"Erholung in der Natur, ich glaube, das ist nicht modisch, aber man sieht die Tendenz: Immer mehr Leute haben Stress in der Arbeit und möchten sich beruhigen oder auswandern gehen. Zum Beispiel Outdoor-Aktivität oder so sieht man immer mehr, auch in Holland ist das ein Trend. Früher gingen alle mit dem Campingwagen nach Spanien oder so. Das wird immer weniger, glaube ich."
Eric stammt aus einem kleinen Städtchen in den Niederlanden. Derzeit hält er sich für die Wanderleiterausbildung südlich der Berner und Waadtländer Alpen auf. Dass auch die Niederländer den Sport in den Bergen entdeckt haben, ist Eric schon lange aufgefallen. Deswegen möchte er im Sinne von "sanftem Tourismus" in die Branche einsteigen und sich zum Wanderleiter ausbilden lassen.
Neben Eric steht Martina. Sie trägt einen beigen Sonnenhut und eine reflektierende Sonnenbrille. Auch sie erlebt neue Facetten in der Natur:
"Das war schon erstaunlich zu sehen, was man eigentlich alles sieht. Da wird einem bewusst, wie oft man durch die Gegend marschiert und so Vieles nicht wahrnimmt. Und wenn man dann mal bewusst die Augen öffnet, ist es wirklich faszinierend. Ich muss gestehen: Ich hab zum ersten Mal in meinem Leben einen Dachs gesehen in freier Laufbahn."
Die zehnköpfige Gruppe sitzt vor dem Biologen Ralph Imstepf, der das Prinzip eines Herbariums vorstellt.
Die Kursteilnehmenden im Alter zwischen 20 und 60 Jahren schreiben fleißig mit und stellen zwischendurch Fragen. Vermittelt der Kursleiter Ralph Imstepf wissenschaftlichen Botanik-Unterricht hier?
"Der Anspruch ist vielleicht, dass die Namen schon mal stimmen. Aber Wissenschaft in dem Sinne ist es eigentlich nicht, einfach Freude an der Botanik bekommen. Botanik kann man nicht an einem oder an zwei Tagen lernen, es braucht eine persönliche Auseinandersetzung. Und das Ziel dieser Ausbildung ist nicht, Wissenschaft zu betreiben, sondern ein paar Zusammenhänge zu sehen und kennen zu lernen."
Botanik ist nicht etwa das einzige Fach, was die Wanderleiterausbildung in St-Jean im Val d'Anniviers durchführt. Der Stundenplan ist in drei Oberthemen gegliedert: 1. "Sicherheit" – Meteorologie, Sportmedizin, Orientierung, Planung und Führung von Wanderungen – 2. "Kommunikation" – das heißt Sagen erzählen, Animation, Marketing – und 3. "Lebensraum Natur", was soviel wie Ess- und Heilpflanzen-Kunde bedeutet, Geschichte und Geografie der Alpen, Weinbau bis zur Astronomie.
Wer also meint, dass man auf einer Wanderung bloß den Wegweisern folgen muss, liegt falsch.
Das Wallis ist eines der besten Wandergebiete in der Schweiz und verfügt über ein professionell ausgebautes Wegwandernetz. Anselmo Loretan, der Leiter der Wanderleiterschule:
"Wo wir jetzt grad sind, im Pfynwald. Man spricht hier von einer sehr sehr großen Biodiversität, von vielen verschiedenen Lebensräumen. Mit solch einer wertvollen Vielfalt, da sind sich die Leute meistens gar nicht bewusst. Und wir versuchen, das zu vermitteln und konkret aufzuzeigen."
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden an insgesamt 80 Kurstagen innerhalb von drei Jahren auf die Naturphänomene von Flora und Fauna sensibilisiert und geschult.
