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Wann wurde es Licht?

Astronomie. - Der Blick ins All ist der Blick zurück in die Zeit - je tiefer, desto weiter zurück. Inzwischen scheint dabei gar der Anfang allen Seins greifbar nah. Im niederländischen Groningen diskutierten rund 130 Experten wie das Universum damals aussah und wann wohl die ersten Sterne entstanden.

Von Dirk Lorenzen |
    Andrew Bunker arbeitet an der Grenze des gerade noch Beobachtbaren. Der Astronom an der Universität von Exeter in England hat das Hubble Ultra Deep Field benutzt, die am weitesten hinaus reichende Himmelsaufnahme aller Zeiten. Die wochenlang belichtete Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops zeigt ein Gewimmel von nahen und fernen Galaxien, erklärt Bunker anlässlich der Tagung "Reionizing the Universe" in Groningen:

    "Wir haben 50 Galaxien identifiziert, die es bereits im gerade erst eine Milliarde Jahre alten Universum gegeben hat und in denen viele Sterne entstehen. Uns interessiert, was in den Galaxien passiert und wie sie im Laufe der kosmischen Geschichte zu größeren Objekten verschmelzen. Dazu muss man wissen, wann wie viele Sterne im Universum entstanden sind - und wir konnten die Sternentstehung jetzt erstmals bei derart schwachen Objekten untersuchen."

    Eine der großen Fragen moderner Astronomie ist, wann die ersten Sterne im Universum aufgeflammt sind. Noch vor wenigen Jahren wähnten die Forscher das Universum unmittelbar nach dem Urknall in einem ein bis zwei Milliarden Jahre andauernden dunklen, weil noch sternlosen Zeitalter. So lange, dachte man, brauchte das nach dem Urknall durch das All wabernde kalte Gas, um zu Sternen und Galaxien zu verklumpen. Die Beobachtungen von Andrew Bunker und seinem Team zeigen, dass es der Kosmos aber offenbar sehr eilig hatte, Licht ins Dunkel bringen:

    "Wir haben das Licht alter Sterne im jungen Universum gesehen - und das beunruhigt einige Theoretiker. Mit dem Spitzer-Weltraumteleskop haben wir die Infrarot- also Wärmestrahlung der auf der Hubble-Aufnahme entdeckten Galaxien beobachtet. Diese fernen Galaxien im frühen Kosmos enthalten auch Sterne, die schon eine ganze Zeit vorher entstanden sein müssen. Wir glauben, in diesen Galaxien viele Sterne zu beobachten, die bereits etwa 400 Millionen Jahre alt sind."

    400 Millionen Jahre sind für Astronomen normalerweise nicht viel - aber die Forscher beobachten diese Sterne im erst eine Milliarde Jahre alten Kosmos! Diese Sterne müssen also bereits 600 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sein. Das Dunkle Zeitalter war offenbar sehr kurz. Die Gasmassen zwischen den beobachteten Galaxien sind sehr heiß - aber die Strahlung der entdeckten Sterne reicht bei weitem nicht aus, das Gas so stark aufzuheizen. Es muss also noch viel mehr Sterne im frühen Kosmos gegeben haben.

    Bisher fügt keine Theorie alle diese Befunde schlüssig zusammen. Wie wurde das nach dem Urknall zunächst abgekühlte Gas so schnell wieder heiß? Wann sind die ersten Sterne aufgeleuchtet? Wie haben sich die Galaxien aus den ersten Bausteinen zur heutigen Größe entwickelt? Andrew Bunker freut sich, dass die Astronomie - wie er sagt - noch immer recht unausgegoren ist, dass es noch viel zu entdecken gibt:

    "Offenbar ist schon sehr früh im Kosmos einiges los gewesen. Das motiviert uns, Instrumente wie das James-Webb-Weltraumteleskop zu bauen, den Nachfolger von Hubble. Das James-Webb-Teleskop wird im Infraroten beobachten und kann noch weiter zurück in die kosmische Geschichte blicken als Hubble. Vielleicht liefen damals andere physikalische Prozesse ab und die Sterne sind anders entstanden als heute. Oder gibt es noch viel schwächere Galaxien, die wir bisher einfach übersehen haben? Das ist unwahrscheinlich, aber möglich. Diese jetzt ganz aktuell aufgetauchten Fragen werden sich in den kommenden Jahren klären lassen. Es ist eine sehr aufregende Zeit für uns."