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Waldbrände in Portugal
Eine Feuerbrunst wie nie zuvor

Auch in der Nacht hat es in Portugal weitergebrannt. Die Waldbrände im Zentrum des Landes halten nicht nur die Feuerwehrleute, sondern auch die Anwohner in Atem. In der Region Pedrógão Grande stehen die Betroffenen vor dem Nichts.

Von Marc Dugge | 19.06.2017
    Ein Pickup mit mobilem Löschgerät fährt am 19.06.2017 in den frühen Morgenstunden auf einer Straße zwischen den kleinen Ortschaften Casalinho und Enchecamas, etwa 150 Kilometer nordöstlich von Lissabon, (Portugal) auf einer Straße neben brennendem Buschwerk und Bäumen entlang. Der verheerende Waldbrand mit vielen Toten in Portugal ist der Polizei zufolge wohl durch Blitzschlag ausgelöst worden.
    Noch immer brennt das Feuer in Zentral-Portugal an vier Fronten, zwei davon sind sehr massiv (dpa / Peter Kneffel)
    Für Paolo Silva sind Waldbrände nichts Ungewöhnliches. Immer wieder im Sommer brennt es hier, in den Wäldern rund um sein Dorf Noderinho. Aber diese Feuersbrunst vom Samstagnachmittag - die war was anderes.
    "So einen Brand habe ich noch nie gesehen. Das war nicht mehr normal…ich kann es kaum in Worte fassen. Alles hat gebrannt. Wir hatten hier viele Tote. Da hinten lagen vier auf der Straße, dort drei, da drüben auch drei. Alles Menschen, die fliehen wollten."
    Von den Flammen überrascht und umzingelt
    Überhaupt kamen bei dem Brand viele der Opfer auf der Flucht vor dem Feuer ums Leben. Zahlreiche Menschen hatten am Samstagabend versucht, mit dem Auto über eine Schnellstraße auf sicheres Terrain zu kommen. Im Wald wurden sie von den Flammen überrascht und umzingelt. Eine Anwohnerin, die sich ebenfalls auf den Weg machen wollte, konnte noch rechtzeitig umdrehen:
    "Als wir an die Straße kamen, stand dort schon ein brennendes Auto. Kiefern lagen dort, übereinander gestürzt. Wir kamen da nicht mehr durch."
    Der Feuerwehr bot sich am Sonntag ein schreckliches Bild. Aus den verkohlten Wracks konnte sie die Insassen nur noch tot bergen, unter ihnen auch Kinder. Andere hatten offensichtlich versucht, zu Fuß zu entkommen. Ihre Leichen wurden am Straßenrand gefunden.
    Besonders gefährdete Dörfer sind evakuiert
    Damit ähnliches nicht wieder passieren kann, haben Polizei und Feuerwehr das Brandgebiet weiträumig abgeriegelt. Außerdem haben sie fünf besonders gefährdete Dörfer noch am Abend evakuiert. Ministerpräsident Costa rief die Menschen in der Region auf, den Anweisungen der Sicherheitskräfte Folge zu leisten.
    In der Nacht kämpften weiter Hunderte Feuerwehrleute gegen die Flammen. Am Abend hatte sich Staatssekretär Jorge Gomes vom Innenministerium noch vorsichtig optimistisch gezeigt:
    "Das Feuer brennt noch weiter, an vier Fronten. Zwei von ihnen sind sehr massiv, die beunruhigen uns noch. An den beiden anderen gelingt es uns, die Lage zu stabilisieren. Wir hoffen, dass wir sie so schnell wie möglich löschen können."
    Viel Erfahrung mit Brandbekämpfung
    Jorge Gomes ist sich sicher, dass der Brand durch einen Blitzeinschlag entfacht wurde. Wind aus wechselnden Richtungen, extreme Trockenheit und hohe Temperaturen hätten das übrige getan, dass sich die Flammen rasend schnell ausbreiten konnten. Die Feuerwehr habe dem anfangs nur machtlos zusehen können:
    "Unsere Feuerwehrleute sind wirklich Spezialisten. Portugal hat außergewöhnlich viel Erfahrung bei der Brandbekämpfung. Wir hatten allerdings das Pech, dass das Feuer wegen der Winde außer Kontrolle geriet hat."
    Für das, was die Menschen hier erlebt haben, ist "Pech" allerdings ein viel zu harmloser Ausdruck. In der armen Region stehen die Betroffenen vor dem Nichts, sie haben alles verloren. Das gilt auch für Bauer Paolo Silva. Seine Weinstöcke, Olivenbäume und auch Aprikosenbäume – alles verkohlt. Wichtiger aber ist: Er hat überlebt.
    "Wir müssen jetzt eben wieder von vorn anfangen, Bäume neu pflanzen, unsere Erde neu kultivieren, um unsere Landwirtschaft aufzubauen. Was soll man auch sonst machen?"