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VW übernimmt Porsche im Turbotempo

Vier Jahre nach der heftigen Übernahmeschlacht mit dem Sportwagenbauer kann VW alle Vorteile des Zusammenschlusses nutzen und will Porsche schon im August zur zwölften Marke unter dem VW-Dach machen. Angefangen hat alles aber unter völlig anderen Vorzeichen.

Von Felix Lincke | 05.07.2012
    Am Anfang wollte ein David, ein kleiner aber feiner Sportwagenhersteller, den Goliath Volkswagen, Europas größten Automobilkonzern, übernehmen. 2005 kam es zu Aktienkäufen, Anfang 2007 sahen viele Börsianer bereits, dass Porsche es ernst meint mit einer Mehrheitsbeteiligung am VW-Konzern, wie Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler:

    "Also, ich glaube tatsächlich, dass man die Zielsetzung hat, die Kontrolle auch festgeschrieben, dass einem da nichts sozusagen anbrennen kann mehr. Das heißt, dass man da leicht über die 50 Prozent gehen müsste. Aber ich denke, das ist die Zielsetzung von Porsche."

    Porsche war nicht nur hochprofitabel und hatte Eigentümerfamilien mit Milliardären hinter sich, auch die Banken spielten mit. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wiegelte ab und täuschte zunächst die Anleger über seine eigentlichen Absichten:

    "Diese Welt, meine Damen und Herren, ist kein Sandkasten mit Burgen bauenden Kindern. Nein, diese Welt ist knallharter Wettbewerb, der nur Sieger und Verlierer kennt. Und in dieser Welt müssen Volkswagen und Porsche zu den Siegern zählen."

    In Wirklichkeit hatte Wiedeking den fast schon größenwahnsinnigen Plan gefasst, 75 Prozent aller VW-Aktien zu erwerben, um mit Drei-Viertel-Mehrheit auf der Hauptversammlung einen Vertrag zur vollständigen Beherrschung und Abführung des VW-Gewinns durchzusetzen. Der mächtige Ex-VW- und Aufsichtsratschef Ferdinand Piech, nahm den Fehdehandschuh auf und gab sich keineswegs geschlagen:

    "Immer, wenn es um Krieg geht, sind am Ende weniger vorhanden. Und es gibt Gewinner und Verlierer. Und ich habe die Absicht, der Sieger zu sein."

    Vom verbleibenden Viertel der VW-Aktien, befanden sich die meisten in den festen Händen von Niedersachsen, sodass es sehr eng werden würde für Porsche. Niedersachsen pochte auf sein Stimmrecht, auf die "goldene Aktie" aus dem alten VW-Gesetz, dass dem Land ein Veto in allen wichtigen Fragen zubilligte. Dieses VW-Gesetz wollte Porsche wegklagen und erstritt ein siegreiches Urteil. Doch der juristische Erfolg blieb letztlich aus.

    Christian Wulff erreichte als niedersächsischer Ministerpräsident, dass sein Land die alten Rechte in ein neues VW-Gesetz hinüberretten konnte. Der Porsche-Plan geriet damit ins Wanken, die Banken wurden ungeduldig. Ohne Gewinnabführung würden sich neun Milliarden Euro an Schulden aus dem Kauf von VW-Aktien nicht leicht finanzieren lassen. Die Finanzkrise erschwerte das Vorhaben und Wiedeking musste aufgeben:

    "Ihr habt es nicht verdient, dass der Name 'Porsche', die Belegschaft, irgendwo damit beschädigt wird. Deswegen war für mich klar, wir müssen hier einen Schlussstrich ziehen, leider."

    Gegenspieler Piech schlug den Eigentümerfamilien vor, zu denen er selbst gehört, den Deal einfach umzudrehen. VW sollte den Familien das Sportwagengeschäft von Porsche abkaufen und im Volkswagenkonzern integrieren. So ist es letztlich auch gekommen, aber es war noch ein weiter Weg; denn die anderen Clanmitglieder lehnten Piechs Vorschlag zunächst ab. Christoph Stürmer von der Beratungsfirma IHS Automotive:

    "Es ist schon lange die Rede von einem integrierten Konzern und von einem integrierten Unternehmen."

    Als Katalysator erwies sich das Emirat von Katar, das als Finanzinvestor Interesse an einem großen Aktienpaket von VW zeigte, aber nur, wenn die Sportwagen von Porsche auch dabei wären.