Seit Monaten macht die Rente Schlagzeilen: Sinkende Einnahmen sorgen dafür, dass der Bund finanziell in Vorlage treten, wahrscheinlich im Oktober sogar der Rentenversicherung einen Kredit gewähren muss. Das ist ein einmaliger Vorgang in der Nachkriegszeit. Gleichzeitig streiten Experten und Politiker über Privatvorsorge und Renteneintrittsalter. Kein Wunder also, dass viele Deutsche verunsichert sind. Immerhin ist die gesetzliche Rente mit weitem Abstand nach wie vor das wichtigste Alterseinkommen.
Aber, so fragt sich inzwischen mancher Beitragszahler, wie viel werde ich später herausbekommen - und wann beginnt die Rentenzahlung? Und bei Rentnern, die derzeit leidvolle Erfahrungen mit Nullrunden und vollem Pflegebeitrag machen, steigt die Angst vor Rentenkürzungen. Wer nun glaubt, dass vor allem die großen Parteien in ihren Wahlprogrammen darauf konkrete Antworten geben, der irrt. Das viele Menschen bewegende Thema Rente wird eher kurz und lapidar abgehandelt.
Während öffentlich bereits über die Rente mit 70 diskutiert und vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gefordert wird, drücken sich die Parteien in den Wahlprogrammen um eine klare Aussage. Richtig ist, dass der Bundestag beschlossen hat, über den Vorschlag der Rürup-Kommission, stufenweise das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre anzuheben, in der nächsten Legislaturperiode zu entscheiden. Wie - das werden die Wähler wohl abwarten müssen. Denn darüber wird gestritten - auch innerhalb der Volksparteien. Und da man sich noch nicht festlegen muss, tun das die Parteien auch nicht in ihren Wahlprogrammen.
Eine klare Aussage macht allein die Linkspartei. Mit ihr soll es bei der Rente mit 65 bleiben. Nach dem CDU/CSU-Wahlprogramm kommt eine stufenweise Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters dann in Frage, wenn es der Arbeitsmarkt erlaubt. Ob die Union das wirklich tut - und ob das auf ein Alter von 67 oder mehr hinausläuft, das sagt man dem Wähler nicht. Die SPD erklärt lediglich, dass sie das faktische Rentenalter an die geltenden 65 Jahre heranführen will. Bessere Beschäftigungschancen für Ältere sind aber ein Ziel, das alle Parteien eint. Kanzler Gerhard Schröder ist da schon mutiger, stützt den Vorschlag der Rürup-Kommission:
"Wir müssen - von 2011 angefangen bis 2035 - jedes Jahr einen Monat zugeben. Also nicht jetzt irgend etwas machen, sondern sehr langsam und entsprechend der Entwicklung, der Situation. Das ist eine Position, die ich nach wie vor für richtig halte und die ich immer vertreten würde. Das wird auch gemacht werden."
Das allerdings trifft selbst bei seiner Sozialministerin Ulla Schmidt auf Skepsis. Eine Folge der Heraufsetzung des Renteneintrittsalters wäre nämlich, dass alle, die vorher in Rente gehen oder sogar gehen müssen, erhebliche Abschläge hinnehmen müssten, wenn es etwa auf dem Arbeitsmarkt keine Jobs für 65- oder gar 67-Jährige gibt. Auch deshalb denkt die Ministerin darüber nach, wie man zu flexibleren Lösungen kommen könnte:
"Muss es denn eine starre Altersgrenze geben für alle, oder schaffen wir es, weitere Korridore auch zu öffnen. Meine Enkelkinder können 100 werden. Dann muss man sich wirklich fragen, ob denn alles zwischen 20 und 40 passieren muss, was ich im Leben brauche, was wichtig ist: Familie gründen, die Ausbildung machen, wenn ich Karriere machen will, die Altersvorsorge. Oder ob wir nicht sagen, wer sich Zeit für Familie nimmt in diesen Jahren der hat nach hinten mehr Zeit auch für seine Altersvorsorge etwas aufzubauen. Gesetzlich kann man länger arbeiten. Aber die Tarifverträge sehen eben vor, dass man mit 65 aus dem Arbeitsleben heraus muss. Aber da wird man mehr Flexibilität brauchen."
Die Grünen behandeln das heiße Thema Renteneintrittsalter in ihrem Wahlmanifest nicht. Und Union und FDP legen das Schwergewicht auf eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch kürzere Ausbildungszeiten. Die FDP will darüber hinaus die Wehrpflicht aussetzen. All dies brächte junge Männer und Frauen schneller ans Geld verdienen und Beiträge zahlen. Ob damit das Renteneintrittsalter bei 65 Jahren bleiben könnte, sagt auch die FDP nicht. Sie will aber, dass jeder nach 45 Beitragsjahren ohne Rentenabschlag in den Ruhestand gehen kann.
Die Höhe der künftigen Renten hängt nicht nur vom Renteneintrittsalter ab. Entscheidend ist auch, wie viel den Beitragszahlern künftig zugemutet werden soll. Nach Berechnungen der Bundesregierung sorgen ihre Reformen dafür, dass der Beitragssatz langfristig von jetzt 19,5 Prozent nicht über 22 Prozent steigt. Das reiche aus, um Rentenkürzungen zu vermeiden, auch wenn das Rentenniveau selber vor allem durch den Nachhaltigkeitsfaktor und die Berücksichtigung der Riesterrente weiter sinkt. Die aktuellen Nullrunden bei den Rentenerhöhungen belegen das eindrucksvoll. Ministerin Schmidt glaubt, mit ihren Reformen die Rente langfristig stabilisiert zu haben:
"Wir haben alles auf den Weg gebracht, was im Bereich der Stabilisierung der Rentenversicherungen notwendig ist. Das entscheidende ist, dass der Arbeitsmarkt in Bewegung kommt und dass auch wieder in die Sozialkassen eingezahlt wird."