Theorie und Praxis wechseln sich zu 50/50 ab, es gibt immer wieder Exkursionen in die Bergwelt:
"Gestern haben wir einen Wildbeobachtungsmorgen, da muss man entweder spät abends oder früh morgens gehen, weil das Wild kommt dann erst raus. Da hatten wir viel Steinböcke, Gämse, Rehe, Hirsche gesehen und das war sehr beeindruckend, speziell für mich als Holländer. Weil, Hirsche und Rehe gibt es in Holland, aber Gämse und Steinböcke gibt es nicht – das war für mich das erste Mal. Sehr lange Hörner, ja, da war ein Bock dabei, vielleicht 15 Jahre alt sein. Das war ein sehr kapitaler Bock. Kapital nennt man, wenn die Hörner oder Geweih groß sind, das nennt man Kapital."
Interessant im Fall von Eric ist, dass er sich im Alltag mit einem anderen Kapital rumschlägt:
"Ich arbeite in einer Bank, normalerweise bin ich unterwegs mit Krawatte, das ist so, das ist ein Kontrast, aber auch in der Freizeit bin ich immer unterwegs in der Natur, meistens auch sportlich. Vielleicht weil es ein Kontrast ist, es ist mal ganz etwas Anderes."
Ein Mann aus dem nahe gelegenen Visptal bildet sich auch aus. Er ist Jäger in der dritten Generation. Hat es ihn bei den Wildbeobachtung nicht gekitzelt, seine Jagdflinte zu zücken? Der erspähte Steinbock war angeblich nur 150 bis 200 Meter entfernt gewesen...
"Nein, nicht unbedingt. Also für mich ist die Jagd einmal im Jahr, aber nicht das ganze Jahr. Und der Mai ist der Monat, da kommen alle Jungtiere auf die Welt. Ich hab da kein Problem damit, nicht zu schießen. Wir sind nicht blutrünstige Jäger. Wir schätzen das Tier. Also für mich ist das Tier eigentlich sehr viel, weil ich bin jedes Wochenende mit meinen Walliser Ziegen und bin eigentlich immer in der Region und beobachte parallel dazu die Gämsen."
Die Gruppe der Kursteilnehmenden kommt von ganz verschiedenen Berufen. Maurus ist ein hoch gewachsener Mann mit Brille und Trekking-Hose:
"Ich bin immer noch teilweise am Flughafen Zürich tätig, als Flugkoordinator. Also ich mache Flugpläne für die Piloten... wenn ich ehrlich bin, kann ich mich nicht zu 100 Prozent mit meinem Hauptberuf identifizieren, das gebe ich zu. Es ist eher die technische Seite, die mich fasziniert. Und deshalb möchte ich eben das Schwergewicht verschieben in den anderen Bereich, wo ich mich zu 100 Prozent identifizieren kann."
Martina arbeitet in ihrem Alltag ebenso in einen Büro:
"Ich arbeite im Tourismus, ich arbeite nach wie vor sehr gern auf meinem Beruf und ich möchte mich auch in diesem Umfeld bewegen. Das heißt, längerfristig kann ich mir sehr gut vorstellen, in einem Hotel zu arbeiten, aber eben dann zusätzlich auch noch meine Dienste als Wanderleiterin anzubieten. Und das ist, denke ich mal, für mich recht realistisch, diese Idee oder dieser Wunsch, weil ich bewege mich eben dort, wo es Feriengäste hat, Touristen. Ich möchte mich in den Bergen bewegen, war für mich von Anfang an klar, ich möchte in die Höhe."
In der Gruppe ist auch eine Deutsche darunter. Die gebürtige Thüringerin ist vor knapp 20 Jahren in die Schweiz ausgewandert. Was schätzt Kathrin an der Schweiz?
"Vor allen Dingen die Natur, das interessiert mich einfach. Es ist einfach schön, sich in den Bergen zu bewegen, oder auch im Flachland, in der Natur. Sich ein bisschen auszukennen, anderen Leuten davon erzählen zu können. Es gibt natürlich Aspekte, die sind übergreifend, aber wir lernen auch viele Sachen über lokale Flora und Fauna. Ich denke, das Wissen, was wir hier lernen, ist eine gute Basis für Wanderungen in anderen Regionen, natürlich ja!"
