Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Wahlkampf im Web

Dieser US-Wahlkampf zeigt wie kein anderer, dass politische Kommunikation im Zeitalter des Internets neue Wege eingeschlagen hat: Beide Präsidentschaftskandidaten platzieren ihre Botschaften auf eigenen audiovisuellen Webseiten. Ungefiltert am Journalismus vorbei erzählen sie dort ihre eigenen Geschichten. Mit dem Network Campaigning versucht Barack Obama, Netzwerke junger Unterstützer aufzubauen - ähnlich wie man sie von Myspace und Facebook kennt.

Von Eleni Klotsikas | 25.10.2008
    "Go,Go,Go Obama!"

    Eine Auswahl von zwölf Klingeltönen macht die Wahl nicht einfach.

    "Hi, this is Barack Obama, I ask you to answer the call. Help change America!"

    Auf barackobama.com gratis zum herunterladen: Eines von vielen Beispielen für die Multimedialität von Obamas Kampagnenmanagment, das vor allem junge Wähler unter 30 anspricht.

    "This Group will elect the next President in the United States."

    Diese Zielgruppe wird nach Auffassung von John Della Volpe, Direktor für Umfragen an der Havard Universität in den USA, den Ausgang der Wahlen entscheiden.

    "Der Hauptgrund für das Wiederauferstehen der jungen Leute in diesem Wahlkampf ist der Einsatz neuer Technologien. Obama setzt diese ein, um Millionen von Amerikanern aktiv in seine Kampagne mit einzubeziehen."

    Millionen haben sich mit ihren E-Mails und Handynummern auf Obamas Webseite eingetragen. Sie erhalten fast täglich elektronische Post von ihm, in der er sie selbstverständlich mit Vornamen anspricht. Über wichtige Entscheidungen, wie zum Beispiel die Nominierung von Joe Biden zum Vizepräsidenten, unterrichtet Obama alle zu seinem Netzwerk Zugehörigen per SMS, noch bevor die Presse davon erfährt.

    Unter mybarackobama.com kann man sich sogar sein eigenes Profil anlegen, ein Blog schreiben, sich Freunden und Gruppen anschließen. In einem Videopodcast auf der Webseite zeigt eine hübsche, Anfang 20-Jährige, wie das funktioniert:

    "Hallo! Ich bin Amy und ich manage my.barackobama.com, unsere Online-Community mit über einer Million Usern. Heute gebe ich euch eine kleine Einweisung in MyBo und zeige euch ein paar Tools, die ihr benutzen könnt, um eure Community für Barack zu organisieren, damit er zum Präsidenten gewählt wird."

    Das erinnert nicht durch Zufall an die Social-Networkingseite Facebook, denn einer seiner Wahlkampfmitarbeiter hat Facebook mit aufgebaut, sagt John Della Volpe.

    "Er ist derjenige, der im Wahlkampf am meisten ins Internet investiert und in junge Wähler. Während 2007 alle Wahlkampfteams mit ein bis zwei Jugendspezialisten arbeiten, startete Obama mit 15 in seinem Team."

    Auch John McCain setzt auf das Internet. Den interaktiven Netzwerkcharakter hat seine Webseite jedoch nicht erlangt. In Sachen Videopodcast steht sie der von Obama jedoch in nichts nach. Unter der Rubrik "Multimedia" hat John McCain über 100 Kampagnenvideos mit seinen Botschaften veröffentlicht. Nur ein Bruchteil davon sind klassische Spots, die auch im Fernsehen geschaltet werden. Auf der Eingangsseite feiert sich der Kandidat der Republikaner mit einem Video als Vietnamheld und Patriot.

    "It was a time of uncertainty, hope and change, the summer of love. Half a world away another kind of love, country love! John McCain."

    Unter Barack-TV findet man auch auf der Obama-Webseite zahlreiche Videobotschaften, darunter auch hollywoodähnliche Filme, in denen die Story des volksnahen afroamerikanischen Selfmademan mit Havardabschluss erzählt wird:

    "I was raised by single mom and my grandparents. They didn’t have money, but they gave me love and education."

    Mit ihren eigenen Online-Videochannels reagieren die beiden Kandidaten ständig auf die Äußerungen des anderen. Auch für die Negativkampagne, in der John McCain versuchte, Barack Obama in die Nähe von Terroristen zu rücken, wurde eigens ein Videopostcast produziert.

    "Barack Obama and domestic terrorist Bill Ayers: Friends! They have worked together for years, but Obama tries to hide it!"

    Nachhelfen sollten Telefonanrufe, in dem McCains Wahlkampfhelfer Wähler davon überzeugen sollten, dass Obama mit Bill Ayers, einem vermeintlichen Terroristen befreundet sei. Auch sogenannte Robocalls, automatisierte Marketinganrufe, in der sich eine Computerstimme meldet, wurden dafür eingesetzt.

    Doch Barack Obama antwortete diesmal nicht mit einem persönlichen Video auf diese Aktion, sondern ließ auf seinem YouTube-Kanal Leute zu Wort kommen, die das kritisierten:

    "Die Leute mögen nicht diese Robocalls von McCain. Sie mögen die postive Botschaften von Obama."
    "Wir haben letzte Nacht einen Anruf von der McCain-Kampagne erhalten. Sie haben meine Frau gefragt, ob sie McCain unterstützt. Und sie hat Nein gesagt, sie sei für Obama. Dann wurde sie gefragt, ob sie wüsste, dass die Politik Obamas der von Fidel Castro gleicht. Meine Frau war empört und hat aufgelegt."

    Noch zehn Tage bleiben bis zur Wahl. Der Web-Wahlkampf hat besonders in seiner heißen Phase seinen Höhepunkt erreicht.