CDU/CSU und FDP geht das nicht weit genug. Die Union will den Beitragssatz "längerfristig" bei 19,5 Prozent halten, die FDP streitet für "langfristig" 19 Prozent. Die Konsequenzen erläutert ihr Sozialexperte Daniel Bahr:
"Wir haben gesagt, dass die Priorität die Beitragssatzstabilität haben muss. Das ist Verlässlichkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und daran haben natürlich auch Rentnerinnen und Rentner ein Interesse - und sagen aber auch ganz klar, gerade an die junge Generation, dass Folge einer Beitragssatzstabilität ist, dass wir uns künftig nur noch auf eine Basisrente einstellen können in der gesetzlichen Rentenversicherung. Und die muss ergänzt werden durch private und betriebliche Altersvorsorge. Und die Lebensstandardsicherung wird durch eine Kombination eben aller drei Säulen erreicht werden."
Dass die Privatvorsorge gestärkt werden muss, gehört übrigens zum Credo aller Parteien. Aber ein Beitragssatz von 19 Prozent ist langfristig nur möglich, wenn die Renten deutlich sinken. Das gilt auch für die 19,5 Prozent der Union, wie Ulla Schmidt vorrechnet:
"Schon ihr generelles Konzept, das sie auf ihrem Parteitag in Leipzig verabschiedet hat, sah ja Mindereinnahmen und damit -ausgaben auch in der Rentenversicherung von 20 Milliarden vor. Das ist eine Rentenkürzung um 10 Prozent. Und wenn das jetzt noch schneller kommen soll, dann kann man nur sagen: Wenn die Union das Sagen hat, dann geht’s den Rentnerinnen und Rentnern schlecht in dieser Republik."
Das bestätigt auch der Chef der Fünf Weisen Bert Rürup. Ein Beitragssatz von 19,5 Prozent über das Jahr 2020 hinaus würde danach das Nettorentenniveau um zehn Prozent senken. Rentenkürzungen allerdings will die Union vermeiden. Kanzlerkandidatin Angela Merkel antwortet auf den Vorhalt, dass ihr Rentenkonzept nur durch ein weiteres Herunterfahren der Renten finanzierbar sei:
"Nein, diese Konsequenz muss man nicht ziehen; wenn wir auf Wachstum setzen, wenn wir sagen wir wollen den Trend, dass wir dauerhaft Arbeitsplätze verlieren, stoppen."
Dass es deutlich aufwärts gehen wird auf dem Arbeitsmarkt, ist aber nur eine Hoffnung, auf die auch die anderen Parteien setzen. Denn nur so gibt es genug Beitragszahler. Aber abgesehen davon, dass dies schwer für jede Bundesregierung zu erreichen ist, kann damit die ungünstige demografische Entwicklung nicht voll aufgefangen werden. Andreas Storm, Sozialexperte der Unionsfraktion, korrigiert deshalb indirekt seine Kanzlerkandidatin, wenn er den Vorwurf von Ministerin Schmidt zurück weist, die Union plane mit dem längerfristigen Beitragssatz von 19,5 Prozent Rentenkürzungen:
"Das ist natürlich kompletter Unsinn, was hier Frau Schmidt erklärt. Dass wir im Jahr 2030 natürlich ein Stück weit über der 20-Prozent-Marke beim Beitrag liegen werden, da sind sich alle Experten und natürlich auch alle Rentenpolitiker der Union einig."
Es geht offenbar um die Interpretation, was ein längerfristig stabiler Beitragssatz ist, wie er im Unionsprogramm versprochen wird. Und da ist Storm deutlich vorsichtiger als die CDU-Chefin. Aber reicht das alles wirklich, um die Rentenfinanzen langfristig zu sichern? Oder sind neben der ausstehenden Entscheidung über das Renteneintrittsalter sowie dem bereits beschlossenen Auslaufen von Frühverrentung und Vorruhestand noch weitere Maßnahmen nötig? Die Wahlprogramme - mit Ausnahme der Linkspartei - geben darüber keine Auskunft. Ulla Schmidt glaubt, mit ihren Reformen die Rentenfinanzen auf lange Zeit gesichert zu haben. Ihr Parteifreund Klaus Kirschner, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Gesundheit und Soziales sieht das anders:
"Wir können so nicht über Rentenversicherungsbeiträge weiterhin diesen Ost-West-Transfer in dieser Größenordnung machen. Von 1991 bis 2004 haben wir ein West-Ost-Saldo von 59 Milliarden Euro. Das heißt hier ist ein Bundeszuschuss einfach ein höherer notwendig, damit eben hier letztendlich auch ein gewisser Ausgleich erfolgt. Und dann ist aus meiner Sicht notwendig einfach eine Erwerbstätigenversicherung."
