Mittwoch, 08. Mai 2024

Türkei
Wahlkampf zu Ende gegangen - Erdogan wirft USA Umsturz-Absichten vor

In der Türkei finden morgen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Rund 64 Millionen Wahlberechtigte sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Präsident Erdogan ist seit 2014 im Amt. Davor war er elf Jahre lang Ministerpräsident. In Umfragen lag er hinter seinem Herausforderer Kilicdaroglu.

17.05.2023
    Wahlplakate des Herausforderers Kemal Kılıçdaroğlu (CHP) und des amtierenden türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Ankara
    Wahlplakate des Herausforderers Kemal Kılıçdaroğlu (CHP) und des amtierenden türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Ankara (IMAGO / ZUMA Wire / IMAGO / Tunahan Turhan)
    Auf einer Kundgebung in Istanbul behauptete Präsident Erdogan am Abend, die USA hätten den Befehl gegeben, ihn zu stürzen. Seine Behauptungen belegte er nicht. Erdogans Herausforderer Kilicdaroglu besuchte am Tag vor den Wahlen das Mausoleum von Kemal Atatürk, dem Gründer der modernen Türkei.
    Türkische Staatsbürger in Deutschland hatten bereits die Gelegenheit zu wählen. Erhält kein Kandidat die absolute Mehrheit, kommt es am 28. Mai zu einer Stichwahl. Neben dem Präsidenten wird auch das Parlament neu gewählt. Erdogans islamisch-konservative AKP tritt zusammen mit der nationalistischen MHP gegen ein von Kilicdaroglu angeführtes Sechser-Bündnis an. Stärkste Kraft dieses Bündnisses ist die säkuläre Republikanische Volkspartei CHP von Kilicdaroglu. Die Wahllokale öffnen um sieben Uhr mitteleuropäischer Zeit und schließen um 16 Uhr.

    Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland rechnet mit friedlicher Machtübergabe

    Der Co-Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Sofuoglu, rechnet mit einem Sieg des Oppositionskandidaten Kilicdaroglu und einem friedlichen Machtwechsel in der Türkei. Sofuoglu betonte im Interview der Woche des Deutschlandfunks, sollte der Abstand beider Lager bei der Wahl in der Türkei nur gering sein, werde man womöglich eine Situation wie bei der Kommunalwahl 2019 in Istanbul erleben. Damals hatte der Kandidat der sozialdemokratischen Oppositionspartei CHP, Imamoglu, die Abstimmung gewonnen. Allerdings erklärte die Wahlkommission den Sieg für ungültig, nachdem die Regierungspartei AKP dagegen geklagt hatte. Sofuoglu sagte, die Opposition lasse sich jetzt nicht mehr alles gefallen.
    Sollte es bei der Präsidentschaftswahl zu einer Stichwahl kommen, dürften nach Ansicht von Sofuoglu die in Deutschland rund 1,5 Millionen wahlberechtigten Türken eine wichtige Rolle spielen. Hier erwartet Sofuoglu eine Mehrheit für Erdogan. Für Unterstützer von Präsident Erdogan sei die Frage der Menschenrechte in der Türkei zweitrangig, betonte Sofuoglu. Ihnen gehe es darum, dass die Türkei durch Erdogan eine führende Rolle in der Region und in der Welt habe. Allerdings habe das schlechte Krisenmanagement beim starken Erdbeben im Februar mit mehr als 50.000 Toten Erdogan viele Stimmen und Sympathien gekostet, auch in Deutschland, so Sofuoglu.

    Wahlbeobachter sehen enges Rennen

    Die Wahlbeobachterin Gyde Jensen sprach im Deutschlandfunk von einem engen Rennen bei der Wahl zwischen Erdogan und seinem Herausforderer Kilicdaroglu. Die FDP-Politikerin wird die Wahl in der türkischen Hauptstadt Ankara beobachten. Auf Einladung des Landes sei eine Beobachtungsmission des Europarats und eine der OSZE dabei, sagte Jensen. Zweier-Teams würden, zusammen mit einem Dolmetscher, in ein gutes Dutzend Wahllokale in der Türkei gehen. Sollten die Beobachter Unregelmäßigkeiten bemerken, dürften sie aber nicht einschreiten, sondern nur einen Vermerk schreiben.
    Das komplette Interview der Woche mit Gökay Sofuoglu können Sie am Sonntag um 11:05 Uhr im Deutschlandfunk hören.
    Diese Nachricht wurde am 13.05.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.