Donnerstag, 02. Mai 2024

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Waidmansheil und -unheil
Jäger und Gejagte in der Musik

Jagdmotive signalisieren nicht nur Mut, Kraft und Glück, sondern auch Bedrohung. Auch Jörg Widmann ließ sich für sein „Jagdquartett“ von 2003 nicht nur von Waldseligkeit inspirieren. Echte Hörner treten in diesem Konzert aber erst in einem Sextett von Beethoven auf.

Am Mikrofon: Uwe Friedrich | 17.03.2019
    Streicher des Rundfunk- Sinfonieorchesters Berlin bei einem Konzert im silent green.
    Kammermusik im Kulturquartier silent green in Berlin. (Kai Bienert)
    Mit dem Thema Jagd begibt sich dieses Konzert in ein dichtes kulturhistorisches Geflecht. Wenn ein so traditionsbewusster Komponist wie Jörg Widmann sich mit seiner Komposition "Jagdquartett" einen klassischen Titel bei Wolfgang Amadeus Mozart leiht, zeugt das allerdings auch von großem Selbstbewusstsein. Das schmetternde Jagdmotiv der aufsteigenden Quinte zeugte in der Musikgeschichte schon immer von Kraft und Mut, kann aber auch Bedrohung und Untergang symbolisieren. Schon Pieter Bruegels "Heimkehr der Jäger", eines der berühmtesten und rätselhaftesten Bilder der Kunstgeschichte, zeugt von Qual und Untergang. Auch in Carl Maria von Webers "Freischütz" stehen die Jäger für ungezügelte Gewalt. Überall hier knüpft Jörg Widmann an, der dem Unheimlichen hinter den scheinbar Fröhlichen nachhorcht. Sein musikalisches Thema allerdings hat er in Robert Schumann Zyklus "Papillons" gefunden, doch bei ihm werden die Jäger schnell zu Gejagten, zersplittern die nur scheinbar heiteren Melodien, bis sie zu tödlicher Konsequenz geführt werden. Während in den Streichquartetten von Mozart und Widmann der Hörnerklang lediglich zitiert und imitiert wird, hat Ludwig van Beethoven das Streichquartett um zwei Hörner erweitert, die in einen regen Wettstreit mit der klassischen Kammermusikformation treten. Auch in dieser Komposition ist durchaus nicht ausgemacht, wer Jäger und wer Gejagter ist, wer sich schließlich gegen die Kontrahenten durchsetzen kann
    Wolfgang Amadeus Mozart
    Streichquartett B-Dur KV 458 ("Jagdquartett")
    Jörg Widmann
    Streichquartett Nr. 3 ("Jagdquartett")
    Ludwig van Beethoven
    Sextett für zwei Hörner und Streichquartett Es-Dur, op. 81b
    Mitglieder des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin:
    Dániel Erber, Horn
    Anne Mentzen, Horn
    Kosuke Yoshikawa, Violine
    Richard Polle, Violine
    Lydia Rinecker, Viola
    Hans-Jakob Eschenburg, Violoncello
    Aufnahme vom 7.3.2019 im silent green Kulturquartier, Berlin