Allerdings steht kein Wort davon im SPD-Wahlprogramm. Die Grünen und die Linkspartei aber streiten ebenfalls für die - leger gesagt - Bürgerrente, in die dann auch Beamte und Selbständige einzahlen müssten. Dass dies verfassungsrechtlich ein schwieriges Unterfangen ist, wissen die Grünen natürlich. Ihre Sozialexpertin Birgit Bender erklärt:
"Es wäre wünschenswert, dass man eine einheitliche Altersversorgung für alle Menschen schafft. Allerdings sind bei der Alterssicherung dafür die Hürden ungleich höher, weil die Beamten mit ihren Pensionsansprüchen zunächst mal verfassungsrechtlich gesichert sind. Das heißt, man bräuchte eine sehr breite, nämlich verfassungsändernde Mehrheit."
Die Probleme kennt auch Kirschner. Aber er hält eine Erwerbstätigenversicherung für unausweichlich, weil sonst die soziale Spaltung der Gesellschaft im Alter drohe. Dem Sozialdemokraten geht es hier also um Gerechtigkeit:
"Wir werden es den Menschen draußen nicht weiter erklären können, dass das Rentenniveau immer weiter nach unten geht - bei eigener Beitragsleistung - und dass auf der anderen Seite Beamte ohne eigene Beitragsleistung ein erheblich höheres Pensionsniveau haben. Das wird auf Dauer nicht gut gehen."
Bei Ulla Schmidt überwiegen dagegen die Bedenken. Anders als bei der Gesundheit richten sich die Leistungen der Rentenversicherung nach der Beitragshöhe. Da mache es kaum Sinn, eine Bürgerrente einzuführen - ganz abgesehen von den rechtlichen Problemen. Vor allem aber wäre eine Bürgerrente richtig teuer für den Staat, erläutert die Ministerin:
"Die Haushalte müssen heute Pensionslasten tragen und sie müssten dann gleichzeitig für alle auch den halben Arbeitgeberbeitrag zahlen. Kein einziger Finanzminister würde dem zustimmen."
Am weitesten geht die Linkspartei. Sie fordert neben der Einbeziehung aller Erwerbstätigen eine Mindestrente von 800 Euro. Finanziert werden soll das durch das Steuerkonzept, das vermögende zusätzlich zur Kasse bittet, und durch Rentenbeiträge auch auf Kapital- und Mieteinkünfte. Noch entscheidender aber ist, was die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau erläutert:
"Ein dritter Punkt zur Finanzierung wäre die deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze bis zur allmählichen Aufhebung. Natürlich muss hier ein gewisser Vertrauensschutz noch gewährleistet werden. Dann wäre tatsächlich die Finanzierung der Rente - oder um mal einen Spruch eines politischen Konkurrenten zu nehmen, "die Rente ist sicher" tatsächlich auch in Zukunft gewährleistet."
Nach Schweizer Vorbild soll also auf jeden verdienten Euro der Rentenbeitrag fällig werden - allerdings ohne dass die Rente der Reichen entsprechend steigt. So würde deutlich mehr Geld in die Rentenkassen fließen, das später nicht voll als Rente ausgezahlt werden muss. Damit will die Linkspartei - so wörtlich "Menschen mit höheren Einkommen" verstärkt zur Rentenfinanzierung heranziehen. Kirschner meint dazu:
"Das ist zwar mir sehr sympathisch, gebe ich ganz offen zu, würde ich auch sofort unterschreiben. Aber bei der Rechtssprechung, die bei uns gilt, würden wir da keine Chance haben, so etwas vorm Verfassungsgericht durch zu bekommen."
Denn dieses hat die Beitragszahlungen unter einen besonderen Eigentumsschutz gestellt: Bei normaler Lebenserwartung müssen sie später mit der Rente wieder ausgezahlt werden.
Eine weitere Anregung des Bundesverfassungsgerichts, Familien mit Kindern, ebenso wie in der Pflege, auch beim Beitragssatz und nicht nur später bei der Rente besser zu stellen, greift als einzige die Union auf. Denn anders als Kinderlose sorgen Familien mit Kindern zusätzlich auch noch für die Beitragszahler von morgen. Wie das honoriert werden soll, erläutert Storm:
"Wir wollen einen Kinderbonus von 50 Euro für die ab dem 1. Januar 2007 geborenen Kinder einführen, der finanziert wird aus Steuermitteln, die bereit gestellt werden durch die Abschaffung der Eigenheimzulage."
Die Union will mit dem Kinderbonus für jedes Kind bis zum 12. Lebensjahr den monatlichen Rentenbeitrag um 50 Euro kürzen. Dafür soll die Eigenheimzulage auslaufen, die SPD und Grüne allerdings für höhere Bildungsausgaben einsetzen würden. Grüne und FDP bringen noch ein Altersvorsorgekonto ins Spiel, das die Privatvorsorge attraktiver machen soll. Birgit Bender von den Grünen:
"Wenn es nach den Grünen geht, dann würden wir die private Vorsorge in der nächsten Legislaturperiode weiter stärken, indem man ein Altersvorsorgekonto einführt. Darauf könnten die Menschen steuerfrei einzahlen und im Alter dann das Geld wieder entnehmen. Das wäre auch geschützt im Falle der Arbeitslosigkeit."
Alles, was man fürs Alter privat und betrieblich spart, soll auf diesem Konto landen. Es soll vererbbar sein und bei Berufswechsel problemlos mitgenommen werden können. Außer der SPD und der Linkspartei PDS versprechen alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien, die Privatvorsorge, vornehmlich die Riesterrente, weiter zu vereinfachen, um sie attraktiver zu machen. Der FDP-Sozialexperte Daniel Bahr nennt Einzelheiten:
"Es muss Altersvorsorge sein, es muss auf jeden Fall das herauskommen, was ich eingezahlt habe und es darf erst ausgezahlt werden ab dem 60. Lebensjahr, so dass es auch wirklich fürs Alter gedacht ist und nicht für andere Formen. Ich glaube, wenn wir das attraktiver machen, brauchen wir vielleicht gar nicht die Verpflichtung."
