Stefan Koldehoff: Ich bin verbunden mit Hubert Wohlan, dem Leiter der Polen-Redaktion bei der Deutschen Welle in Bonn. Herr Wohlan, was ist da los, warum ist man in Polen so sauer über eine Satire?
Hubert Wohlan: Man hat die Wahrheit mit der Wahrheit verwechselt. Man wusste nicht, dass die letzte Seite der "taz" eben eine Satireseite ist. Das Auswärtige Amt in Polen hat diesen Text, diesen satirischen Text, in der Presseschau des Auswärtigen Amtes veröffentlicht und es sah so aus, als ob es wirklich ein politischer Text wäre. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Polen ist entlassen worden, bis man dann eben in Polen merkte, dass es nicht so ganz ernst sei. Aber das war schon zu spät. Wenn Sie mich nach dem tieferen Grund fragen, dann liegt dieser wohl in der Befindlichkeit der neuen polnischen politischen Elite. Sie ist international sehr wenig erfahren, was Deutschland angeht sehr schwach.
Koldehoff: Das bedeutet, es spielt schon eine besondere Rolle, dass dieser Text nun in einer deutschen Zeitung veröffentlicht worden ist.
Wohlan: Richtig, das Ja. Und außerdem, gerade der Beraterstab und die Leute um den Präsidenten, aber auch um den Premierminister, um den wichtigsten politischen Mann im Lande - der Bruder des Staatspräsidenten, der Jaroslaw Kaczynski heißt - alle die Leute haben relativ wenig mit Deutschland zu tun, haben keine Deutschland-Erfahrung. Die bezichtigen sogar die vorherigen Eliten, der zu großen Nähe zur deutschen Politik und dies machen sie zum Vorwurf.
Koldehoff: Steckt da so etwas wie ein latentes Minderwertigkeitsgefühl dahinter?
Wohlan: Auf jeden Fall, das sind Komplexe.
Koldehoff: Wie ist die Reaktion in der Öffentlichkeit, beispielsweise in der polnischen Presse? Ist ganz Polen beleidigt, oder ist es tatsächlich nur das, was Sie die Führungselite nennen?
Wohlan: Nein und das ist Gott sei Dank etwas ganz Gesundes. Die Leute reagieren vernünftig, die Zeitungen übertreiben nicht - eben auch die wichtigsten Organe im Lande, also die "Gazeta Wyborcza", "Rzeczpospolita", die wichtigsten Zeitungen, haben Gott sei Dank eine sehr distanzierte Berichterstattung dazu. Auch die Presseagentur PAP macht das sehr vernünftig. Interessant ist zum Beispiel - ich war gerade jetzt vor ein paar Minuten auf den Internetseiten und habe mit die Chatseiten bei der "Gazeta Wyborcza" angeschaut: Nette Reaktionen von jungen Leuten, so im Stile, Gott sei Dank, dass ich diesen Präsidenten nicht gewählt habe, und Satire von Wirklichkeit zu unterscheiden ist doch ein Zeichen der Intelligenz, die offensichtlich dem Präsidenten fehlt, und so etwas. Also da sind gesunde Sachen, gesunde Reaktionen, viel besser als die Politik selbst.
Koldehoff: Man mag ja nun darüber streiten, wie geschmackvoll dieser Text über Herrn Kaczynski gewesen ist. Umgekehrt gab es ja auch Nettigkeiten von polnischer an deutsche Seite. Es sei nur daran erinnert, an ein polnisches Magazin, das die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, als NS-Domina auf dem Rücken von Bundeskanzler Gerhard Schröder karikiert hat. Hat man in Polen ein gesundes Verhältnis zur Satire? Kann man damit umgehen?
Wohlan: Also das Land hat natürlich auch Satirezeitungen und hat eigentlich recht gute Erfahrungen. Mich wundert das ein wenig, mich wundert vor allen Dingen das Verhältnis zu Deutschland und zu den Deutschen bei dieser Generation. Das sind, die beiden Politiker, die Brüder Kaczynski und die Berater, das sind Nachkriegsjahrgänge. Beide sind Jahrgang 1949, sind also 57 Jahre alt, sind also keineswegs Leute, die den Krieg erlebt haben. Eher die Versöhnung der 70er und 80er Jahre. Und trotzdem, diese Haltung, die ich nicht nachvollziehen kann.
Koldehoff: Sind denn möglicherweise die Sanktionen in Anführungsstrichen, die da jetzt gegen Deutschland durchgeführt werden, indem man beispielsweise das Treffen absagt, auch Warnungen ans eigene Land? Treibt es nicht zu doll, ihr Satiriker.
Wohlan: Ja, die neue politische Elite hat natürlich schon mächtig die Medienszene aufgewirbelt. Es ist ein neues Mediengesetz verabschiedet worden, es werden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Hörfunk Intendanten ausgewechselt, Rundfunkräte verändert. Es scheint diese politische Elite alle Trümpfe in der Hand zu haben, ob das jetzt so weit geht, dass man die kritisch schreibenden Journalisten an den Pranger stellen wird, öffentlich, und attackieren wird, das wird sich zeigen. Aber dann werden auch die vermeintlichen Freunde in der Intelligenz in Polen, glaube ich, auf die Barrikade gehen.
