Versuchspersonen aus verschiedenen Altersgruppen liegen in der Röhre eines Magnetresonanztomographen. Dann hören sie eine Stimme. Mal erinnert die Stimme die Versuchspersonen in kurzen Sätzen an emotionale Erlebnisse aus ihrem persönlichen Leben, mal an geschichtliche Ereignisse wie den ersten Mondflug. Der Magnetresonanztomograph registriert dabei, welche Hirnregionen aktiv sind, wenn autobiographische Erinnerungen abgerufen werden oder wenn das sogenannte "semantische Gedächtnissystem" aktiviert wird, das sachliches Wissen speichert. Bei diesen Untersuchungen, die am Forschungszentrum Jülich durchgeführt wurden, interessierten sich die Wissenschaftler vor allem für eine Region in der Mitte des Stirnhirns: den sogenannten medialen präfrontalen Cortex. Hans Markowitsch von der Universität Bielefeld:
"Der mediale präfrontale Cortex ist wichtig für alles, was mit Persönlichkeit, Emotion, Selbstbewusstsein und sozialem Verhalten zu tun hat, speziell ist er in der Lage, zusammenzuführen, was uns als Persönlichkeit ausmacht, nämlich unsere emotionale und soziale Erinnerung, und dann die Fähigkeit, uns als eigenständige Person gegenüber der Außenwelt, auch der sozialen Umwelt zu definieren."
Als das Forscherteam das Gedächtnis von 16jährigen mit dem von 20- bis 21jährigen verglich, fand es für dieses Areal bedeutsame Unterschiede. Bei den 20- bis 21jährigen war das mittlere Stirnhirn sehr stark aktiv, wenn es sich um persönliche Erinnerungen des letzten Lebensjahres handelte. Dabei hatte es sich offenbar auf autobiographisches Erinnern spezialisiert, denn beim Abruf von Sachwissen spielte es keine Rolle. Ichbezogenes und sachliches Gedächtnis waren also klar voneinander getrennt. Silvia Oddo von der Universität Bielefeld, die diese Studien an 16 weiblichen Versuchspersonen durchführte:
"Wir erklären das damit, dass die eigene Biografie gerade des letzten Lebensjahres für unsere 20jährigen eine sehr, sehr bedeutsame Rolle hat, deshalb diese Erinnerungen besonders emotional sind und deshalb eben eine sehr emotionale Verarbeitung stattfindet."
Die 20- bis 21 jährigen hatten gerade den Übergang von der Schule zur Universität und die Ablösung vom Elternhaus hinter sich gebracht, also schon eine stabile Ich-Identität ausgebildet. Dementsprechend stark und spezifisch reagierte ihr medialer präfrontaler Cortex auf diese aufregende Phase der Identitätsbildung. Anderes zeigte sich hingegen bei den 16jährigen, die erst noch dabei waren, eine eigene Identität zu entwickeln. Hier war die Aktivität der mittleren Stirnhirnregion bei Erinnerungen an das letzte Lebensjahr nicht so intensiv. Vor allem aber war die Region auch beteiligt, wenn Sachwissen abgerufen wurde. Persönliches und sachliches Gedächtnis sind demnach bei 16jährigen noch nicht so klar voneinander geschieden. Oddo:
"Mit 16 beginnt man sich auch mit politischem Wissen auseinanderzusetzen und mit dem Weltgeschehen und nimmt das auch zum ersten Mal bewusst wahr, dass das auch zur eigenen Persönlichkeit gehört, sich mit Weltwissen auseinanderzusetzen. Und wenn man dazu parallel den Identitätsfindungsprozess sieht, auf der autobiografischen Seite, dann scheint es logisch zu sein, dass man eben die emotionalere Struktur erst im Laufe der Zeit entwickelt und dass sich deshalb beide Gedächtnissysteme noch nicht so deutlich unterscheiden."
