"Im Moment arbeiten wir hier an einer Babydecke. Die ist aus Wolle und Seide gefertigt. Ist auch schon ein Auftrag dafür da, die ist entwickelt worden hier und geht jetzt so langsam in die Produktion."
Eine dunkle Werkstatt im Erdgeschoss der Staatlichen Textil- und Gobelin-Manufaktur in Halle, Saale. Ingrid Treff sitzt an einem von etwa zehn alten Webstühlen aus Holz. Eigentlich ist die ausgebildete Handweberin seit vielen Jahren für die Färberei zuständig. Aber die Mitarbeiter der Manufaktur müssen flexibel sein: Je nach Auftragslage werden die Arbeitsplätze schon mal getauscht. Denn das Unternehmen hat ein breites Angebot, erklärt Geschäftsführer Dirk Willmann:
"Wir sind so als Manufaktur einzigartig in Deutschland, auch in Europa und vielleicht sogar weltweit. Das hängt vor allen Dingen zusammen mit der Masse an Handwerkstechniken, die wir hier haben. Die Manufaktur hat wirklich alles unter einem Dach. Wir haben eine Färberei, wir haben eine Gobelinweberei, wir haben eine Jacquardweberei, wir haben die Handweberei, wir haben das Textildesign, wir haben die Textilrestaurierung. Und wir können nähen und sticken."
Das Kerngeschäft der Manufaktur sind Gobelins, eine spezielle Form von Tapisserien, also großen und kostbaren Wandteppichen. In der Werkstatt stehen alte Handwebstühle neben hochmodernen computergesteuerten Maschinen. Damit lassen sich feinste Muster in große Flächen weben. Zu den Kunden der Textilmanufaktur gehören Privatleute und Künstler, aber auch Schlösser, Museen und Archive. Sie besitzen oft alte Textilien, zum Beispiel Fahnen oder große Wandbehänge, die mit viel Aufwand restauriert werden müssen.
"Seit ungefähr 1990 sind wir praktisch auch in diesem Bereich der Textilrestaurierung tätig und haben uns da inzwischen auch einen sehr, sehr guten Namen erarbeitet, mit einem sehr, sehr hohen Renommee, und für bestimmte zu restaurierende Kulturgüter, wie zum Beispiel großformatige Teppiche, Tapisserien, sind wir inzwischen eigentlich der Marktführer in Deutschland. Beziehungsweise derjenige, der sicherlich auch die meisten Referenzen hat."
Alte Tapisserien oder Gobelins sind oft sehr wertvoll. Könige und Fürsten haben damit in früheren Zeiten ihre Schlösser verschönert. Wenn solche Textilien restauriert werden, kann das schnell viele Zehntausend oder gar Hunderttausend Euro kosten:
"Wenn der Kunde zum Beispiel sagen würde, es ist mir alles Geld der Welt wert, machen Sie es, Hauptsache, es ist wieder so, wie ich das möchte, und so wie das ethisch-konservatorisch richtig ist, dann kann das auch gern eine Million kosten, das ist überhaupt kein Problem. Wobei diese Bereiche eher selten sind. Aber es geht relativ schnell, dass sich so was auch wirklich im hohen sechsstelligen Bereich bewegen kann."
Die Arbeit an den zum Teil jahrhundertealten Textilien dauert oft Monate. Manche Stücke sind so wertvoll, dass sie ein Museum gar nicht verlassen dürfen. Dann arbeiten die Restauratorinnen aus Halle vor Ort – und stoßen dabei immer wieder auf Überraschungen:
"Handwerker hatten zu der Zeit zum Beispiel auch den Drang, sich dort zu verewigen, haben dort irgendwas eingesteckt, haben eine Haarlocke mit eingenäht, oder die Restauratoren finden eine abgebrochene Nadel oder irgendwas anderes spannend, das ist schon toll."
Heute ist der Bereich Restaurierung mit Abstand der größte Geschäftszweig der Manufaktur. Doch das war nicht immer so: Gegründet wurde die Firma 1946 als Fahnenstickerei. Später kam die Weberei dazu, es wurden vor allem Wandteppiche produziert, aber auch Decken, Kissen oder Stoffbeutel. Zu DDR-Zeiten beschäftigte der Betrieb rund 60 Mitarbeiter, heute sind es noch 14 – was für diesen Bereich immer noch viel ist, erklärt Dirk Willmann.
