Zontal, das Hori-Zontale: Phantasienamen natürlich, nur der angeblich fiese Bronson hat überlebt. Überlebt hat aber auch ihre Kunst, die Editionen vor allem, die "General Idea" in ihrem eigenen Laden und Verlag in Toronto herausbrachten; zusammen mit Malerei, Fotos, Installationen und Videos bilden sie jetzt eine richtig große Retrospektive, in der langgestreckten Fabriketage der Züricher Kunsthalle.
Angefangen hat alles in den Nachwehen der 68iger-Bewegung, mit Love-Ins und Hippie-Kommunen, in denen Underground-Zeitungen zirkulierten. Mail-Art, Kunst, die in Briefen verschickt wurde, war auch eine der ersten Vertriebsformen von "General Idea" - sofort hatten sie Fans in aller Welt. Auch ihre Zeitung wurde so verbreitet: aus dem "LIFE"-Magazine machten sie ein parodistisches, täuschend ähnliches "FILE"-Magazine, was die wahren Illustriertenmacher so ärgerte, dass die Kommune-Künstler auf Gerichtsbeschluss eine andere Typographie wählen mussten. Auch der Fotowettbewerb zur "Miss General Idea" ist Legende: die Künstler verschickten ein züchtiges, hochgeschlossenes braunes Kleid und baten um Einsendungen. Es gewann ein Bild, in dem ein verrenkter Herr ohne Arme, aber mit stark behaarten Beinen das Kleid über den Kopf gestülpt hat.
Die Ausstellung ist halbwegs chronologisch aufgebaut und hat außerhalb dann einen Filmraum, in dem Fernseh-Klischees pathetisch durch den Kakao gezogen werden. Der Parcours führt uns von konkreter Malerei, bei der Nudeln auf Leinwände gepappt werden, zu niedlichen Fotomontagen: die Künstler treten als sonnige Babies, frisch Promovierte mit Doktorhut und Aids-Mediziner auf, stets in einer Ménage à trois. Ein dümmlich abfotografiertes Porno-Album (die schwächste Arbeit) thematisiert erstmals die Homosexualität, und AIDS beherrscht dann den Rest der Ausstellung: Mondrian-Bilder werden mit den Farben der AIDS-Kampagne umgearbeitet, Pillen sind als aufblasbare Plastik-Skulpturen zu haben, und ein von Dan Flavin abgekupferter, aus Leuchtröhren bestehender "Fliegender Teppich" wird zum weiß flimmernden Grab.
Tapeten, T-Shirts, Luftballons, Postkarten, Poster, Wappen, Essgeschirr: "General Idea" nutzte jedes Medium. In Erinnerung bleibt aber vor allem die skurrile Aneignung von Kunstgeschichte, die die Gruppe praktizierte: Lucio Fontanas aufgeschlitzte Bilder bekommen Taschentücher in die Löcher gestopft, leuchtend blaue Hüte erweisen Joseph Beuys und Yves Klein ironisch Reverenz, und Caspar David Friedrichs romantisches Eismeer ist in Zürich - im Keller! - mit Styroporplatten nachgestellt. Dazwischen liegen drei kleine, ausgestopfte Seehunde. Kitsch trifft Hochkultur: ein Format, das ja auch eine jüngere Künstlergeneration zunehmend beeinflusst.