Der größte Teil der Abgängerinnen und Abgänger übe die Tätigkeit im Nebenberuf und selbstständig aus. Man müsse ein "interessantes Programm mit einem attraktiven Aufhänger" anbieten, sagt Anselmo Loretan, der Leiter der Wanderleiterschule. Um Kundschaft für die Wandertouren anzulocken, braucht es quasi einen Businessplan.
Maurus schwebt eine besondere Spezialisierung vor:
"Ich würde sehr gerne Touren im Tessin, also in der Südschweiz, anbieten, auch im Zusammenhang mit Wetterbeobachtungen und vielleicht sogar mit Fotografie. Auch in Neuseeland dann, wenn möglich, also wenn bei uns Winter ist, dann im Sommer dort in Neuseeland. Die haben auch den Gletscherbereich, also eine Ausbildung im Eis. Es geht eher Richtung Bergführer."
Eric, der Bankfachmann aus den Niederlanden:
"... im Sommer und im Winter eigentlich sechs, sieben Monate, vielleicht acht Monate in der Schweiz zu sein und die holländischen Gäste rumzuführen. Zum Beispiel auf Winterwanderungen auf Schneeschuhen. Oder auch im Sommer. Weil auch holländische Gäste sind sehr interessiert an den Bergen..."
Reinhard, der Jäger aus dem Visptal:
"Die Idee ist eigentlich in mir erwacht, weil ich mich sehr viel oberhalb Zweieinhalbtausend bis 3000 Meter bewege, und habe da eine wunderbare Flora und Fauna erlebt. Und ich weiß, dass viele Menschen diese nicht erreichen können. Ich möchte da einen Beitrag machen, in meiner Region, Leute da hineinführen. Damit sie das genau so erleben und schätzen lernen wie ich. Das ist mein Ziel."
Der Beruf des Wanderleiters ist vom Bergführer abzugrenzen. Eine Wanderung findet im mittleren Gebirge statt, wo keine technischen Hilfsmittel wie Pickel und Seil auf Gletschern notwendig sind. Martina sagt:
"Ohne es abzuwerten, aber ich glaube, dass der Wanderleiter ist die gemütlichere Variante vom Bergführer Der Wanderleiter ist der naturverbundene Mensch, der sich eben noch intensiver mit Flora-Fauna befassen möchte, aber auch in Kombination mit dem Technischen, Konditionellen. Während eben der Bergführer, der konzentriert sich auf die Extremsportarten."
Der umfangreiche Stundenplan der Ausbildung zeigt auf, wie vielseitig der Beruf Wanderleiter sei:
"Oft ist man viel von den eigenen Interessen, zum Beispiel bin ich an Vögel oder in Tiere interessiert, aber was wir hier lernen, ist auch Geologie, auch Flora, die Blumen- und die Pflanzenwelt, auch vom Klima lernen wir einige Sachen. Wir hatten einen Tag Marketing, man lernt sehr viel und fast alles zusammen. Die Flora ist – und die Fauna auch, glaub ich – ist reicher in der Schweiz, weil man hat viele unterschiedliche Klimalagen hier. Aber ich glaube, 70 Prozent von den Tieren hier ist auch auch in Holland da."
Die Ausbildung zum Wanderleiter ist kostenmäßig nicht etwa vergleichbar mit einem Studium an einer deutschen Universität. Sie kostet insgesamt 12.000 Schweizer Franken, also knapp 10.000 Euro inklusive Vollpension und mit Fachexperten als Ausbildner. Sie dauert insgesamt 80 Kurstage, verteilt während drei Jahren. Und um das eidgenössischen Diplom tatsächlich zu bekommen, muss Martina und ihre Kommilitonen noch richtig hinter die Bücher:
"Ich persönlich in Orientierung-Sicherheit, also das heißt das Umgehen mit dem Kompass, die Karte richtig verstehen, sich im Gelände bewegen können mit den technischen Hilfsmitteln. Das finde ich schon sehr umfangreich, ja. Aber es ist dann eben doch schwierig, wenn man´s richtig machen muss. Und wir sind uns bewusst, dass mit sehr viel Zeitaufwand zu rechnen ist. Das ist eine große Herausforderung."