"Textil hat mal fast 1,5 Millionen Beschäftigte gehabt, inzwischen ist das alles verlagert worden. Das ist Indien, das ist China, das ist Indonesien, also eine Textilindustrie als solches gibt’s in Deutschland gar nicht mehr. Das hängt vor allen Dingen auch damit zusammen, dass es immer preiswerter sein musste über die vielen Jahre und Jahrzehnte, und die Textilindustrie eigentlich de facto fast am Boden liegt."
Weil der Massentextilmarkt nach der Wende nicht mehr rentabel war, hat man sich in Halle mehr und mehr auf Einzelstücke und Restaurierung konzentriert. Eine Besonderheit der Textil- und Gobelinmanufaktur ist die enge Zusammenarbeit mit der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Pro Semester kommen 40 bis 50 Studierende in den Betrieb, sammeln praktische Erfahrungen oder verwirklichen Diplomarbeiten. Franzi Kohlhoff macht einen Master in Textil und müht sich gerade mit einem etwa 30 Zentimeter kurzen Wandteppich:
"Am Tag schaffe ich so zweieinhalb Zentimeter. Und dann guckt man ganz anders auf solche richtigen großen Wandteppiche. Das ist wirklich nur, um mal reinzuschnuppern, dass ich ungefähr eine Vorstellung hab."
Die vielen Studierenden zu betreuen, ist für die Mitarbeiter manchmal schwierig. Gerade wenn zehn oder 15 gleichzeitig für ein paar Wochen da sind. Dennoch glaubt Geschäftsführer Willmann, dass die Manufaktur insgesamt von der Zusammenarbeit profitiert:
"Das ist ein sehr kreativer und befruchtender Prozess, der von uns auch sehr sehr gerne gemacht wird. Es ist auch so, dass wir da immer sehr viel Kraft und sehr viel Energie rausziehen und natürlich auch teilweise Ideen geliefert bekommen, die wir dann auch wieder umsetzen können, gemeinsam mit einem Kunden. Ist schon eine sehr interessante Sache."
Allerdings drückt so viel Ausbildungsarbeit auch das Geschäftsergebnis. Noch erwirtschaftet die Manufaktur keinen Gewinn. Musste sie bislang auch nicht, denn sie ist eine GmbH und gehört zu hundert Prozent dem Land Sachsen-Anhalt. Doch das Land möchte die Firma privatisieren. Seit Dirk Willmann vor dreieinhalb Jahren die Geschäftsleitung übernommen hat, versucht er, die Manufaktur auf Gewinnkurs zu bringen. In zwei bis drei Jahren soll es so weit sein.
Eine dunkle Werkstatt im Erdgeschoss der Staatlichen Textil- und Gobelin-Manufaktur in Halle, Saale. Ingrid Treff sitzt an einem von etwa zehn alten Webstühlen aus Holz. Eigentlich ist die ausgebildete Handweberin seit vielen Jahren für die Färberei zuständig. Aber die Mitarbeiter der Manufaktur müssen flexibel sein: Je nach Auftragslage werden die Arbeitsplätze schon mal getauscht. Denn das Unternehmen hat ein breites Angebot, erklärt Geschäftsführer Dirk Willmann:
"Wir sind so als Manufaktur einzigartig in Deutschland, auch in Europa und vielleicht sogar weltweit. Das hängt vor allen Dingen zusammen mit der Masse an Handwerkstechniken, die wir hier haben. Die Manufaktur hat wirklich alles unter einem Dach. Wir haben eine Färberei, wir haben eine Gobelinweberei, wir haben eine Jacquardweberei, wir haben die Handweberei, wir haben das Textildesign, wir haben die Textilrestaurierung. Und wir können nähen und sticken."
Das Kerngeschäft der Manufaktur sind Gobelins, eine spezielle Form von Tapisserien, also großen und kostbaren Wandteppichen. In der Werkstatt stehen alte Handwebstühle neben hochmodernen computergesteuerten Maschinen. Damit lassen sich feinste Muster in große Flächen weben. Zu den Kunden der Textilmanufaktur gehören Privatleute und Künstler, aber auch Schlösser, Museen und Archive. Sie besitzen oft alte Textilien, zum Beispiel Fahnen oder große Wandbehänge, die mit viel Aufwand restauriert werden müssen.
"Seit ungefähr 1990 sind wir praktisch auch in diesem Bereich der Textilrestaurierung tätig und haben uns da inzwischen auch einen sehr, sehr guten Namen erarbeitet, mit einem sehr, sehr hohen Renommee, und für bestimmte zu restaurierende Kulturgüter, wie zum Beispiel großformatige Teppiche, Tapisserien, sind wir inzwischen eigentlich der Marktführer in Deutschland. Beziehungsweise derjenige, der sicherlich auch die meisten Referenzen hat."
