Archiv


Wächter über das grüne Gold

Umwelt. - Unter dem Akronym "GOFC-GOLD" firmiert die Satelliten gestützte, weltweite Beobachtung der Wälder und Landoberflächen. Derzeit treffen sich im thüringischen Jena internationale Experten und diskutieren die neuesten Ergebnisse der orbitalen Förster.

Von Hartmut Schade |
    Über ein Dutzend Satelliten richten ihren Blick auf die Wälder. Einige schauen wirklich hin, nutzen also optische Verfahren, um Stadt, Wald und Wasser zu unterscheiden. Andere arbeiten mit Radarstrahlen, die auch bei bewölktem Himmel noch einen Blick auf die Erde ermöglichen. Doch egal, wie die Fernerkundler auf die Erde blicken: sie sehen stets das gleiche Muster, wenn der Regenwald verschwindet.

    "Es entsteht irgendwo eine Strasse und ausgehend von den Straßen, praktisch senkrecht links und rechts in den Wald rein, gibt es diese Entwaldungschneisen. Das sind ganz markante Muster, nennt man auch Fischgrätenmuster..."

    ...erklärt Dr. Martin Herold vom Projektbüro der Esa für das Programm "Global Observation of Forest and Land Cover dynamics" - kurz GOFC-GOLD. Ganz anders hingegen verschwindet die Taiga:

    "Es sind nicht diese Fischgrätenmuster, es sind eher schachbrettförmige Muster, die aber auch eindeutig zu erkennen sind..."

    ... sagt Professorin Christiane Schmullius von der Friedrich-Schiller Universität Jena. Die ungleichen Muster sind kein Zufall, sondern verraten die wirtschaftlichen und sozialen Ursachen des Waldsterbens: In den Tropen roden Bauern den Regenwald, um Felder anzulegen. In Sibirien sind es Holzfäller, die vom Verkauf der Stämme leben. Der Blick aus dem Weltraum auf die grünen Zonen der Erde hat einen ganz handfesten Grund: Wälder, vor allem die der nördlichen Klimazone, sind Kohlendioxidspeicher. Sie bremsen also den Anstieg dieses Treibhausgases. Umgekehrt aber bedeutet Abholzung, dass noch mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangt und den Temperaturanstieg beschleunigt. Wer also Klimamodelle erstellen will, muss den Wald auf der Rechnung haben. Christiane Schmullius:

    "Das Problem sind zwei Faktoren. Das eine ist der Einfluss des Menschen. Das ist in Klimamodellen bisher nicht berücksichtigt worden, man hat in idealer Welt gelebt. Der Mensch greift eben ein: holzt ab, brennt ab. Das heißt, die Landoberfläche ist gar nicht so intakt, wie wir es bisher vermutet haben. Das heißt die Pufferfunktion ist geringer. Dazu kommt: die Kenntnis, wo steht überhaupt Wald, das ist flächendeckend nicht vorhanden. Wir wissen auch nicht, wie dicht dieser Wald ist."

    Selbst wenn die Satelliten-Bilder dichtes Grün zeigen, bleibt die Frage, was unter dem Kronendach ist. Gibt es ein dichtes Unterholz oder stehen da nur einzelne Urwaldriesen? Werden Bäume gezielt gefällt oder ist es wirklich ein kompakter dichter Wald?

    "Die Japaner haben gerade vor zwei Monaten einen sehr interessanten Radarsatelliten mit 23 Zentimeter Wellenlänge gestartet. Und das ist eine Wellenlänge, mit der man recht eindeutig in den Wald hineinsehen kann. Das heißt, wenn gezielt einzelne kräftige Bäume herausgeholt werden, dann würden wir uns erhoffen, dass wir das mit dem Radar sehen können. Aber das ist Forschungsfront. Eigentlich brauchen wir Zeitreihen, die uns zeigen, wie die Bestände noch vor fünf oder zehn Jahren ausgesehen haben und wie sich jetzt das Radarsignal verändert hat."

    Doch diese Daten fehlen für große Waldgebiete. Hinzu kommt: die meisten Waldkarten aus dem Kosmos sind immer noch zu grob. Die Satelliten liefern Massstäbe von eins zu 500.000 oder gar eins zu einer Million. Wald aber ist laut Kioto-Protokoll schon eine Fläche von einem halbem Hektar, wenn auf ihr zu einem Drittel Bäume von drei bis fünf Metern Höhe stehen. Hier wird die kosmische Waldbeobachtung von der Wissenschaft zum Politikum, sagt Martin Herold vom GOFC-GOLD Büro.

    "Und zwar gibt es eine neue Initiative, die in Montreal auf der letzten Klimakonferenz im Dezember diskutiert wurde. Dass also Entwicklungsländer, wenn sie die Abholzung verringern, dafür eine entsprechende Kompensation bekommen."

    Doch wie kontrollieren, ob wirklich neuer Wald wächst? Und vor allem, ob mehr Bäume wachsen als abgeholzt werden - Das geht nur mit dem Blick aus dem All.