Eric stammt aus einem kleinen Städtchen in den Niederlanden. Derzeit hält er sich für die Wanderleiterausbildung südlich der Berner und Waadtländer Alpen auf. Dass auch die Niederländer den Sport in den Bergen entdeckt haben, ist Eric schon lange aufgefallen. Deswegen möchte er im Sinne von "sanftem Tourismus" in die Branche einsteigen und sich zum Wanderleiter ausbilden lassen.
Neben Eric steht Martina. Sie trägt einen beigen Sonnenhut und eine reflektierende Sonnenbrille. Auch sie erlebt neue Facetten in der Natur:
"Das war schon erstaunlich zu sehen, was man eigentlich alles sieht. Da wird einem bewusst, wie oft man durch die Gegend marschiert und so Vieles nicht wahrnimmt. Und wenn man dann mal bewusst die Augen öffnet, ist es wirklich faszinierend. Ich muss gestehen: Ich hab zum ersten Mal in meinem Leben einen Dachs gesehen in freier Laufbahn."
Die zehnköpfige Gruppe sitzt vor dem Biologen Ralph Imstepf, der das Prinzip eines Herbariums vorstellt.
Die Kursteilnehmenden im Alter zwischen 20 und 60 Jahren schreiben fleißig mit und stellen zwischendurch Fragen. Vermittelt der Kursleiter Ralph Imstepf wissenschaftlichen Botanik-Unterricht hier?
"Der Anspruch ist vielleicht, dass die Namen schon mal stimmen. Aber Wissenschaft in dem Sinne ist es eigentlich nicht, einfach Freude an der Botanik bekommen. Botanik kann man nicht an einem oder an zwei Tagen lernen, es braucht eine persönliche Auseinandersetzung. Und das Ziel dieser Ausbildung ist nicht, Wissenschaft zu betreiben, sondern ein paar Zusammenhänge zu sehen und kennen zu lernen."
Botanik ist nicht etwa das einzige Fach, was die Wanderleiterausbildung in St-Jean im Val d'Anniviers durchführt. Der Stundenplan ist in drei Oberthemen gegliedert: 1. "Sicherheit" – Meteorologie, Sportmedizin, Orientierung, Planung und Führung von Wanderungen – 2. "Kommunikation" – das heißt Sagen erzählen, Animation, Marketing – und 3. "Lebensraum Natur", was soviel wie Ess- und Heilpflanzen-Kunde bedeutet, Geschichte und Geografie der Alpen, Weinbau bis zur Astronomie.
Wer also meint, dass man auf einer Wanderung bloß den Wegweisern folgen muss, liegt falsch.
Das Wallis ist eines der besten Wandergebiete in der Schweiz und verfügt über ein professionell ausgebautes Wegwandernetz. Anselmo Loretan, der Leiter der Wanderleiterschule:
"Wo wir jetzt grad sind, im Pfynwald. Man spricht hier von einer sehr sehr großen Biodiversität, von vielen verschiedenen Lebensräumen. Mit solch einer wertvollen Vielfalt, da sind sich die Leute meistens gar nicht bewusst. Und wir versuchen, das zu vermitteln und konkret aufzuzeigen."
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden an insgesamt 80 Kurstagen innerhalb von drei Jahren auf die Naturphänomene von Flora und Fauna sensibilisiert und geschult.
Theorie und Praxis wechseln sich zu 50/50 ab, es gibt immer wieder Exkursionen in die Bergwelt:
"Gestern haben wir einen Wildbeobachtungsmorgen, da muss man entweder spät abends oder früh morgens gehen, weil das Wild kommt dann erst raus. Da hatten wir viel Steinböcke, Gämse, Rehe, Hirsche gesehen und das war sehr beeindruckend, speziell für mich als Holländer. Weil, Hirsche und Rehe gibt es in Holland, aber Gämse und Steinböcke gibt es nicht – das war für mich das erste Mal. Sehr lange Hörner, ja, da war ein Bock dabei, vielleicht 15 Jahre alt sein. Das war ein sehr kapitaler Bock. Kapital nennt man, wenn die Hörner oder Geweih groß sind, das nennt man Kapital."
