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Waldbrände im Sommer, Schlammlawinen im Winter

Nach den zahlreichen Waldbränden im Sommer kämpft das nordwestspanische Galizien nun mit Überschwemmungen in den Dörfern und an den Stränden. Wo die Bäume mit ihren Wurzeln die Muttererde auf den Bergen nicht mehr stabilisieren, schwemmen die heftigen Regenfälle den Boden in die Täler. Dennoch zeigt die Regierung Zapatero, seit 2004 im Amt, kaum Bemühungen, das Kyoto-Protoll zum Klimaschutz einzuhalten.

Von Hans-Günter Kellner |
    Aufräumarbeiten in Cees. Zum vierten Mal in acht Wochen holen Bagger den Schlamm aus Garagen und Schwimmbädern, der über der kleinen galizischen Stadt niedergegangen ist. Vor Jahrzehnten legten die Stadtplaner für neues Bauland mehrere kleine Flüsse in Kanäle unter die Erde. Dennoch ist es bisher nicht zu Schlammlawinen gekommen wie in diesem Jahr. Im Sommer sind in der Region auch rund 90.000 Hektar Wald verbrannt. Bisher verhinderte die jetzt zerstörte Vegetation in den Bergen die Erosion, doch nun spülen die heftigen Regenfälle die Erde in die Dörfer in den Tälern. Angel Rivera vom staatlichen "Meteorologischen Institut" Spaniens sieht darin die lokalen Auswirkungen der globalen Klimaveränderungen:

    "Die Feuchtigkeit in der Luft nimmt ab. Die Studien zum Klimawandel zeigen, dass wir in Südeuropa künftig mit weniger, aber dafür intensiveren Niederschlägen rechnen müssen. Das ist sehr schlecht, denn diese intensiven Regenfälle fördern die Erosion. Die Temperaturen steigen, in Südeuropa stärker als im globalen Durchschnitt."

    Eine im vergangenen Jahr vorgelegte Studie zum Klimawandel und seine Auswirkungen in Spanien geht von einem Temperaturanstieg von zweieinhalb bis dreieinhalb Grad bis zur Mitte dieses Jahrhunderts aus, deutlich mehr als bisher angenommen. Bei Temperaturen von über 40 Grad und extrem niedriger Luftfeuchtigkeit breiten sich Waldbrände fast explosionsartig aus. Zwar werden die meisten der Feuer in Spanien und Portugal absichtlich gelegt. Dennoch sieht der Wissenschaftler einen Zusammenhang mit dem Klimawandel:

    "Wir haben zwei unserer trockensten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen hinter uns. Der Boden ist vollkommen ausgetrocknet. Eine Dürre zündet natürlich nicht die Wälder an. Aber ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass die mit dem Klimawandel zunehmende Trockenheit die Ausbreitung der Waldbrände begünstigt. Hinzu kommt noch eine weitere Veränderung der Niederschläge. Es wird seltener regnen, aber dafür gibt es mehr Unwetter."

    Dennoch scheint das in Spanien kaum jemanden zu kümmern. Die Emissionen des Treibhausgases CO2 haben in Spanien im Vergleich zu 1990 um 53 Prozent zugenommen. Das Kyotoprotokoll erlaubt hingegen nur 15 Prozent. Strom ist um die Hälfte billiger als in Deutschland, so brechen die Spanier im Stromverbrauch dank immer mehr Klimaanlagen in den Wohnungen auch jeden Sommer neue Rekorde. Raquel Montón von Greenpeace fordert von der spanischen Regierung energischere Reformen in der Energiepolitik und in der Landwirtschaft:

    "Die Aznar-Regierung hatte gehofft, dass Kyoto nicht ratifiziert wird. Aber es wurde ratifiziert. Nach so langer Zeit der völligen Passivität werden wir es sehr schwer haben, die Vorgaben zu erfüllen. Die jetzige Regierung von Rodríguez Zapatero unternimmt zwar erste Schritte, aber nicht mit der Dringlichkeit, wie es das Kyoto-Protokoll und unsere Situation erfordern. Sie ist viel langsamer als sie könnte und als sie sollte."

    Und das, obwohl in Galicien jetzt viele Familien wieder wirtschaftliche Probleme bekommen. Denn nachdem sich die Muschelbestände seit der Tankerkatastrophe vor sechs Jahren mühsam erholt haben, sind sie jetzt unter dem Schlamm und Ruß aus den Bergen erstickt. Diese Frau fragt verzweifelt:

    "Wovon sollen wir denn jetzt leben? Die Bestände hier waren für das Weihnachtsgeschäft gedacht."