Die SPD begnügt sich mit dem Hinweis, dass sie die private und betriebliche Altersvorsorge weiter stärken und fördern wolle. Und für die Linkspartei ist Privatvorsorge gar kein Thema im Wahlprogramm. Vergeblich sucht man auch nach Klarheit über ein Problem, das führende CSU-Politiker in den vergangenen Wochen thematisiert haben und das Daniel Bahr gerade ansprach - nämlich die Frage, ob man angesichts der noch unzureichenden Privatvorsorge vieler Haushalte nicht die Riesterrente oder die Betriebsrente verbindlich vorschreiben soll, also obligatorisch macht. Fragt man nach, bekommt man überall negative Antworten.
Die Grünen wollen den Menschen die Wahlfreiheit lassen. FDP und Union hoffen, durch attraktivere Bedingungen die Riesterrente ans Laufen bringen zu können. Die FDP will zudem die zeitlich befristete Entgeltumwandlung, mit der steuer- und abgabenfrei die betriebliche Altersvorsorge neu zur Blüte gekommen ist, unbefristet verlängern. Das allerdings könnte erhebliche Steuer- und Beitragsausfälle zur Folge haben, die dann Probleme an anderer Stelle auslösen. Kanzler Schröder ist dagegen zufrieden mit dem, wie die Deutschen für ihr Alter vorsorgen - wenn sie es auch nicht vorrangig mit der Riesterrente tun:
"Die Menschen tun das, was wir von ihnen verlangen. Die nehmen ihr Geld, was sie überhaben, und stecken es in private Altersvorsorge."
Aber wie bereits gesagt, festlegen wollen sich die Parteien nicht. Die gesetzliche Verpflichtung zur privaten Altersvorsorge ist also noch nicht vom Tisch. Allerdings stehen die Chancen dafür äußerst schlecht, erläutert der Sprecher des Bundessozialministeriums, Klaus Vater:
"Es gibt rund 4,4 Millionen individuelle Verträge nach Riesterrente. Wer in diesem Bereich ein Obligatorium schaffen wollte, der muss berücksichtigen, dass der Bund in diesem Bereich überhaupt keine Gesetzgebungskompetenz hat. Der Bund hat lediglich eine Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherungen. Zweitens: Etwa 60 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im privaten und auch im öffentlichen Bereich haben Anspruch auf eine Betriebsrente. Wenn man das obligatorisch machen wollte, dann müsste man eine - so sagen die Fachleute - sehr große Bürokratie schaffen, die jeden einzelnen Fall nachprüft: Was hat der schon angelegt, wo hat er das angelegt, wie lange läuft das schon. Das geht also auch nicht. Das wäre, wenn Sie mir die flapsige Bemerkung gestatten, ein fabelhafter Beitrag zur Verbürokratisierung unseres Landes."
Im Wahlprogramm der Union fehlt auch eine Ankündigung von Storm, die der CDU-Politiker aber niemals wiederholt hat: Danach plante die CDU/CSU angeblich die Rentenformel, nach der die Rentenerhöhungen berechnet werden, weiter zu verschärfen. Das aber würde angesichts der Tatsache, dass es auch im kommenden Jahr schon nach geltendem Recht erneut eine Nullrunde für die Rentner geben dürfte, auf Rentenkürzungen hinaus laufen - es sei denn Konjunktur, Beschäftigung und Löhne schnellen unerwartet stark in die Höhe. Der SPD-Sozialexperte Kirschner hat grundsätzliche Bedenken gegen jede weitere Eingriffe in die Rentenhöhe:
"Ein Weg, jetzt Renten zu kürzen, halte ich für fatal. Sonst würde nämlich die Frage ganz schnell gestellt werden, sind Beiträge überhaupt noch verfassungsgemäß, wenn sie nicht mal den mindest eingezahlten Beitrag plus einer kleinen Verzinsung bringen. Denn dann geht die Frage los: Sind das nicht im Grunde genommen verdeckte Steuern? Und dann darf ich so Beiträge nicht mehr erheben."
Indirekt gibt ihm der bekannte Sozialökonom Bernd Raffelhüschen Recht. Der verweist auf die Wirkungen der Rentenreform im Rahmen der Agenda 2010:
"Die lange Frist hat mit dem Nachhaltigkeitsfaktor im Grunde genommen die Basisrente geschaffen schon. Der Nachhaltigkeitsfaktor ist - um es mit Verlaub zu sagen - nichts anderes als die zweitgrößte Rentenkürzung, die wir in der deutschen Geschichte jemals vorgenommen haben - ohne dass wir es gesagt haben."
So war es wohl ein Alleingang von Storm als er den Nachhaltigkeitsfaktor zur Disposition stellte. Inzwischen versichert er unisono mit seiner Kanzlerkandidatin Angela Merkel, dass die Union keine Rente kürzen werde. Sogar die Hartz-Reform will die CDU/CSU dafür nachbessern. Denn durch die Ein-Euro-Jobs sinkt das Lohnniveau so stark ab, dass im kommenden Jahr eine echte, wenn auch minimale Rentenkürzung droht. Das allerdings will auch Rot-Grün nicht zulassen.
