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Waldbrand-Risiko
"Wir müssen die Wälder resilienter machen"

Das Risiko für einen Brand ist von Wald zu Wald unterschiedlich: Die Dichte der Baumkronen, die Bodenvegetation, die Zusammensetzung des Baumbestands nehmen Einfluss darauf. Doch eines gilt als sicher: In Zeiten des Klimawandels steigt die Gefahr für Waldbrände.

Von Piotr Heller | 28.07.2019
Baumkronen im Bonner Kottenforst
Fällt wenig Licht durch dichte Baumkronen, ist auch das eine Art Brandschutz (Piotr Heller/Deutschlandradio)
"Hier sehen wir eine Kiefer im Oberstand, unten drunter sind Buchen, hier eine große Eiche. Also hier ist eine Mischung aus Nadelholz mit Laubholz und eben sehr strukturreich und sehr vielfältig der Wald."
Marcus Lindner läuft über einen Waldweg durch den Kottenforst. Es geht von der Landstraße aus in Richtung Norden. Das ist hier keine Waldbrandregion. Aber an den verschiedenen Baumbeständen kann man gut zeigen, wo die Risiken für Waldbrände liegen und was einen Wald sicher macht. Die Kronen der Laubbäume in dem Teil, an den wir gerade sind, verschließen an manchen Stellen den Blick auf den Himmel. So dicht sind sie. Dadurch fällt kaum Sonne auf den Waldboden jenseits des Weges. Auch das ist eine Art Brandschutz.
"Die größte Waldbrandgefahr haben wir in Deutschland in Kiefernbeständen. Kiefernbestände werden im Altbestand relativ licht und sie haben üblicherweise eine ganz, ganz dichte Grasdecke. Das ist die größte Gefahr, dass eben das Gras abstirbt und dann auch ideales Brennmaterial für das Feuer darstellt."
Marcus Lindner erforscht am European Forest Institute unter anderem den Einfluss des Klimawandels auf Wälder und die Strategien, wie man damit umgehen sollte. Anders als in einem reinen Kiefernwald, wächst hier unter den dichten Baumkronen um diese Jahreszeit nichts. Ein Feuer würde sich also nicht ausbreiten.
"Es ist quasi also erstmal aus dem Bestand selber, dass die Zusammensetzung des Bestandes eben eine andere Bodenvegetation zur Folge hat. Das ist der Faktor, der den Bestand selber resistenter macht."
Tricks gegen Waldbrände
Doch man kann nicht immer die Baumbestände nach Brandschutz-Kriterien anpassen. Schließlich dauert es Jahrzehnte, bis aus einem reinen Nadelwald einen Mischwald wird – sofern das wirtschaftlich überhaupt gewünscht ist. Es gibt aber andere Tricks, das Brandrisiko zu senken. Wir gehen jetzt einen kleinen Pfad entlang hin zu einer Lichtung.
"Da ist mir aufgefallen, da ist eine kleine Wiese, die dort im Wald gehalten wird. Sie werden gleich sehen, dass hier auch schon die ersten umgefallenen Fichten zu sehen sind."
Marcus Lindner erforscht am European Forest Institute den Einfluss des Klimawandels auf Wälder und die Strategien, wie man damit umgehen sollte.
Marcus Lindner erforscht am European Forest Institute den Einfluss des Klimawandels auf Wälder und die Strategien, wie man damit umgehen sollte. (Piotr Heller/Deutschlandradio)
Tatsächlich liegen am Rand der Lichtung die toten Fichten, manche stehen noch, haben aber kaum Nadeln. Der Borkenkäfer hat hier zugeschlagen. Das trockene Holz ist eine Gefahrenstelle für Waldbrände. Vor allem an solch einer Wiese. Das Gras ist zwar gemäht, letzte Woche sei es aber noch kniehoch gewesen, sagt Marcus Lindner. Eine Zigarette oder ein geparktes Auto hätten es entzünden können. Aber – und das ist der entscheidende Punkt – den Wald hätte das Feuer wohl nicht erreicht.
"Wir werden mehr Gefahr für Waldbrände haben"
"Hier haben wir diesen grünen Randbestand mit jungen Bäumen, Laubhölzern auch. Das ist der Sinn, wenn man solche Riegel anlegt, dass man Laubholz vor allem um die Kiefernbestände in trockenen Gebieten in Deutschland pflanzt. Da möchte man solche Schutzgürtel drum rum haben. Jetzt schauen Sie mal rein: Kein bisschen Gras hier! Wenn jetzt hier ein Feuer entstehen würde und es zur Waldkante hin sich ausbreitet, dann würde es da unten keine Nahrung finden und deswegen vielleicht ausgehen dann."
Man kann Waldränder zusätzlich mit so gennannten Pflugstreifen von Straßen abschirmen.
"Wo dann quasi durch das Pflügen Mineralboden freigesetzt wird. Und falls von der Straße was kommen würde, dann würde vielleicht im Randbereich fünf Meter neben der Straße etwas brennen, aber der Brand würde dann durch den Pflugstreifen gestoppt werden."
Außerdem kann man leicht brennbare Äste aus dem Wald schaffen, oder – für den Ernstfall – den Wald so gestalten, dass die Feuerwehr gut durchkommt. Das sind bewährte Mittel. Aber sie kämen derzeit selten zum Einsatz, sagt Marcus Lindner. Vielleicht liegt das daran, dass es in Deutschland in den letzten Jahrzenten kaum verheerende Waldbrände gab. Nur das ändert sich derzeit eben. Der Klimawandel dürfte nämlich Wetterkonstellationen begünstigen, die zu langanhaltenden Dürren oder Hitzewellen führen.
"Wir müssen das Handwerkszeug, den Werkzeugkasten komplett nutzen. Wir müssen davon ausgehen: das Risiko wird größer. Keine Frage. Wir werden mehr Gefahr für Waldbrände haben. Wir müssen schauen, dass wir Vorsorge treiben, dass wir die Wälder resilienter gestalten, dass wir die Risikofaktoren versuchen zu begrenzen. Jeder Wald, wenn er trocken ist, kann brennen."