Interessant im Fall von Eric ist, dass er sich im Alltag mit einem anderen Kapital rumschlägt:
"Ich arbeite in einer Bank, normalerweise bin ich unterwegs mit Krawatte, das ist so, das ist ein Kontrast, aber auch in der Freizeit bin ich immer unterwegs in der Natur, meistens auch sportlich. Vielleicht weil es ein Kontrast ist, es ist mal ganz etwas Anderes."
Ein Mann aus dem nahe gelegenen Visptal bildet sich auch aus. Er ist Jäger in der dritten Generation. Hat es ihn bei den Wildbeobachtung nicht gekitzelt, seine Jagdflinte zu zücken? Der erspähte Steinbock war angeblich nur 150 bis 200 Meter entfernt gewesen...
"Nein, nicht unbedingt. Also für mich ist die Jagd einmal im Jahr, aber nicht das ganze Jahr. Und der Mai ist der Monat, da kommen alle Jungtiere auf die Welt. Ich hab da kein Problem damit, nicht zu schießen. Wir sind nicht blutrünstige Jäger. Wir schätzen das Tier. Also für mich ist das Tier eigentlich sehr viel, weil ich bin jedes Wochenende mit meinen Walliser Ziegen und bin eigentlich immer in der Region und beobachte parallel dazu die Gämsen."
Die Gruppe der Kursteilnehmenden kommt von ganz verschiedenen Berufen. Maurus ist ein hoch gewachsener Mann mit Brille und Trekking-Hose:
"Ich bin immer noch teilweise am Flughafen Zürich tätig, als Flugkoordinator. Also ich mache Flugpläne für die Piloten... wenn ich ehrlich bin, kann ich mich nicht zu 100 Prozent mit meinem Hauptberuf identifizieren, das gebe ich zu. Es ist eher die technische Seite, die mich fasziniert. Und deshalb möchte ich eben das Schwergewicht verschieben in den anderen Bereich, wo ich mich zu 100 Prozent identifizieren kann."
Martina arbeitet in ihrem Alltag ebenso in einen Büro:
"Ich arbeite im Tourismus, ich arbeite nach wie vor sehr gern auf meinem Beruf und ich möchte mich auch in diesem Umfeld bewegen. Das heißt, längerfristig kann ich mir sehr gut vorstellen, in einem Hotel zu arbeiten, aber eben dann zusätzlich auch noch meine Dienste als Wanderleiterin anzubieten. Und das ist, denke ich mal, für mich recht realistisch, diese Idee oder dieser Wunsch, weil ich bewege mich eben dort, wo es Feriengäste hat, Touristen. Ich möchte mich in den Bergen bewegen, war für mich von Anfang an klar, ich möchte in die Höhe."
In der Gruppe ist auch eine Deutsche darunter. Die gebürtige Thüringerin ist vor knapp 20 Jahren in die Schweiz ausgewandert. Was schätzt Kathrin an der Schweiz?
"Vor allen Dingen die Natur, das interessiert mich einfach. Es ist einfach schön, sich in den Bergen zu bewegen, oder auch im Flachland, in der Natur. Sich ein bisschen auszukennen, anderen Leuten davon erzählen zu können. Es gibt natürlich Aspekte, die sind übergreifend, aber wir lernen auch viele Sachen über lokale Flora und Fauna. Ich denke, das Wissen, was wir hier lernen, ist eine gute Basis für Wanderungen in anderen Regionen, natürlich ja!"