Fazit: Das Aufregethema Rente wird in den meisten Wahlprogrammen klein geschrieben. Gerade sieben Sätze ist es der SPD wert, auf 15 bringt es die CDU/CSU. FDP und Linkspartei werden konkreter - auch wenn ihre Konzepte kaum mehrheitsfähig sein dürften. Sieht man einmal von dem Kinderbonus bei der Union ab, dann halten sich die beiden Volksparteien und die GRÜNEN alle Optionen offen.
Aber, so fragt sich inzwischen mancher Beitragszahler, wie viel werde ich später herausbekommen - und wann beginnt die Rentenzahlung? Und bei Rentnern, die derzeit leidvolle Erfahrungen mit Nullrunden und vollem Pflegebeitrag machen, steigt die Angst vor Rentenkürzungen. Wer nun glaubt, dass vor allem die großen Parteien in ihren Wahlprogrammen darauf konkrete Antworten geben, der irrt. Das viele Menschen bewegende Thema Rente wird eher kurz und lapidar abgehandelt.
Während öffentlich bereits über die Rente mit 70 diskutiert und vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gefordert wird, drücken sich die Parteien in den Wahlprogrammen um eine klare Aussage. Richtig ist, dass der Bundestag beschlossen hat, über den Vorschlag der Rürup-Kommission, stufenweise das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre anzuheben, in der nächsten Legislaturperiode zu entscheiden. Wie - das werden die Wähler wohl abwarten müssen. Denn darüber wird gestritten - auch innerhalb der Volksparteien. Und da man sich noch nicht festlegen muss, tun das die Parteien auch nicht in ihren Wahlprogrammen.
Eine klare Aussage macht allein die Linkspartei. Mit ihr soll es bei der Rente mit 65 bleiben. Nach dem CDU/CSU-Wahlprogramm kommt eine stufenweise Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters dann in Frage, wenn es der Arbeitsmarkt erlaubt. Ob die Union das wirklich tut - und ob das auf ein Alter von 67 oder mehr hinausläuft, das sagt man dem Wähler nicht. Die SPD erklärt lediglich, dass sie das faktische Rentenalter an die geltenden 65 Jahre heranführen will. Bessere Beschäftigungschancen für Ältere sind aber ein Ziel, das alle Parteien eint. Kanzler Gerhard Schröder ist da schon mutiger, stützt den Vorschlag der Rürup-Kommission:
"Wir müssen - von 2011 angefangen bis 2035 - jedes Jahr einen Monat zugeben. Also nicht jetzt irgend etwas machen, sondern sehr langsam und entsprechend der Entwicklung, der Situation. Das ist eine Position, die ich nach wie vor für richtig halte und die ich immer vertreten würde. Das wird auch gemacht werden."
Das allerdings trifft selbst bei seiner Sozialministerin Ulla Schmidt auf Skepsis. Eine Folge der Heraufsetzung des Renteneintrittsalters wäre nämlich, dass alle, die vorher in Rente gehen oder sogar gehen müssen, erhebliche Abschläge hinnehmen müssten, wenn es etwa auf dem Arbeitsmarkt keine Jobs für 65- oder gar 67-Jährige gibt. Auch deshalb denkt die Ministerin darüber nach, wie man zu flexibleren Lösungen kommen könnte:
"Muss es denn eine starre Altersgrenze geben für alle, oder schaffen wir es, weitere Korridore auch zu öffnen. Meine Enkelkinder können 100 werden. Dann muss man sich wirklich fragen, ob denn alles zwischen 20 und 40 passieren muss, was ich im Leben brauche, was wichtig ist: Familie gründen, die Ausbildung machen, wenn ich Karriere machen will, die Altersvorsorge. Oder ob wir nicht sagen, wer sich Zeit für Familie nimmt in diesen Jahren der hat nach hinten mehr Zeit auch für seine Altersvorsorge etwas aufzubauen. Gesetzlich kann man länger arbeiten. Aber die Tarifverträge sehen eben vor, dass man mit 65 aus dem Arbeitsleben heraus muss. Aber da wird man mehr Flexibilität brauchen."
Die Grünen behandeln das heiße Thema Renteneintrittsalter in ihrem Wahlmanifest nicht. Und Union und FDP legen das Schwergewicht auf eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch kürzere Ausbildungszeiten. Die FDP will darüber hinaus die Wehrpflicht aussetzen. All dies brächte junge Männer und Frauen schneller ans Geld verdienen und Beiträge zahlen. Ob damit das Renteneintrittsalter bei 65 Jahren bleiben könnte, sagt auch die FDP nicht. Sie will aber, dass jeder nach 45 Beitragsjahren ohne Rentenabschlag in den Ruhestand gehen kann.
Die Höhe der künftigen Renten hängt nicht nur vom Renteneintrittsalter ab. Entscheidend ist auch, wie viel den Beitragszahlern künftig zugemutet werden soll. Nach Berechnungen der Bundesregierung sorgen ihre Reformen dafür, dass der Beitragssatz langfristig von jetzt 19,5 Prozent nicht über 22 Prozent steigt. Das reiche aus, um Rentenkürzungen zu vermeiden, auch wenn das Rentenniveau selber vor allem durch den Nachhaltigkeitsfaktor und die Berücksichtigung der Riesterrente weiter sinkt. Die aktuellen Nullrunden bei den Rentenerhöhungen belegen das eindrucksvoll. Ministerin Schmidt glaubt, mit ihren Reformen die Rente langfristig stabilisiert zu haben:
"Wir haben alles auf den Weg gebracht, was im Bereich der Stabilisierung der Rentenversicherungen notwendig ist. Das entscheidende ist, dass der Arbeitsmarkt in Bewegung kommt und dass auch wieder in die Sozialkassen eingezahlt wird."
