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Vorzüge und Nachteile der Grünen Gentechnik

Seit Einführung des neuen Gentechnikrechts dürfen gentechnisch veränderte Pflanzen in Deutschland wachsen. Aber die Bauern, die sie aussäen, haften auch für eine genetische Verunreinigung auf Nachbarhöfen. Unter der großen Koalition haben die Gentechnik-Gegner keine so starke Lobby mehr bei den Regierenden. Und die Wissenschaft verspürt ohnehin den Wunsch, unbelastet von politischen Debatten über das Thema zu diskutieren.

Von Dieter Nürnberger |
    Die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften mischt sich mit dieser internationalen Tagung durchaus zu einem wichtigen Zeitpunkt ein. Denn in wenigen Wochen will der zuständige Minister Horst Seehofer einen neuen Gesetzesvorschlag zur Grünen Gentechnik präsentieren. Die Wissenschaftler hatten ja auch schon in der Vergangenheit beispielsweise Kritik am deutschen Kurs unter der grünen Ministerin Renate Künast geübt – und diese dreitägige Tagung hier in Berlin soll dann vor allem ein Ergebnis bringen, nämlich ein Statement, welches Forschungsfreiheit fordert, aber eben auch eine sachliche Diskussion, nicht zu sehr eine ideologische – wie Hans Walter Heldt sagt, er ist Vorsitzender der Kommission Grüne Gentechnik der Akademieunion:

    "Der Grundtenor dieses Statements soll sein, dass der Anbau von gentechnisch veränderten Erntepflanzen nicht eine Frage des Glaubens sein soll, sondern der rationalen Abwägung von Vorteilen und Nachteilen. Jede einzelne transgene Pflanze braucht eine separate Beurteilung und man kann nicht pauschal sagen, das ist gut oder schlecht. Es muss in jedem Einzelfall entschieden werden. "

    Bei der Diskussion geht es ja um ein mögliches Nebeneinander von konventioneller oder biologischer Landwirtschaft mit diesen gentechnisch veränderten Kulturen. Es geht um eine mögliche Entschädigung, wenn es Verunreinigungen etwa durch Pollenflug gibt, es geht ebenso um Abstandsregelungen, um dies auszuschließen. Klaus Dieter Jany ist Professor in Karlsruhe, auch er ist Mitglied der Kommission Grüne Gentechnik:

    "Wenn wir einen Abstand von 50 Metern haben, ist dies hier in den neuen Bundesländern sehr gut machbar. Aber in den alten Bundesländern, siehe Baden-Württemberg, eher ein Problem. Ich denke aber, wir werden im neuen Gesetz sogar einen dreistelligen Abstand haben. Und dann wird es noch komplizierter als es jetzt schon ist. "

    Allerdings rechnen die Wissenschaftler schon mit einem in ihrem Sinne weniger strengen Gesetz durch das Verbraucherministerium. Dieses Nebeneinander, diese Koexistenz, so sagen ja die Kritiker der Grünen Gentechnik, sei auch gar nicht machbar. Und verweisen auf Erfahrungen mit Verunreinigungen in Kanada, hier wird der Anbau ja schon seit Jahren praktiziert. Klaus Dieter Jany weist dies zurück:

    "Die Kanadier haben nie den Versuch gemacht, Koexistenz zu betreiben. Ich denke, man kann Koexistenz sehr wohl betreiben, wenn man Abstände einhält. Die Diskussion um Abstände ist schwierig, da wird auch teilweise Literatur aus den vierziger Jahren noch herangezogen. Und was auch nicht betrachtet wird: Das Überleben und die Befruchtbarkeit von Pollen. Mais verhält sich da ganz anders als Raps. Raps fliegt zwar weit, ist aber nicht sehr lange fruchtbar. Die Behauptung, Raps sei nicht koexistenzfähig, dies stimmt einfach nicht. "

    Die Bedeutung gentechnisch veränderter Nutzpflanzen in der so genannten Dritten Welt spielt hier auch eine gewichtige Rolle. Klaus Dieter Ammann aus Bern in der Schweiz forscht derzeit in Afrika. Bei einem Pilotprojekt mit Hirse:

    "In Afrika ist die Stimmung natürlich eine völlig andere. Diese Leute betreiben eine zweckgerichtete Pflanzenzucht. Und dazu gehört auch die Gentechnologie. Hirse ernährt rund 200 Millionen Afrikaner. Da haben wir Defizite bei Komponenten wie beispielsweise Eiweiß, der Gehalt ist sehr niedrig im Vergleich zu Mais und Weizen. Und man hat über Jahrzehnte mit klassischer Zucht versucht, diese Eiweißkomponenten zu erhöhen. Das ist nicht gelungen. Mit der Gentechnik ist dies in den USA bereits gelungen. "

    Man will also hier in Berlin ein Statement pro Nutzung der Grünen Gentechnik verabschieden. Aber – wie man hier betont – aufgrund von sachlichen Erkenntnissen, man will genau hinschauen, man will auch je nach veränderter Pflanzenart unterscheiden.