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Wandel in der Landwirtschaft

Auch die Wissenschaft kann sich dem Wandel in der Landwirtschaftspolitik, von der EU-Agrarreform bis hin zur Globalisierung des Agrarhandels nicht mehr entziehen. Dies hat gerade wieder die 54. Hochschultagung der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Uni Kiel verdeutlicht. Früher konzentrierte man sich an der Universität in Schleswig-Holstein, einst Schwergewicht in der Bundesrepublik auf dem Gebiet der Land- und Ernährungswirtschaft, nur auf den konventionellen Bereich. Seit einigen Jahren spielt der Ökolandbau eine immer wichtigere Rolle. Auf Versuchsgütern laufen bereits Studien darüber, wie sich ganze Betriebe im Pflanzenbau und der Tierzucht umstellen können.

Von Annette Eversberg |
    Die ökologische Landwirtschaft geht eigene Wege. Das bedeutet jedoch nicht, dass damit auf alles verzichtet werden kann, was in der konventionellen Landwirtschaft üblich ist. Das gilt zum Beispiel für die Rinder, die zur Milchproduktion benötigt werden. Sie sind das Ergebnis konventioneller Züchtungsprogramme. Bei den schwarzbunten Kühen im Norden wie beim Fleckvieh oder Braunvieh im Süden ist die hohe Milchleistung ein wichtiges Zuchtmerkmal. Die Kühe, die heute zur Verfügung stehen, liefern zwischen 4000 und 10.000 Liter Milch. Das Futter ist auf diese Leistung abgestimmt. Professor Ernst Kalm, Direktor des Instituts für Tierzucht und Tierhaltung der Universität Kiel verweist jedoch darauf, dass dies nicht alles ist:

    Auf der anderen Seite stehen dann die so genannten funktionalen Merkmale. Dazu gehört die Eutergesundheit, die Fruchtbarkeit, die Nutzungsdauer, Gliedmaßen, damit eine Kuh gesund und für den Landwirt profitabel ist.

    Über Maßnahmen wie die künstliche Besamung konnte man die jeweils kräftigsten Tiere über die Generationen selektieren. Auch die ökologisch wirtschaftenden Betriebe, von denen allerdings nur 3 bis 5 Prozent Milchvieh halten, schätzen diese Vorteile. Ernst Kalm:

    Sie greifen also nicht auf Spezialrassen zurück und greifen auch nicht auf die Rassen zurück, die beispielsweise heute in dem Bereich der Genreserven liegen, wie beispielsweise die Murnau-Werdenfelser oder im Schwarzwald das Höhenvieh dort. Da greifen sie nicht drauf zurück, sondern auf die Rassen, die heute von den Zuchtorganisationen züchterisch bearbeitet werden.

    Die Ökobetriebe wollen weiter von den Leistungen der Züchter profitieren. Nur die Gewichtung soll anders werden. Die Milchleistung steht nicht an erster Stelle. Dafür sollen die Milchkühe ohne Medikamente auskommen können und auf den Weiden sehr viel Futter aufnehmen. Dabei zeigt sich jedoch, dass diese Tiere beim Stickstoffausstoß nicht so gut abschneiden, wie Tiere, die kontrolliert gefüttert werden. Auch der Verzicht auf die künstliche Besamung kann nicht garantieren, dass die Nachkommen so gesund sind, wie die Ökobetriebe dies erwarten. Es muss also noch weiter geforscht werden, wieweit sich die Zuchtziele im ökologischen Sinne verändern lassen.
    Das gilt auch für den Schweinebereich. Hier haben Betriebe mit alternativen Haltungsformen mit denselben Problemen zu kämpfen, wie im konventionellen Bereich. Denn eine der größten Schwierigkeiten ist nach wie vor die Salmonellenbelastung der Tiere, die – so Professor Joachim Krieter von der Universität Kiel – als Zoonose vom Tier auf den Menschen übergehen kann:

    Derzeit sieht es so aus, dass im Jahre 2002 etwa 72.000 Fälle von Salmonellen gemeldet worden sind. Wir müssen dabei berücksichtigen, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist. Etwa 10 bis 20 Prozent der Fälle werden gemeldet. Insofern müssen wir davon ausgehen, dass in der BRD etwas 500.000 Salmonelleninfektionen beim Menschen auftreten.

    Die Schweine sind eine wesentliche Quelle für diese Erkrankung. Und Joachim Krieter stellte bei seinen Untersuchungen sogar fest, dass die Freilandhaltung sehr viel schlechter abschneidet. Der Wissenschaftler führt das darauf zurück, dass diese Tiere einer ständigen Salmonellenbelastung ausgesetzt sind:

    Wir wissen, dass Vögel im hohen Maße mit Salmonellen behaftet sein können, Möwen beispielsweise, auch Ratten, die immer wieder diese Infektionsketten in Gang halten. Außerdem ist es so, dass Salmonellen im Boden außerordentlich resistent sind, und insofern ergeben sich immer wieder Möglichkeiten der Kontaminierung.

    Untersuchungen aus der Schweiz und Holland haben gezeigt, dass hinsichtlich der Salmonellenbelastung keine Unterschiede zwischen konventionellen und ökologisch wirtschaftenden Betrieben bestehen. In beiden Fällen kommt es vor allem auf einen hohen Standard bei der Hygiene und das ständige Monitoring der Betriebe im Sinne der EU-Zoonoseverordnung an, die in diesem Jahr in Deutschland rechtskräftig wird. Joachim Krieter mahnt dennoch den Verbraucher zur Wachsamkeit beim Umgang mit Schweinefleischprodukten jeglicher Art:

    Es wird nicht möglich sein, Betriebe zu haben, die keine Salmonellen aufweisen. Der Verbraucher muss aber selbst auch eine entsprechende Vorsorge treffen bei der Lagerung, bei der Zubereitung des Fleisches, damit es zu einer deutlichen Reduzierung im Humanbereich kommt.