CDU/CSU und FDP geht das nicht weit genug. Die Union will den Beitragssatz "längerfristig" bei 19,5 Prozent halten, die FDP streitet für "langfristig" 19 Prozent. Die Konsequenzen erläutert ihr Sozialexperte Daniel Bahr:
"Wir haben gesagt, dass die Priorität die Beitragssatzstabilität haben muss. Das ist Verlässlichkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und daran haben natürlich auch Rentnerinnen und Rentner ein Interesse - und sagen aber auch ganz klar, gerade an die junge Generation, dass Folge einer Beitragssatzstabilität ist, dass wir uns künftig nur noch auf eine Basisrente einstellen können in der gesetzlichen Rentenversicherung. Und die muss ergänzt werden durch private und betriebliche Altersvorsorge. Und die Lebensstandardsicherung wird durch eine Kombination eben aller drei Säulen erreicht werden."
Dass die Privatvorsorge gestärkt werden muss, gehört übrigens zum Credo aller Parteien. Aber ein Beitragssatz von 19 Prozent ist langfristig nur möglich, wenn die Renten deutlich sinken. Das gilt auch für die 19,5 Prozent der Union, wie Ulla Schmidt vorrechnet:
"Schon ihr generelles Konzept, das sie auf ihrem Parteitag in Leipzig verabschiedet hat, sah ja Mindereinnahmen und damit -ausgaben auch in der Rentenversicherung von 20 Milliarden vor. Das ist eine Rentenkürzung um 10 Prozent. Und wenn das jetzt noch schneller kommen soll, dann kann man nur sagen: Wenn die Union das Sagen hat, dann geht’s den Rentnerinnen und Rentnern schlecht in dieser Republik."
Das bestätigt auch der Chef der Fünf Weisen Bert Rürup. Ein Beitragssatz von 19,5 Prozent über das Jahr 2020 hinaus würde danach das Nettorentenniveau um zehn Prozent senken. Rentenkürzungen allerdings will die Union vermeiden. Kanzlerkandidatin Angela Merkel antwortet auf den Vorhalt, dass ihr Rentenkonzept nur durch ein weiteres Herunterfahren der Renten finanzierbar sei:
"Nein, diese Konsequenz muss man nicht ziehen; wenn wir auf Wachstum setzen, wenn wir sagen wir wollen den Trend, dass wir dauerhaft Arbeitsplätze verlieren, stoppen."
Dass es deutlich aufwärts gehen wird auf dem Arbeitsmarkt, ist aber nur eine Hoffnung, auf die auch die anderen Parteien setzen. Denn nur so gibt es genug Beitragszahler. Aber abgesehen davon, dass dies schwer für jede Bundesregierung zu erreichen ist, kann damit die ungünstige demografische Entwicklung nicht voll aufgefangen werden. Andreas Storm, Sozialexperte der Unionsfraktion, korrigiert deshalb indirekt seine Kanzlerkandidatin, wenn er den Vorwurf von Ministerin Schmidt zurück weist, die Union plane mit dem längerfristigen Beitragssatz von 19,5 Prozent Rentenkürzungen:
"Das ist natürlich kompletter Unsinn, was hier Frau Schmidt erklärt. Dass wir im Jahr 2030 natürlich ein Stück weit über der 20-Prozent-Marke beim Beitrag liegen werden, da sind sich alle Experten und natürlich auch alle Rentenpolitiker der Union einig."
Es geht offenbar um die Interpretation, was ein längerfristig stabiler Beitragssatz ist, wie er im Unionsprogramm versprochen wird. Und da ist Storm deutlich vorsichtiger als die CDU-Chefin. Aber reicht das alles wirklich, um die Rentenfinanzen langfristig zu sichern? Oder sind neben der ausstehenden Entscheidung über das Renteneintrittsalter sowie dem bereits beschlossenen Auslaufen von Frühverrentung und Vorruhestand noch weitere Maßnahmen nötig? Die Wahlprogramme - mit Ausnahme der Linkspartei - geben darüber keine Auskunft. Ulla Schmidt glaubt, mit ihren Reformen die Rentenfinanzen auf lange Zeit gesichert zu haben. Ihr Parteifreund Klaus Kirschner, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Gesundheit und Soziales sieht das anders:
"Wir können so nicht über Rentenversicherungsbeiträge weiterhin diesen Ost-West-Transfer in dieser Größenordnung machen. Von 1991 bis 2004 haben wir ein West-Ost-Saldo von 59 Milliarden Euro. Das heißt hier ist ein Bundeszuschuss einfach ein höherer notwendig, damit eben hier letztendlich auch ein gewisser Ausgleich erfolgt. Und dann ist aus meiner Sicht notwendig einfach eine Erwerbstätigenversicherung."
Allerdings steht kein Wort davon im SPD-Wahlprogramm. Die Grünen und die Linkspartei aber streiten ebenfalls für die - leger gesagt - Bürgerrente, in die dann auch Beamte und Selbständige einzahlen müssten. Dass dies verfassungsrechtlich ein schwieriges Unterfangen ist, wissen die Grünen natürlich. Ihre Sozialexpertin Birgit Bender erklärt:
"Es wäre wünschenswert, dass man eine einheitliche Altersversorgung für alle Menschen schafft. Allerdings sind bei der Alterssicherung dafür die Hürden ungleich höher, weil die Beamten mit ihren Pensionsansprüchen zunächst mal verfassungsrechtlich gesichert sind. Das heißt, man bräuchte eine sehr breite, nämlich verfassungsändernde Mehrheit."
