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Wankelmütige Vögel

Verhaltensforschung. - Vögel sind ja berühmt für ihr farbenprächtiges Gefieder. Die gleichbleibende Vorliebe der Weibchen führte bei vielen Vogelarten zu immer prächtigeren Männchen. Aber anscheinend sind nicht alle Vogelarten gleich beständig in den Kriterien für die Partnerwahl. Das belegt eine aktuelle Studie in der Fachzeitschrift "Science".

Von Kristin Raabe |
    In den Weiten der amerikanischen Prärie lebt ein kleiner brauner Vogel, die Prärieammer. Aber alljährlich im Frühling ändert sich das Aussehen der ansonsten unscheinbaren Vögel. Die Männchen bekommen weiße Flecken auf den Flügeln und am Körper ist ihr Gefieder nun glänzend schwarz. Und so ausstaffiert werben sie nun um die Weibchen. Der amerikanische Ornithologe Alexis Chaine von der Universität von Kalifornien in Santa Cruz wollte wissen, wie die Zeichnung des Gefieders, den Fortpflanzungserfolg der Männchen beeinflusst.

    "”Wir haben uns auf Charakteristika wie die Größe und die Farbe einiger Merkmale im Gefieder konzentriert. Bei den weißen Flecken auf den Flügeln haben wir beispielsweise gemessen, wie groß und wie hell sie sind. Am Körper haben wir untersucht, wie intensiv das Schwarz ist und wie das Verhältnis von schwarzen zu braunen Federn ist.""

    Da sich das Gefieder der Männchen alljährlich zur Balzzeit verändert, ist naheliegend, dass dies durch Hormone gesteuert wird. Deswegen könnte die Färbung der Federn den Weibchen auch etwas über die körperliche Verfassung des balzenden Werbers signalisieren. Beispielsweise, ob das Männchen über eine Hormonausstattung verfügt, die es durchsetzungsfähig und stark macht. Chaine:

    "”Einige - eigentlich sogar die meisten – dieser Merkmale zeigen an, wie aggressiv ein Männchen ist. Sie können aber auch Hinweise auf andere Qualitäten geben. Möglicherweise signalisieren die Farben und die Zeichnung des Gefieders auch, ob ein Männchen ein fürsorglicher Vater ist. Ob es beispielsweise das Nest gut verteidigen kann, die Jungen gut füttert und sich um das Nest als Ganzes kümmert.""

    Fünf Jahre lang beobachtete Alexis Chaine das Paarungsverhalten der Prärieammern. Er vermaß das Gefieder der Männchen und entnahm Proben ihrer DNA. Damit konnte er dann einen Vaterschaftstest beim Nachwuchs durchführen. Schließlich wollte der Ornithologe herausfinden, welche Gefiederzeichnung von den Weibchen bevorzugt wurde. Aber die weiblichen Prärieammern verhielten sich nicht ganz so, wie erwartet. Chaine:

    "”Wir haben in dem fünfjährigen Beobachtungszeitraum festegestellt, dass die Weibchen immer unterschiedliche Merkmale bevorzugen. In dem einen Jahr waren die weißen Flecken auf den Flügeln und eine stattliche Körpergröße gerade sehr angesagt. Im nächsten Jahr interessierten sich die Weibchen dann vor allem dafür, wie intensiv der Körper des Männchens schwarz gefärbt war. In den fünf Jahren unserer Studie waren die Auswahlkriterien in zwei aufeinanderfolgenden Jahren niemals dieselben.""

    Über das, was hinter der Sprunghaftigkeit der weiblichen Prärieammern steckt, kann Alexis Chaine bislang nur spekulieren.

    "”Wenn ein Weibchen ein Männchen danach auswählt, was es zu der Aufzucht der Jungen beizutragen hat, dann können sich die Auswahlkriterien mit den Jahren ändern. Wenn es in einer Saison viele Feinde gibt, in der Prärie wären das beispielsweise Schlangen, dann wird sie ein Männchen bevorzugen, das durch sein Gefieder signalisiert, dass es ein Nest gut verteidigen kann. Im nächsten Jahr gibt es vielleicht weniger Schlangen, dafür sind die Nahrungsressourcen knapp. Sie wird sich also nun für ein Männchen entscheiden, das gut darin ist, Futter zu besorgen. Wenn sich also die ökologischen Bedingungen in einer Umgebung ändern, dann wählen die Weibchen eben Männchen, die die gerade erforderlichen Fähigkeiten mitbringen.""

    Damit eine Art im Laufe einer jahrtausende währenden Evolution überhaupt Merkmale ausbilden kann, die alle Weibchen der Art interessant finden, müssen die Auswahlkriterien bei der Partnerwahl über lange Zeit konstant sein. Das ist bei den Prärieammern ganz offensichtlich nicht der Fall und deswegen könnten diese unscheinbaren Vögel den Evolutionstheoretikern in Zukunft noch einiges Kopfzerbrechen bereiten.