"”Falls die Menschheit mit Glück in 80 Millionen Jahren noch da wäre, hätte sie keinen Ärger mit dem Meeresspiegelanstieg durch den Klimawandel: Vielmehr liegt er dann um 70 Meter tiefer als heute.""
Im Grunde leben wir nur etwas zu früh, witzelt Dietmar Müller von der University of Sydney. Anlass für seinen Scherz ist das Ergebnis einer zehnjährigen Sisyphus-Arbeit, mit der er und sein Team hoffen, den Ursachen für die großen Meeresspiegelschwankungen der Erdgeschichte auf die Spur gekommen zu sein. Die Geologen haben sich dazu die Entwicklung der Meeresbecken während der vergangenen 145 Millionen Jahre angesehen. Müller:
"”Der Meeresspiegel erreichte seinen Höhepunkt vor 80 Millionen Jahren während der Kreidezeit. Er lag damals 170 Meter höher als heute. Der Westen der USA stand unter Wasser, ebenso weite Teile Europas und Nordafrikas. Seit damals ist der Meeresspiegel ständig gesunken – bis auf die heutigen Werte.""
Triebfeder für die langfristigen Schwankungen soll die Plattentektonik sein. Durch alle Weltmeere hindurch zieht sich ein Netz von vulkanischen Gebirgsketten, an denen Lava zu neuem Meeresboden erstarrt – das sind die so genannten mittelozeanischen Rücken. Müller:
"”Von diesen Rücken bewegt sich die Meereskruste wie auf einem Fließband in Richtung Tiefsee-Ebenen, und dabei wird sie kalt, schwer und sinkt ab. Die mittelozeanischen Rücken liegen nur rund 2,5 Kilometer tief unter dem Meer, die Tiefsee-Ebenen hingegen 5,5 bis sechs Kilometer. Verändert sich nun das Verhältnis zwischen mittelozeanischen Rücken und Tiefsee-Ebenen, verändert sich das Volumen der Meeresbecken. Das ist wie bei einer Wanne, deren Boden Sie absenken oder erhöhen können. Je nachdem wird der Wasserspiegel in ihr fallen oder steigen.""
60.000 Kilometer lang ist diese weltgrößte Gebirgskette heute, aber vor 80 Millionen Jahren, als der Meeresspiegel rekordverdächtig hoch lag, war sie sehr viel länger. Der Grund: Damals lief das Zerbrechen des Urkontinents Pangäa auf Hochtouren. Ob Atlantik, Indischer Ozean oder Pazifik – überall wuchsen die Ozeane. Es gab mehr mittelozeanische Rücken, aber dafür weniger Tiefsee-Ebenen, so dass die Meeresbecken flach waren und das Wasser auf die Kontinente drängte. Müller:
"Es ist das Zusammenspiel zwischen mittelozeanischen Rücken und Tiefsee-Ebenen, die die Meeresspiegelschwankungen antreibt."
Dazu kommen dann noch die Tiefseegräben. An ihnen sinkt die Meereskruste, die im Lauf von vielen Jahrmillionen alt und kalt und schwer geworden ist, irgendwann wieder zurück ins Erdinnere. Dieses Schicksal hat in den vergangenen 80 Millionen Jahren seit dem Meereshöchststand viele der mittelozeanischen Rücken getroffen, die einst für das Auseinanderbrechen des Urkontinents Pangäa gesorgt hatten. Die Meere, so Müller, altern:
"Die Projektion in die Zukunft unserer Meere ist nicht schwer, denn wir wissen, dass der Atlantik und der Indische Ozean weiterhin wachsen, während der Pazifik schrumpft. Insgesamt wird es weniger mittelozeanische Rücken geben als heute, aber dafür mehr Tiefsee-Ebenen. Weil das Wasser dann mehr Platz hat, sich zu verteilen, wird der Meeresspiegel in 80 Millionen Jahren im Vergleich zu heute um 120 Meter fallen."
Theoretisch lässt sich dann folgende Rechnung aufmachen: Weil der Meeresspiegel durch den menschengemachten Treibhauseffekt und das Abschmelzen der Eismassen in den kommenden Jahrhunderten um 50 Meter ansteigen wird, reduziert sich der durch die Plattentektonik verursachte Gesamtabfall also auf 70 Meter – langfristig gesehen, sehr langfristig. Trösten kann das nicht, denn für die Menschheit ist kurzfristig ein Meter Anstieg ein Desaster. Aber vielleicht lässt sich darüber philosophieren, das in einer sehr fernen Zukunft die Tiere zu Fuß von Russland nach Alaska laufen könnten oder von Australien nach Papua Neuguinea – wie zuletzt am Höhepunkt der Eiszeiten.
