Gersheim ist eine Flächengemeinde im schönen Bliesgau. Hier lässt sich trefflich Wandern, die Natur genießen. Hier lässt sich auch nett wohnen. Nur mit Arbeitsplätzen, mit Industriebetrieben ist die Gemeinde nicht gesegnet. Das Gewerbesteueraufkommen ist bescheiden. Und denkt der Wahlsheimer Bürgermeister Stephan Pauluhn an die finanzielle Situation seiner Groß-Gemeinde, dann kommen ihm im wahrsten Sinne des Wortes die Tränen.
"7500 Einwohner, strukturschwach, elf Ortsteile, elf Feuerwehren, zehn Sportvereine, zehn Sportplätze, Friedhöfe und, und, und."
All das will finanziert werden. Dabei redet Pauluhn gar nicht von den Kindergärten und Kindertagesstätten, die er wie alle anderen Ortsvorsteher und Bürgermeister im Land bis 2013 so ausbauen soll, dass ein Drittel der Kinder unter drei Jahren angemessen betreut werden kann. Die Kinderbetreuung wird in den Reihen der Kommunen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen, darüber wollen sie deshalb auch nicht klagen, sagt Martin Luckas, Geschäftsführer des saarländischen Landkreistages:
"Aus verschiedenen Gründen ist es sinnvoll, die Ganztagsbetreuung auszubauen. Und wir sind im Saarland auf einem guten Weg. Wir werden 2013 bei 35 Prozent Versorgung ankommen."
Aber das Beispiel zeigt eben auch, dass auf Bundesebene häufig Entscheidungen gefällt werden, die an ganz anderer Stelle umgesetzt und bezahlt werden müssen und die eben nicht vollständig vom Auftraggeber finanziert werden, sagt der Saarlouiser Oberbürgermeister Roland Henz:
"Es ist so, dass sich niemand an das Konnexitätsprinzip hält, was ganz einfach lautet: Wer bestellt, bezahlt. In der Regel sind es immer andere, der Bund oder das Land, die bestellen und am Schluss sind es die Kommunen, die bezahlen. Das funktioniert einfach nicht mehr."
Auch das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das dem Bürger mehr Kindergeld, den Hoteliers eine geringere Mehrwertsteuerbelastung und den Erben steuerliche Vorteile verspricht, hält für die Kommunen Überraschungen parat. Über die spricht jedoch kaum jemand. Sie sind kompliziert und klingen etwa so: Regelung zur Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter und Wahlrecht für Sammelposten oder Festschreibung der Freigrenze bei der Zinsschranke. Diese zuweilen unaussprechlichen Einzelposten kommen die Kommunen teuer zu stehen, sagt der Vertreter des kommunalen Spitzenverbandes, Martin Luckas:
"Für die deutschen Kommunen summiert sich das auf eine Mindereinnahme von 1,5 Milliarden Euro. Für das kleine Saarland sind das Pi mal Daumen 15 Millionen, das fehlt uns einfach."
Eine Möglichkeit, diese Fehlbeträge auszugleichen, sehen die Kommunen aus eigener Kraft keine, denn sie rechnen zum einen damit, dass ihr Steueraufkommen aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung weiter sinkt. Zusätzlich werden sie damit umgehen müssen, dass die von Städten und Gemeinden zu bewältigenden Soziallasten weiter steigen. Die Kommunen hätten daher nichts dagegen einzuwenden, sollte die Bundesregierung die Idee des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller aufgreifen. Er hat vorgeschlagen, die Länder als Kompensation für ihr Ja zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz stärker am Mehrwertsteueraufkommen zu beteiligen. Martin Luckas:
"Wir wären ja dann über den kommunalen Finanzausgleich am zusätzlichen Steueraufkommen des Landes beteiligt, das wäre eine gute Sache, wenn das käme."
In erster Linie wünschen sich die Kommunen Verhandlungsbereitschaft des Bundes an anderer Stelle. Namentlich bei der Finanzierung der Kosten für eine wachsende Zahl von Menschen, die auf Sozialleistungen nach Hartz IV angewiesen sind. Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Unterkunft. Er möchte allerdings seinen Anteil an den Wohnkosten um etwa 2,5 Prozent absenken. Tritt diese Regelung - über die der Bundesrat kommende Woche unbedingt noch einmal verhandeln möchte - zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft, trifft dies Städte, Gemeinden und Landkreise hart. Allein für den Regionalverband Saarbrücken, dem die Stadt selbst und seine Umlandgemeinden angehören, ergeben sich durch die auf den ersten Blick harmlos wirkende Prozentzahl Fehlbeträge in Millionenhöhe. Werner Jenal, Geschäftsführer der Arge Saarbrücken.
"Wenn der Bund seine Beteiligung absenkt, dann fehlen uns 2,3 Millionen Euro im Haushalt des Regionalverbandes."