Die Probleme kennt auch Kirschner. Aber er hält eine Erwerbstätigenversicherung für unausweichlich, weil sonst die soziale Spaltung der Gesellschaft im Alter drohe. Dem Sozialdemokraten geht es hier also um Gerechtigkeit:
"Wir werden es den Menschen draußen nicht weiter erklären können, dass das Rentenniveau immer weiter nach unten geht - bei eigener Beitragsleistung - und dass auf der anderen Seite Beamte ohne eigene Beitragsleistung ein erheblich höheres Pensionsniveau haben. Das wird auf Dauer nicht gut gehen."
Bei Ulla Schmidt überwiegen dagegen die Bedenken. Anders als bei der Gesundheit richten sich die Leistungen der Rentenversicherung nach der Beitragshöhe. Da mache es kaum Sinn, eine Bürgerrente einzuführen - ganz abgesehen von den rechtlichen Problemen. Vor allem aber wäre eine Bürgerrente richtig teuer für den Staat, erläutert die Ministerin:
"Die Haushalte müssen heute Pensionslasten tragen und sie müssten dann gleichzeitig für alle auch den halben Arbeitgeberbeitrag zahlen. Kein einziger Finanzminister würde dem zustimmen."
Am weitesten geht die Linkspartei. Sie fordert neben der Einbeziehung aller Erwerbstätigen eine Mindestrente von 800 Euro. Finanziert werden soll das durch das Steuerkonzept, das vermögende zusätzlich zur Kasse bittet, und durch Rentenbeiträge auch auf Kapital- und Mieteinkünfte. Noch entscheidender aber ist, was die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau erläutert:
"Ein dritter Punkt zur Finanzierung wäre die deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze bis zur allmählichen Aufhebung. Natürlich muss hier ein gewisser Vertrauensschutz noch gewährleistet werden. Dann wäre tatsächlich die Finanzierung der Rente - oder um mal einen Spruch eines politischen Konkurrenten zu nehmen, "die Rente ist sicher" tatsächlich auch in Zukunft gewährleistet."
Nach Schweizer Vorbild soll also auf jeden verdienten Euro der Rentenbeitrag fällig werden - allerdings ohne dass die Rente der Reichen entsprechend steigt. So würde deutlich mehr Geld in die Rentenkassen fließen, das später nicht voll als Rente ausgezahlt werden muss. Damit will die Linkspartei - so wörtlich "Menschen mit höheren Einkommen" verstärkt zur Rentenfinanzierung heranziehen. Kirschner meint dazu:
"Das ist zwar mir sehr sympathisch, gebe ich ganz offen zu, würde ich auch sofort unterschreiben. Aber bei der Rechtssprechung, die bei uns gilt, würden wir da keine Chance haben, so etwas vorm Verfassungsgericht durch zu bekommen."
Denn dieses hat die Beitragszahlungen unter einen besonderen Eigentumsschutz gestellt: Bei normaler Lebenserwartung müssen sie später mit der Rente wieder ausgezahlt werden.
Eine weitere Anregung des Bundesverfassungsgerichts, Familien mit Kindern, ebenso wie in der Pflege, auch beim Beitragssatz und nicht nur später bei der Rente besser zu stellen, greift als einzige die Union auf. Denn anders als Kinderlose sorgen Familien mit Kindern zusätzlich auch noch für die Beitragszahler von morgen. Wie das honoriert werden soll, erläutert Storm:
"Wir wollen einen Kinderbonus von 50 Euro für die ab dem 1. Januar 2007 geborenen Kinder einführen, der finanziert wird aus Steuermitteln, die bereit gestellt werden durch die Abschaffung der Eigenheimzulage."
Die Union will mit dem Kinderbonus für jedes Kind bis zum 12. Lebensjahr den monatlichen Rentenbeitrag um 50 Euro kürzen. Dafür soll die Eigenheimzulage auslaufen, die SPD und Grüne allerdings für höhere Bildungsausgaben einsetzen würden. Grüne und FDP bringen noch ein Altersvorsorgekonto ins Spiel, das die Privatvorsorge attraktiver machen soll. Birgit Bender von den Grünen:
"Wenn es nach den Grünen geht, dann würden wir die private Vorsorge in der nächsten Legislaturperiode weiter stärken, indem man ein Altersvorsorgekonto einführt. Darauf könnten die Menschen steuerfrei einzahlen und im Alter dann das Geld wieder entnehmen. Das wäre auch geschützt im Falle der Arbeitslosigkeit."
Alles, was man fürs Alter privat und betrieblich spart, soll auf diesem Konto landen. Es soll vererbbar sein und bei Berufswechsel problemlos mitgenommen werden können. Außer der SPD und der Linkspartei PDS versprechen alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien, die Privatvorsorge, vornehmlich die Riesterrente, weiter zu vereinfachen, um sie attraktiver zu machen. Der FDP-Sozialexperte Daniel Bahr nennt Einzelheiten:
"Es muss Altersvorsorge sein, es muss auf jeden Fall das herauskommen, was ich eingezahlt habe und es darf erst ausgezahlt werden ab dem 60. Lebensjahr, so dass es auch wirklich fürs Alter gedacht ist und nicht für andere Formen. Ich glaube, wenn wir das attraktiver machen, brauchen wir vielleicht gar nicht die Verpflichtung."