Im Grunde leben wir nur etwas zu früh, witzelt Dietmar Müller von der University of Sydney. Anlass für seinen Scherz ist das Ergebnis einer zehnjährigen Sisyphus-Arbeit, mit der er und sein Team hoffen, den Ursachen für die großen Meeresspiegelschwankungen der Erdgeschichte auf die Spur gekommen zu sein. Die Geologen haben sich dazu die Entwicklung der Meeresbecken während der vergangenen 145 Millionen Jahre angesehen. Müller:
"”Der Meeresspiegel erreichte seinen Höhepunkt vor 80 Millionen Jahren während der Kreidezeit. Er lag damals 170 Meter höher als heute. Der Westen der USA stand unter Wasser, ebenso weite Teile Europas und Nordafrikas. Seit damals ist der Meeresspiegel ständig gesunken – bis auf die heutigen Werte.""
Triebfeder für die langfristigen Schwankungen soll die Plattentektonik sein. Durch alle Weltmeere hindurch zieht sich ein Netz von vulkanischen Gebirgsketten, an denen Lava zu neuem Meeresboden erstarrt – das sind die so genannten mittelozeanischen Rücken. Müller:
"”Von diesen Rücken bewegt sich die Meereskruste wie auf einem Fließband in Richtung Tiefsee-Ebenen, und dabei wird sie kalt, schwer und sinkt ab. Die mittelozeanischen Rücken liegen nur rund 2,5 Kilometer tief unter dem Meer, die Tiefsee-Ebenen hingegen 5,5 bis sechs Kilometer. Verändert sich nun das Verhältnis zwischen mittelozeanischen Rücken und Tiefsee-Ebenen, verändert sich das Volumen der Meeresbecken. Das ist wie bei einer Wanne, deren Boden Sie absenken oder erhöhen können. Je nachdem wird der Wasserspiegel in ihr fallen oder steigen.""
60.000 Kilometer lang ist diese weltgrößte Gebirgskette heute, aber vor 80 Millionen Jahren, als der Meeresspiegel rekordverdächtig hoch lag, war sie sehr viel länger. Der Grund: Damals lief das Zerbrechen des Urkontinents Pangäa auf Hochtouren. Ob Atlantik, Indischer Ozean oder Pazifik – überall wuchsen die Ozeane. Es gab mehr mittelozeanische Rücken, aber dafür weniger Tiefsee-Ebenen, so dass die Meeresbecken flach waren und das Wasser auf die Kontinente drängte. Müller:
"Es ist das Zusammenspiel zwischen mittelozeanischen Rücken und Tiefsee-Ebenen, die die Meeresspiegelschwankungen antreibt."
Dazu kommen dann noch die Tiefseegräben. An ihnen sinkt die Meereskruste, die im Lauf von vielen Jahrmillionen alt und kalt und schwer geworden ist, irgendwann wieder zurück ins Erdinnere. Dieses Schicksal hat in den vergangenen 80 Millionen Jahren seit dem Meereshöchststand viele der mittelozeanischen Rücken getroffen, die einst für das Auseinanderbrechen des Urkontinents Pangäa gesorgt hatten. Die Meere, so Müller, altern:
"Die Projektion in die Zukunft unserer Meere ist nicht schwer, denn wir wissen, dass der Atlantik und der Indische Ozean weiterhin wachsen, während der Pazifik schrumpft. Insgesamt wird es weniger mittelozeanische Rücken geben als heute, aber dafür mehr Tiefsee-Ebenen. Weil das Wasser dann mehr Platz hat, sich zu verteilen, wird der Meeresspiegel in 80 Millionen Jahren im Vergleich zu heute um 120 Meter fallen."
Theoretisch lässt sich dann folgende Rechnung aufmachen: Weil der Meeresspiegel durch den menschengemachten Treibhauseffekt und das Abschmelzen der Eismassen in den kommenden Jahrhunderten um 50 Meter ansteigen wird, reduziert sich der durch die Plattentektonik verursachte Gesamtabfall also auf 70 Meter – langfristig gesehen, sehr langfristig. Trösten kann das nicht, denn für die Menschheit ist kurzfristig ein Meter Anstieg ein Desaster. Aber vielleicht lässt sich darüber philosophieren, das in einer sehr fernen Zukunft die Tiere zu Fuß von Russland nach Alaska laufen könnten oder von Australien nach Papua Neuguinea – wie zuletzt am Höhepunkt der Eiszeiten.