Das aber ist nicht die einzige Sorge von Jenal. Im kommenden Jahr rechnet er damit, dass er noch zusätzlich 10 Millionen Euro lockermachen muss, um schätzungsweise 3-4000 Menschen finanziell zu unterstützen, die keine Aussicht haben, eine neue Beschäftigung zu finden.
"Prognosen der Bundesagentur für Arbeit gehen davon aus, dass von diesen Menschen, die zusätzlich ins System kommen rund 70 Prozent solche sind, bei denen Arbeitslosengeld 1 ausläuft, die jedoch keine Aussicht auf einen neuen Job haben. Diese wechseln in aller Regel zu uns und kriegen Leistungen nach Hartz IV."
Die Kommunen setzen darauf, dass die Länder den Hebel Wachstumsbeschleunigungsgesetz nutzen, um den Bund unter Druck zu setzen. Denn sie würden gerne eine wenig an der Stellschraube Wohnungskosten drehen. Zum einen möchten sie, dass der Bund seine Beteiligung an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose wieder erhöht. Noch besser wäre allerdings aus Sicht der kommunalen Ebene, der Bund würde seine Berechnungsgrundlage ändern. Berlin orientiert sich an der Zahl der Haushalte, die auf Unterstützung angewiesen sind.
Sinkt die Zahl der Haushalte, sinkt auch die Leistung des Bundes. Die Entwicklung der tatsächlichen Kosten, die fürs Wohnen aufgewendet werden müssen, bleibt dabei unberücksichtigt. Steigende Mieten, steigende Preise für Öl, Gas und Strom gingen voll zulasten der Kommunen so Jenal.
"Sie erleben es doch selbst, wenn ihre Heizkostenabrechnung kommt, sie steigt Jahr für Jahr. Und das gilt auch für Wohnungen, in denen Empfänger von Hartz-IV-Leistungen zu Hause sind."
Der Streit zwischen dem Bund sowie den Ländern und den Kommunen über eine angemessene Beteiligung an den Wohnungskosten schwelt bereits seit 2005, ohne dass sich der Bund bewegt hätte. Nun wittern die Länder ihre Chance. Lassen sich die CDU-geführten Bundesländer, die das Wachstumsbeschleunigungsgesetz bislang ablehnen, ihre Zustimmung dadurch erkaufen, dass die Sozialgesetzgebung an der einen oder anderen Stelle geändert wird, dann wäre für die Länder viel gewonnen. Da aber auch der Bund das Geld nicht hat und es auch an anderer Stelle nicht einsparen möchte, wird er Zugeständnisse an Länder und Kommunen über Schulden finanzieren müssen.
"7500 Einwohner, strukturschwach, elf Ortsteile, elf Feuerwehren, zehn Sportvereine, zehn Sportplätze, Friedhöfe und, und, und."
All das will finanziert werden. Dabei redet Pauluhn gar nicht von den Kindergärten und Kindertagesstätten, die er wie alle anderen Ortsvorsteher und Bürgermeister im Land bis 2013 so ausbauen soll, dass ein Drittel der Kinder unter drei Jahren angemessen betreut werden kann. Die Kinderbetreuung wird in den Reihen der Kommunen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen, darüber wollen sie deshalb auch nicht klagen, sagt Martin Luckas, Geschäftsführer des saarländischen Landkreistages:
"Aus verschiedenen Gründen ist es sinnvoll, die Ganztagsbetreuung auszubauen. Und wir sind im Saarland auf einem guten Weg. Wir werden 2013 bei 35 Prozent Versorgung ankommen."
Aber das Beispiel zeigt eben auch, dass auf Bundesebene häufig Entscheidungen gefällt werden, die an ganz anderer Stelle umgesetzt und bezahlt werden müssen und die eben nicht vollständig vom Auftraggeber finanziert werden, sagt der Saarlouiser Oberbürgermeister Roland Henz:
"Es ist so, dass sich niemand an das Konnexitätsprinzip hält, was ganz einfach lautet: Wer bestellt, bezahlt. In der Regel sind es immer andere, der Bund oder das Land, die bestellen und am Schluss sind es die Kommunen, die bezahlen. Das funktioniert einfach nicht mehr."
Auch das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das dem Bürger mehr Kindergeld, den Hoteliers eine geringere Mehrwertsteuerbelastung und den Erben steuerliche Vorteile verspricht, hält für die Kommunen Überraschungen parat. Über die spricht jedoch kaum jemand. Sie sind kompliziert und klingen etwa so: Regelung zur Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter und Wahlrecht für Sammelposten oder Festschreibung der Freigrenze bei der Zinsschranke. Diese zuweilen unaussprechlichen Einzelposten kommen die Kommunen teuer zu stehen, sagt der Vertreter des kommunalen Spitzenverbandes, Martin Luckas:
"Für die deutschen Kommunen summiert sich das auf eine Mindereinnahme von 1,5 Milliarden Euro. Für das kleine Saarland sind das Pi mal Daumen 15 Millionen, das fehlt uns einfach."
