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Wahl-Wette
Köln feiert sich für hohe Wahlbeteiligung

Mehr als 61 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland haben bei der Europawahl abgestimmt - deutlich mehr als vor fünf Jahren. In Köln lag die Wahlbeteiligung sogar über dem Bundesdurchschnitt, dort hatte die Oberbürgermeisterin vorab eine Wahl-Wette mit anderen Städten ausgerufen.

Von Moritz Küpper | 27.05.2019
EU-Flaggen bei der Demonstration 'Ein Europa für alle - Deine Stimme gegen den Nationalismus' in Köln vor der Europawahl
Demonstration gegen Nationalismus in Köln vor der Europawahl (Geisler-Fotopress / picture alliance)
Die Piazetta im Historischen Rathaus der Stadt Köln, Musik am Wahlabend. Obwohl sich natürlich alle Blicke nach Brüssel oder Berlin, in die Zentralen der Parteien richteten, gibt es auch in Domstadt eine eigene Wahlparty und - sozusagen partei-unabhängig - einen Spannungsmoment. Denn: Kölns Oberbürgermeisterin, die parteilose Henriette Reker, hatte eine sogenannte #koelnchallenge ins Leben gerufen. Das Ziel: Köln solle die Stadt in Deutschland mit der höchsten Wahlbeteiligung werden - und die Logik dahinter, so Reker, war entwaffnend:
"Wann kann man schon einmal eine Wette abschließen ohne Verlierer? Hier gibt es nur eine Gewinnerin - das ist Europa."
Wette um die höchste Wahlbeteiligung
Spielerisch die Wahlbeteiligung erhöhen. Eine einfache, eine gute Idee, die, so Reker, zufällig entstand:
"Ich war Sonntags, nicht zum ersten Mal, bei 'Pulse of Europe' und hab dann gesehen, mit welchen Ideen und mit welchen Möglichkeiten, alle die da ehrenamtlich versammelt waren, die Europawahl befördern, demokratisch wählen. Und dann habe ich gedacht: Irgendwas muss mir jetzt auch einfallen, und da habe ich diesen Wunsch geäußert, dass es schön sei, wenn Köln die höchste Wahlbeteiligung aller Städte in Deutschland hätte."
Aus dem Wunsch wurde eine Wette - und viele Städte schlugen aktiv ein: Frankfurt, Münster, Konstanz, Regensburg, Hildesheim beispielsweise. In den sozialen Medien verbreitet sich der Hashtag "#Kölnchallenge" relativ schnell - was vielleicht auch daran lag, dass es gerade die Domstadt war, die in der jüngeren Vergangenheit eher mit Wahlpannen, als mit Wahlerfolgen aufgefallen ist. Da mussten Stimmzettel nachträglich - und öffentlichkeitswirksam - noch einmal ausgezählt und das Ergebnis, inklusive Ratssitz, korrigiert werden.
Die letzte Oberbürgermeisterwahl musste wegen fehlerhafter Stimmzettel verschoben werden. Und als sie dann stattfand, lag die Wahlbeteiligung bei 40 Prozent, obwohl es am Vortag ein Messer-Attentat auf die heutige Oberbürgermeisterin Reker gegeben hatte. "Karneval funktioniert in Köln", spottete damals die "Süddeutsche Zeitung", "Demokratie nicht".
Erneute Kritik an Kölner Wahlbehörde
Und auch jetzt, vor dieser Europa-Wahl, gab es wieder Kritik, wieder Vorwürfe rund um Köln und das Wählen: Der Schriftsteller Navid Kermani, der in Köln lebt, unterstellte gar: "Verhältnisse wie in einer Bananenrepublik". Der Grund: Kermani und seine Tochter hatten Briefwahlunterlagen beantragt, diese aber laut "Kölner Stadtanzeiger" nicht rechtzeitig erhalten, worauf Kermani sagte, er sei konsterniert, mit welcher Chuzpe die Stadt Köln darüber hinweggehe, dass Bürgerinnen und Bürger faktisch an der Ausübung ihres Wahlrechts gehindert seien. Nicht zum ersten Mal hätten Kölner mit Verhältnissen wie eben in einer Bananenrepublik zu tun und das, "bei dem ganzen Gerede über eine Rekord-Beteiligung an der Europawahl im pro-europäischen Köln".
"Man muss nicht auf jeden Ausspruch sozusagen reagieren", sagt Kölns Stadtdirektor Stephan Keller dazu.
"Ich finde es bedenklich, eine solche Äußerung. Wie gesagt, wir haben die Briefwahl ordentlich abgewickelt, wir haben dafür gesorgt, dass jeder, der an der Wahl teilnehmen konnte, auch an der Wahl teilnehmen kann. Dafür haben wir gerade in den letzten zehn Tagen auch erhebliche Anstrengungen unternommen, und wenn ich richtig informiert bin, können wir auch nachweisen, wann sozusagen, die sich jetzt sehr prominent bei uns geäußert haben, wann die bei uns das Haus verlassen haben."
Letztendlich gehen diese Misstöne auch im Jubel eher unter. Denn in der Piazetta, im Rathaus, konnte Reker am frühen Abend verkünden: "Wir haben eine Wahlbeteiligung von 63,89 Prozent."
Münster landet vor Köln
Applaus, Beifall, angesichts der besten Europawahlbeteiligung in Köln aller Zeiten, die im Laufe des Abends sogar noch weiter kletterte: 64,6 Prozent waren es letztlich. Ein Erfolg, denn die Domstadt landete zudem vor Wettpartner Frankfurt, wo rund 56 Prozent zur Wahl gingen. Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann, von der SPD, muss daher nächstes Jahr am rheinischen Straßenkarneval teilnehmen. Welchen Einfluss diese Spontan-Idee letztendlich hatte, ist offen - doch für Reker steht fest, dass diese gute Idee Schule machen könnte:
"Also, ich habe das ja sehr spontan gemacht, darüber haben wir auch schon gesprochen, dass wir das auch mal im Städtetag besprechen werden."
Auch wenn Köln letztlich den Kürzeren zog: Denn die Stadt Münster, die auch aktiv an der #Kölnchallenge teilgenommen hatte, erreichte mit 73,7 Prozent sogar Platz 2 aller 401 Wahlkreise in Deutschland.
"Ich freue mich sehr für meinen ganz lieben Kollegen Markus Lewe. Der hat natürlich eine Stadt, wo 100.000 Studenten etwas anderes ausmachen als zehn Prozent der Bevölkerung, so ist es ja in Köln."
Doch trotz dieses hohen Anteils, für Platz eins bundesweit, reichte es nicht: Dort steht St. Wendel im Saarland mit 74,4 Prozent.