Der größte Teil der Abgängerinnen und Abgänger übe die Tätigkeit im Nebenberuf und selbstständig aus. Man müsse ein "interessantes Programm mit einem attraktiven Aufhänger" anbieten, sagt Anselmo Loretan, der Leiter der Wanderleiterschule. Um Kundschaft für die Wandertouren anzulocken, braucht es quasi einen Businessplan.
Maurus schwebt eine besondere Spezialisierung vor:
"Ich würde sehr gerne Touren im Tessin, also in der Südschweiz, anbieten, auch im Zusammenhang mit Wetterbeobachtungen und vielleicht sogar mit Fotografie. Auch in Neuseeland dann, wenn möglich, also wenn bei uns Winter ist, dann im Sommer dort in Neuseeland. Die haben auch den Gletscherbereich, also eine Ausbildung im Eis. Es geht eher Richtung Bergführer."
Eric, der Bankfachmann aus den Niederlanden:
"... im Sommer und im Winter eigentlich sechs, sieben Monate, vielleicht acht Monate in der Schweiz zu sein und die holländischen Gäste rumzuführen. Zum Beispiel auf Winterwanderungen auf Schneeschuhen. Oder auch im Sommer. Weil auch holländische Gäste sind sehr interessiert an den Bergen..."
Reinhard, der Jäger aus dem Visptal:
"Die Idee ist eigentlich in mir erwacht, weil ich mich sehr viel oberhalb Zweieinhalbtausend bis 3000 Meter bewege, und habe da eine wunderbare Flora und Fauna erlebt. Und ich weiß, dass viele Menschen diese nicht erreichen können. Ich möchte da einen Beitrag machen, in meiner Region, Leute da hineinführen. Damit sie das genau so erleben und schätzen lernen wie ich. Das ist mein Ziel."
Der Beruf des Wanderleiters ist vom Bergführer abzugrenzen. Eine Wanderung findet im mittleren Gebirge statt, wo keine technischen Hilfsmittel wie Pickel und Seil auf Gletschern notwendig sind. Martina sagt:
"Ohne es abzuwerten, aber ich glaube, dass der Wanderleiter ist die gemütlichere Variante vom Bergführer Der Wanderleiter ist der naturverbundene Mensch, der sich eben noch intensiver mit Flora-Fauna befassen möchte, aber auch in Kombination mit dem Technischen, Konditionellen. Während eben der Bergführer, der konzentriert sich auf die Extremsportarten."
Der umfangreiche Stundenplan der Ausbildung zeigt auf, wie vielseitig der Beruf Wanderleiter sei:
"Oft ist man viel von den eigenen Interessen, zum Beispiel bin ich an Vögel oder in Tiere interessiert, aber was wir hier lernen, ist auch Geologie, auch Flora, die Blumen- und die Pflanzenwelt, auch vom Klima lernen wir einige Sachen. Wir hatten einen Tag Marketing, man lernt sehr viel und fast alles zusammen. Die Flora ist – und die Fauna auch, glaub ich – ist reicher in der Schweiz, weil man hat viele unterschiedliche Klimalagen hier. Aber ich glaube, 70 Prozent von den Tieren hier ist auch auch in Holland da."
Die Ausbildung zum Wanderleiter ist kostenmäßig nicht etwa vergleichbar mit einem Studium an einer deutschen Universität. Sie kostet insgesamt 12.000 Schweizer Franken, also knapp 10.000 Euro inklusive Vollpension und mit Fachexperten als Ausbildner. Sie dauert insgesamt 80 Kurstage, verteilt während drei Jahren. Und um das eidgenössischen Diplom tatsächlich zu bekommen, muss Martina und ihre Kommilitonen noch richtig hinter die Bücher:
"Ich persönlich in Orientierung-Sicherheit, also das heißt das Umgehen mit dem Kompass, die Karte richtig verstehen, sich im Gelände bewegen können mit den technischen Hilfsmitteln. Das finde ich schon sehr umfangreich, ja. Aber es ist dann eben doch schwierig, wenn man´s richtig machen muss. Und wir sind uns bewusst, dass mit sehr viel Zeitaufwand zu rechnen ist. Das ist eine große Herausforderung."