Offenbar, so folgern die Forscher, ist der mediale präfrontale Cortex der dynamische Organisator autobiografischer Erinnerungen. Er gewinnt erst mit etwa zwanzig Jahren seine Reife und drückt dann aus, wie stark der emotionale Identitätsbezug von Erinnerungen ist. Im späteren Leben, fand die Forschergruppe heraus, ist er dann nicht mehr so dominant aktiv. Das erklärt, warum wir im Lauf des Lebens abgeklärter werden und dazu neigen, uns starrsinnig nicht mehr über unsere Vergangenheit belehren zu lassen, weil wir sie eher wie eine objektive Gegebenheit erinnern.
"Der mediale präfrontale Cortex ist wichtig für alles, was mit Persönlichkeit, Emotion, Selbstbewusstsein und sozialem Verhalten zu tun hat, speziell ist er in der Lage, zusammenzuführen, was uns als Persönlichkeit ausmacht, nämlich unsere emotionale und soziale Erinnerung, und dann die Fähigkeit, uns als eigenständige Person gegenüber der Außenwelt, auch der sozialen Umwelt zu definieren."
Als das Forscherteam das Gedächtnis von 16jährigen mit dem von 20- bis 21jährigen verglich, fand es für dieses Areal bedeutsame Unterschiede. Bei den 20- bis 21jährigen war das mittlere Stirnhirn sehr stark aktiv, wenn es sich um persönliche Erinnerungen des letzten Lebensjahres handelte. Dabei hatte es sich offenbar auf autobiographisches Erinnern spezialisiert, denn beim Abruf von Sachwissen spielte es keine Rolle. Ichbezogenes und sachliches Gedächtnis waren also klar voneinander getrennt. Silvia Oddo von der Universität Bielefeld, die diese Studien an 16 weiblichen Versuchspersonen durchführte:
"Wir erklären das damit, dass die eigene Biografie gerade des letzten Lebensjahres für unsere 20jährigen eine sehr, sehr bedeutsame Rolle hat, deshalb diese Erinnerungen besonders emotional sind und deshalb eben eine sehr emotionale Verarbeitung stattfindet."
Die 20- bis 21 jährigen hatten gerade den Übergang von der Schule zur Universität und die Ablösung vom Elternhaus hinter sich gebracht, also schon eine stabile Ich-Identität ausgebildet. Dementsprechend stark und spezifisch reagierte ihr medialer präfrontaler Cortex auf diese aufregende Phase der Identitätsbildung. Anderes zeigte sich hingegen bei den 16jährigen, die erst noch dabei waren, eine eigene Identität zu entwickeln. Hier war die Aktivität der mittleren Stirnhirnregion bei Erinnerungen an das letzte Lebensjahr nicht so intensiv. Vor allem aber war die Region auch beteiligt, wenn Sachwissen abgerufen wurde. Persönliches und sachliches Gedächtnis sind demnach bei 16jährigen noch nicht so klar voneinander geschieden. Oddo:
"Mit 16 beginnt man sich auch mit politischem Wissen auseinanderzusetzen und mit dem Weltgeschehen und nimmt das auch zum ersten Mal bewusst wahr, dass das auch zur eigenen Persönlichkeit gehört, sich mit Weltwissen auseinanderzusetzen. Und wenn man dazu parallel den Identitätsfindungsprozess sieht, auf der autobiografischen Seite, dann scheint es logisch zu sein, dass man eben die emotionalere Struktur erst im Laufe der Zeit entwickelt und dass sich deshalb beide Gedächtnissysteme noch nicht so deutlich unterscheiden."
Offenbar, so folgern die Forscher, ist der mediale präfrontale Cortex der dynamische Organisator autobiografischer Erinnerungen. Er gewinnt erst mit etwa zwanzig Jahren seine Reife und drückt dann aus, wie stark der emotionale Identitätsbezug von Erinnerungen ist. Im späteren Leben, fand die Forschergruppe heraus, ist er dann nicht mehr so dominant aktiv. Das erklärt, warum wir im Lauf des Lebens abgeklärter werden und dazu neigen, uns starrsinnig nicht mehr über unsere Vergangenheit belehren zu lassen, weil wir sie eher wie eine objektive Gegebenheit erinnern.