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Walbeobachtung und Walschutz

Wir bleiben beim Thema Artenschutz: Was der Mensch nutzt, das schützt er auch. Wale kann man auf zweierlei Arten nutzen. Man kann sie jagen und essen, dies ist allerdings aus Artenschutz-Gründen streng begrenzt, und man kann sie in freier Wildbahn beobachten. Das letztere ist besonders in Australien und Neu-Seeland populär. Guido Meyer hat sich in Australien unter die Walbeobachter gemischt.

Von Guido Meyer |
    Wir befinden uns in Hervey Bay. Gerade läuft das Boot The Spirit of Hervey Bay aus, auf dem Weg zu einem speziellen Ziel, zu einem lebendigen Objekt. Die Bucht, die Hervey Bay ihren Namen gab, wird nämlich alljährlich von Humpbacks durchquert...

    Die Buckelwale sind mitsamt ihren Jungtieren auf dem Weg von der Antarktis Richtung Norden, wird den rund 30 Bootstouristen hier erklärt. Alljährlich bewältigen sie während dieser 5monatigen Wanderung in wärmere, tropische Gefilde und wieder zurück etwa 10 000 Kilometer. Nachdem die Buckelwal-Population in den 60er Jahren mit nur etwa 400 Tieren ihren Tiefpunkt erreicht hatte, gibt es heute wieder schätzungsweise 2000 Stück. Dennoch gilt ihr Bestand weltweit nach wie vor als gefährdet, werden sie im Roten Buch der World Conservation Union (IUCN) geführt. Warum die Humpback-Whales auf ihrem Seeweg in der Hervey Bay Station machen, weiß niemand so ganz genau. Eine Theorie sagt, die ruhige und warme Bucht diene den Wanderern schlicht als Rastplatz. Die Touristen jedenfalls freut's. Sich einmal fühlen wie Käpt'n Ahab, der Moby Dick, den Weißen Wal, erspähte ...

    Wer Glück hat, bekommt für 40 australische Dollar wirklich aus den Fluten springende Buckelwale zu Gesicht; wer Pech hat, sieht nur deren Rücken mit Schwanzflosse, kann dafür aber in die unterirdischen oder besser in die unterseeischen Räumlichkeiten der Spirit of Hervey Bay absteigen und einen akustischen Eindruck der Unterwasser-Welt bekommen und damit auch von den Konversationsformen von Humpbackwhales, dem Gesang der Wale.

    Der Walgesang muß auf Touristen so wirken wie die Sirenen oder wie die Loreley. Vor zehn Jahren noch waren nur 31 Staaten dabei, wenn es darum ging, Wale zu beobachten. Ein Jahrzehnt später hat sich die Zahl verdreifacht. Die Zahl der Wal-Touristen ist im selben Zeitraum von vier auf über neun Millionen gestiegen. Sie nähern sich in drei Viertel aller Beobachtungsfällen ihren Objekten mit dem Boot, bisweilen aber auch von Land - und etwa 10 000 Schaulustige im Jahr chartern zu diesem Zweck gar ein kleines Flugzeug oder einen Helikopter. Auch wenn also der Wettbewerb immer härter wird und mittlerweile eine regelrechte Rallye um die besten Plätze eingesetzt hat, begrüßen sowohl der Internationale Tierschutzfond als auch die Whale&Dolphin Conservation Society das Whalewatching prinzipiell. Jedenfalls dann, wenn es professionell gemacht wird, also zum Beispiel neben zahlenden Touristen auch Meeresbiologen mit an Bord sind, wie im Falle der australischen Undersea Explorer.

    "Wir nehmen bei jeder Fahrt 18 Passagiere mit, Tauchtouristen, und haben bis zu 4 Meeresbiologen an Bord. Der Ablauf, d.h. die Fahrtroute, ist nicht anders als bei anderen Schiffen auch, nur dass wir das ganze Jahr über, bei jeder Fahrt, zusätzlich meersbiologische Forschungsprojekte haben. Sehr viel hat mit Verhaltensbiologie zu tun. Wir haben ein großes Projekt über Zwergwale z.B. Für diese bestimme Walart - im englischen heißen die auch Minke-Wale - wurden weltweit die ersten Wal-Laute auf der Undersea Explorer aufgenommen und eindeutig diesen Tieren zugeordnet."

    Der deutsche Meeresbiologe Gerd Hägele. Ein weiteres Plus des Whalewatchens: Es hält die Walfänger fern. Beide Aktivitäten nebeneinander sind unvereinbar. Und für das Walbeobachten ist nun einmal das Vorhandensein der Tiere unerlässlich. Mit Whalewatchtouren kann mit den Meeressäugern Geld verdient werden, ohne sie zu töten. Auch die Bewohner der Küstenregionen haben davon einen ökonomischen Gewinn. Und dennoch: Festgelegte Verhaltensregeln für den Umgang mit den Tieren gibt es nicht. Nur eine Art Ehrenkodex. Der verbietet zum Beispiel das Verfolgen der Tiere mit den Booten, abrupte Kursänderungen, das Durchschneiden einer Walgruppe oder das Sich-Nähern auf weniger als hundert Metern - von Anfassen oder Füttern ganz zu schweigen.