Die SPD begnügt sich mit dem Hinweis, dass sie die private und betriebliche Altersvorsorge weiter stärken und fördern wolle. Und für die Linkspartei ist Privatvorsorge gar kein Thema im Wahlprogramm. Vergeblich sucht man auch nach Klarheit über ein Problem, das führende CSU-Politiker in den vergangenen Wochen thematisiert haben und das Daniel Bahr gerade ansprach - nämlich die Frage, ob man angesichts der noch unzureichenden Privatvorsorge vieler Haushalte nicht die Riesterrente oder die Betriebsrente verbindlich vorschreiben soll, also obligatorisch macht. Fragt man nach, bekommt man überall negative Antworten.
Die Grünen wollen den Menschen die Wahlfreiheit lassen. FDP und Union hoffen, durch attraktivere Bedingungen die Riesterrente ans Laufen bringen zu können. Die FDP will zudem die zeitlich befristete Entgeltumwandlung, mit der steuer- und abgabenfrei die betriebliche Altersvorsorge neu zur Blüte gekommen ist, unbefristet verlängern. Das allerdings könnte erhebliche Steuer- und Beitragsausfälle zur Folge haben, die dann Probleme an anderer Stelle auslösen. Kanzler Schröder ist dagegen zufrieden mit dem, wie die Deutschen für ihr Alter vorsorgen - wenn sie es auch nicht vorrangig mit der Riesterrente tun:
"Die Menschen tun das, was wir von ihnen verlangen. Die nehmen ihr Geld, was sie überhaben, und stecken es in private Altersvorsorge."
Aber wie bereits gesagt, festlegen wollen sich die Parteien nicht. Die gesetzliche Verpflichtung zur privaten Altersvorsorge ist also noch nicht vom Tisch. Allerdings stehen die Chancen dafür äußerst schlecht, erläutert der Sprecher des Bundessozialministeriums, Klaus Vater:
"Es gibt rund 4,4 Millionen individuelle Verträge nach Riesterrente. Wer in diesem Bereich ein Obligatorium schaffen wollte, der muss berücksichtigen, dass der Bund in diesem Bereich überhaupt keine Gesetzgebungskompetenz hat. Der Bund hat lediglich eine Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherungen. Zweitens: Etwa 60 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im privaten und auch im öffentlichen Bereich haben Anspruch auf eine Betriebsrente. Wenn man das obligatorisch machen wollte, dann müsste man eine - so sagen die Fachleute - sehr große Bürokratie schaffen, die jeden einzelnen Fall nachprüft: Was hat der schon angelegt, wo hat er das angelegt, wie lange läuft das schon. Das geht also auch nicht. Das wäre, wenn Sie mir die flapsige Bemerkung gestatten, ein fabelhafter Beitrag zur Verbürokratisierung unseres Landes."
Im Wahlprogramm der Union fehlt auch eine Ankündigung von Storm, die der CDU-Politiker aber niemals wiederholt hat: Danach plante die CDU/CSU angeblich die Rentenformel, nach der die Rentenerhöhungen berechnet werden, weiter zu verschärfen. Das aber würde angesichts der Tatsache, dass es auch im kommenden Jahr schon nach geltendem Recht erneut eine Nullrunde für die Rentner geben dürfte, auf Rentenkürzungen hinaus laufen - es sei denn Konjunktur, Beschäftigung und Löhne schnellen unerwartet stark in die Höhe. Der SPD-Sozialexperte Kirschner hat grundsätzliche Bedenken gegen jede weitere Eingriffe in die Rentenhöhe:
"Ein Weg, jetzt Renten zu kürzen, halte ich für fatal. Sonst würde nämlich die Frage ganz schnell gestellt werden, sind Beiträge überhaupt noch verfassungsgemäß, wenn sie nicht mal den mindest eingezahlten Beitrag plus einer kleinen Verzinsung bringen. Denn dann geht die Frage los: Sind das nicht im Grunde genommen verdeckte Steuern? Und dann darf ich so Beiträge nicht mehr erheben."
Indirekt gibt ihm der bekannte Sozialökonom Bernd Raffelhüschen Recht. Der verweist auf die Wirkungen der Rentenreform im Rahmen der Agenda 2010:
"Die lange Frist hat mit dem Nachhaltigkeitsfaktor im Grunde genommen die Basisrente geschaffen schon. Der Nachhaltigkeitsfaktor ist - um es mit Verlaub zu sagen - nichts anderes als die zweitgrößte Rentenkürzung, die wir in der deutschen Geschichte jemals vorgenommen haben - ohne dass wir es gesagt haben."
So war es wohl ein Alleingang von Storm als er den Nachhaltigkeitsfaktor zur Disposition stellte. Inzwischen versichert er unisono mit seiner Kanzlerkandidatin Angela Merkel, dass die Union keine Rente kürzen werde. Sogar die Hartz-Reform will die CDU/CSU dafür nachbessern. Denn durch die Ein-Euro-Jobs sinkt das Lohnniveau so stark ab, dass im kommenden Jahr eine echte, wenn auch minimale Rentenkürzung droht. Das allerdings will auch Rot-Grün nicht zulassen.
Fazit: Das Aufregethema Rente wird in den meisten Wahlprogrammen klein geschrieben. Gerade sieben Sätze ist es der SPD wert, auf 15 bringt es die CDU/CSU. FDP und Linkspartei werden konkreter - auch wenn ihre Konzepte kaum mehrheitsfähig sein dürften. Sieht man einmal von dem Kinderbonus bei der Union ab, dann halten sich die beiden Volksparteien und die GRÜNEN alle Optionen offen.