Hubert Wohlan: Man hat die Wahrheit mit der Wahrheit verwechselt. Man wusste nicht, dass die letzte Seite der "taz" eben eine Satireseite ist. Das Auswärtige Amt in Polen hat diesen Text, diesen satirischen Text, in der Presseschau des Auswärtigen Amtes veröffentlicht und es sah so aus, als ob es wirklich ein politischer Text wäre. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Polen ist entlassen worden, bis man dann eben in Polen merkte, dass es nicht so ganz ernst sei. Aber das war schon zu spät. Wenn Sie mich nach dem tieferen Grund fragen, dann liegt dieser wohl in der Befindlichkeit der neuen polnischen politischen Elite. Sie ist international sehr wenig erfahren, was Deutschland angeht sehr schwach.
Koldehoff: Das bedeutet, es spielt schon eine besondere Rolle, dass dieser Text nun in einer deutschen Zeitung veröffentlicht worden ist.
Wohlan: Richtig, das Ja. Und außerdem, gerade der Beraterstab und die Leute um den Präsidenten, aber auch um den Premierminister, um den wichtigsten politischen Mann im Lande - der Bruder des Staatspräsidenten, der Jaroslaw Kaczynski heißt - alle die Leute haben relativ wenig mit Deutschland zu tun, haben keine Deutschland-Erfahrung. Die bezichtigen sogar die vorherigen Eliten, der zu großen Nähe zur deutschen Politik und dies machen sie zum Vorwurf.
Koldehoff: Steckt da so etwas wie ein latentes Minderwertigkeitsgefühl dahinter?
Wohlan: Auf jeden Fall, das sind Komplexe.
Koldehoff: Wie ist die Reaktion in der Öffentlichkeit, beispielsweise in der polnischen Presse? Ist ganz Polen beleidigt, oder ist es tatsächlich nur das, was Sie die Führungselite nennen?
Wohlan: Nein und das ist Gott sei Dank etwas ganz Gesundes. Die Leute reagieren vernünftig, die Zeitungen übertreiben nicht - eben auch die wichtigsten Organe im Lande, also die "Gazeta Wyborcza", "Rzeczpospolita", die wichtigsten Zeitungen, haben Gott sei Dank eine sehr distanzierte Berichterstattung dazu. Auch die Presseagentur PAP macht das sehr vernünftig. Interessant ist zum Beispiel - ich war gerade jetzt vor ein paar Minuten auf den Internetseiten und habe mit die Chatseiten bei der "Gazeta Wyborcza" angeschaut: Nette Reaktionen von jungen Leuten, so im Stile, Gott sei Dank, dass ich diesen Präsidenten nicht gewählt habe, und Satire von Wirklichkeit zu unterscheiden ist doch ein Zeichen der Intelligenz, die offensichtlich dem Präsidenten fehlt, und so etwas. Also da sind gesunde Sachen, gesunde Reaktionen, viel besser als die Politik selbst.
Koldehoff: Man mag ja nun darüber streiten, wie geschmackvoll dieser Text über Herrn Kaczynski gewesen ist. Umgekehrt gab es ja auch Nettigkeiten von polnischer an deutsche Seite. Es sei nur daran erinnert, an ein polnisches Magazin, das die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, als NS-Domina auf dem Rücken von Bundeskanzler Gerhard Schröder karikiert hat. Hat man in Polen ein gesundes Verhältnis zur Satire? Kann man damit umgehen?
Wohlan: Also das Land hat natürlich auch Satirezeitungen und hat eigentlich recht gute Erfahrungen. Mich wundert das ein wenig, mich wundert vor allen Dingen das Verhältnis zu Deutschland und zu den Deutschen bei dieser Generation. Das sind, die beiden Politiker, die Brüder Kaczynski und die Berater, das sind Nachkriegsjahrgänge. Beide sind Jahrgang 1949, sind also 57 Jahre alt, sind also keineswegs Leute, die den Krieg erlebt haben. Eher die Versöhnung der 70er und 80er Jahre. Und trotzdem, diese Haltung, die ich nicht nachvollziehen kann.
Koldehoff: Sind denn möglicherweise die Sanktionen in Anführungsstrichen, die da jetzt gegen Deutschland durchgeführt werden, indem man beispielsweise das Treffen absagt, auch Warnungen ans eigene Land? Treibt es nicht zu doll, ihr Satiriker.
Wohlan: Ja, die neue politische Elite hat natürlich schon mächtig die Medienszene aufgewirbelt. Es ist ein neues Mediengesetz verabschiedet worden, es werden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Hörfunk Intendanten ausgewechselt, Rundfunkräte verändert. Es scheint diese politische Elite alle Trümpfe in der Hand zu haben, ob das jetzt so weit geht, dass man die kritisch schreibenden Journalisten an den Pranger stellen wird, öffentlich, und attackieren wird, das wird sich zeigen. Aber dann werden auch die vermeintlichen Freunde in der Intelligenz in Polen, glaube ich, auf die Barrikade gehen.