Eine Möglichkeit, diese Fehlbeträge auszugleichen, sehen die Kommunen aus eigener Kraft keine, denn sie rechnen zum einen damit, dass ihr Steueraufkommen aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung weiter sinkt. Zusätzlich werden sie damit umgehen müssen, dass die von Städten und Gemeinden zu bewältigenden Soziallasten weiter steigen. Die Kommunen hätten daher nichts dagegen einzuwenden, sollte die Bundesregierung die Idee des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller aufgreifen. Er hat vorgeschlagen, die Länder als Kompensation für ihr Ja zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz stärker am Mehrwertsteueraufkommen zu beteiligen. Martin Luckas:
"Wir wären ja dann über den kommunalen Finanzausgleich am zusätzlichen Steueraufkommen des Landes beteiligt, das wäre eine gute Sache, wenn das käme."
In erster Linie wünschen sich die Kommunen Verhandlungsbereitschaft des Bundes an anderer Stelle. Namentlich bei der Finanzierung der Kosten für eine wachsende Zahl von Menschen, die auf Sozialleistungen nach Hartz IV angewiesen sind. Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Unterkunft. Er möchte allerdings seinen Anteil an den Wohnkosten um etwa 2,5 Prozent absenken. Tritt diese Regelung - über die der Bundesrat kommende Woche unbedingt noch einmal verhandeln möchte - zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft, trifft dies Städte, Gemeinden und Landkreise hart. Allein für den Regionalverband Saarbrücken, dem die Stadt selbst und seine Umlandgemeinden angehören, ergeben sich durch die auf den ersten Blick harmlos wirkende Prozentzahl Fehlbeträge in Millionenhöhe. Werner Jenal, Geschäftsführer der Arge Saarbrücken.
"Wenn der Bund seine Beteiligung absenkt, dann fehlen uns 2,3 Millionen Euro im Haushalt des Regionalverbandes."
Das aber ist nicht die einzige Sorge von Jenal. Im kommenden Jahr rechnet er damit, dass er noch zusätzlich 10 Millionen Euro lockermachen muss, um schätzungsweise 3-4000 Menschen finanziell zu unterstützen, die keine Aussicht haben, eine neue Beschäftigung zu finden.
"Prognosen der Bundesagentur für Arbeit gehen davon aus, dass von diesen Menschen, die zusätzlich ins System kommen rund 70 Prozent solche sind, bei denen Arbeitslosengeld 1 ausläuft, die jedoch keine Aussicht auf einen neuen Job haben. Diese wechseln in aller Regel zu uns und kriegen Leistungen nach Hartz IV."
Die Kommunen setzen darauf, dass die Länder den Hebel Wachstumsbeschleunigungsgesetz nutzen, um den Bund unter Druck zu setzen. Denn sie würden gerne eine wenig an der Stellschraube Wohnungskosten drehen. Zum einen möchten sie, dass der Bund seine Beteiligung an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose wieder erhöht. Noch besser wäre allerdings aus Sicht der kommunalen Ebene, der Bund würde seine Berechnungsgrundlage ändern. Berlin orientiert sich an der Zahl der Haushalte, die auf Unterstützung angewiesen sind.
Sinkt die Zahl der Haushalte, sinkt auch die Leistung des Bundes. Die Entwicklung der tatsächlichen Kosten, die fürs Wohnen aufgewendet werden müssen, bleibt dabei unberücksichtigt. Steigende Mieten, steigende Preise für Öl, Gas und Strom gingen voll zulasten der Kommunen so Jenal.
"Sie erleben es doch selbst, wenn ihre Heizkostenabrechnung kommt, sie steigt Jahr für Jahr. Und das gilt auch für Wohnungen, in denen Empfänger von Hartz-IV-Leistungen zu Hause sind."
Der Streit zwischen dem Bund sowie den Ländern und den Kommunen über eine angemessene Beteiligung an den Wohnungskosten schwelt bereits seit 2005, ohne dass sich der Bund bewegt hätte. Nun wittern die Länder ihre Chance. Lassen sich die CDU-geführten Bundesländer, die das Wachstumsbeschleunigungsgesetz bislang ablehnen, ihre Zustimmung dadurch erkaufen, dass die Sozialgesetzgebung an der einen oder anderen Stelle geändert wird, dann wäre für die Länder viel gewonnen. Da aber auch der Bund das Geld nicht hat und es auch an anderer Stelle nicht einsparen möchte, wird er Zugeständnisse an Länder und Kommunen über Schulden finanzieren müssen.