Alte Tapisserien oder Gobelins sind oft sehr wertvoll. Könige und Fürsten haben damit in früheren Zeiten ihre Schlösser verschönert. Wenn solche Textilien restauriert werden, kann das schnell viele Zehntausend oder gar Hunderttausend Euro kosten:
"Wenn der Kunde zum Beispiel sagen würde, es ist mir alles Geld der Welt wert, machen Sie es, Hauptsache, es ist wieder so, wie ich das möchte, und so wie das ethisch-konservatorisch richtig ist, dann kann das auch gern eine Million kosten, das ist überhaupt kein Problem. Wobei diese Bereiche eher selten sind. Aber es geht relativ schnell, dass sich so was auch wirklich im hohen sechsstelligen Bereich bewegen kann."
Die Arbeit an den zum Teil jahrhundertealten Textilien dauert oft Monate. Manche Stücke sind so wertvoll, dass sie ein Museum gar nicht verlassen dürfen. Dann arbeiten die Restauratorinnen aus Halle vor Ort – und stoßen dabei immer wieder auf Überraschungen:
"Handwerker hatten zu der Zeit zum Beispiel auch den Drang, sich dort zu verewigen, haben dort irgendwas eingesteckt, haben eine Haarlocke mit eingenäht, oder die Restauratoren finden eine abgebrochene Nadel oder irgendwas anderes spannend, das ist schon toll."
Heute ist der Bereich Restaurierung mit Abstand der größte Geschäftszweig der Manufaktur. Doch das war nicht immer so: Gegründet wurde die Firma 1946 als Fahnenstickerei. Später kam die Weberei dazu, es wurden vor allem Wandteppiche produziert, aber auch Decken, Kissen oder Stoffbeutel. Zu DDR-Zeiten beschäftigte der Betrieb rund 60 Mitarbeiter, heute sind es noch 14 – was für diesen Bereich immer noch viel ist, erklärt Dirk Willmann.
"Textil hat mal fast 1,5 Millionen Beschäftigte gehabt, inzwischen ist das alles verlagert worden. Das ist Indien, das ist China, das ist Indonesien, also eine Textilindustrie als solches gibt’s in Deutschland gar nicht mehr. Das hängt vor allen Dingen auch damit zusammen, dass es immer preiswerter sein musste über die vielen Jahre und Jahrzehnte, und die Textilindustrie eigentlich de facto fast am Boden liegt."
Weil der Massentextilmarkt nach der Wende nicht mehr rentabel war, hat man sich in Halle mehr und mehr auf Einzelstücke und Restaurierung konzentriert. Eine Besonderheit der Textil- und Gobelinmanufaktur ist die enge Zusammenarbeit mit der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Pro Semester kommen 40 bis 50 Studierende in den Betrieb, sammeln praktische Erfahrungen oder verwirklichen Diplomarbeiten. Franzi Kohlhoff macht einen Master in Textil und müht sich gerade mit einem etwa 30 Zentimeter kurzen Wandteppich:
"Am Tag schaffe ich so zweieinhalb Zentimeter. Und dann guckt man ganz anders auf solche richtigen großen Wandteppiche. Das ist wirklich nur, um mal reinzuschnuppern, dass ich ungefähr eine Vorstellung hab."
Die vielen Studierenden zu betreuen, ist für die Mitarbeiter manchmal schwierig. Gerade wenn zehn oder 15 gleichzeitig für ein paar Wochen da sind. Dennoch glaubt Geschäftsführer Willmann, dass die Manufaktur insgesamt von der Zusammenarbeit profitiert:
"Das ist ein sehr kreativer und befruchtender Prozess, der von uns auch sehr sehr gerne gemacht wird. Es ist auch so, dass wir da immer sehr viel Kraft und sehr viel Energie rausziehen und natürlich auch teilweise Ideen geliefert bekommen, die wir dann auch wieder umsetzen können, gemeinsam mit einem Kunden. Ist schon eine sehr interessante Sache."
Allerdings drückt so viel Ausbildungsarbeit auch das Geschäftsergebnis. Noch erwirtschaftet die Manufaktur keinen Gewinn. Musste sie bislang auch nicht, denn sie ist eine GmbH und gehört zu hundert Prozent dem Land Sachsen-Anhalt. Doch das Land möchte die Firma privatisieren. Seit Dirk Willmann vor dreieinhalb Jahren die Geschäftsleitung übernommen hat, versucht er, die Manufaktur auf Gewinnkurs zu bringen. In zwei bis drei Jahren soll es so weit sein.