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Waren Vulkane schuld am Aussterben der Dinosaurier?

Paläontologie. - Die Dinosaurier sind ausgestorben, weil ein Asteroid eingeschlagen ist und die urzeitlichen Riesen dahingerafft hat. So lautet die bekannteste Theorie zum Aussterben der Dinos. Hinter den Kulissen gibt es jedoch eine heftige Debatte darüber, was vor 65 Millionen Jahren tatsächlich geschehen ist. Eine der Konkurrenztheorien, nach der ein ungewöhnlich heftiger Vulkanismus das Ende der Dinosaurierherrschaft eingeläutet haben soll, bekommt durch einen gerade erschienen Aufsatz in den "Earth and Planetary Science Letters" Nachdruck.

Von Dagmar Röhrlich | 28.01.2004
    Seit mindestens 540 Millionen Jahren ist das Duo Erde und höheres Leben eine Erfolgsgeschichte. Nur fünfmal gab es bislang Probleme: In diesen Krisenzeiten verschwanden urplötzlich 70, 80, gar 95 Prozent aller Arten - und zurück blieben leergefegte Meere und Kontinente. Das berühmteste dieser "Massenaussterben" ist das vor 65 Millionen Jahren, das die Dinosaurier hinwegraffte. Das Ende der Großechsen soll förmlich ein "Hammer Gottes" gewesen sein - in Form eines Asteroiden, der die Erde traf. Diese Idee aus den 80ern basiert auf Indizien: etwa Schockformen von Quarz, die durch hohen Druck entstanden sind und Anreicherungen von seltenen Elementen wie Iridium. Als sich später vor der mexikanischen Halbinsel Yucatan der passenden Krater fand, schien alles perfekt. Trotzdem ist nichts bewiesen, so dass eine Gegentheorie punkten kann.

    Inzwischen haben wir für die drei jüngsten Massenaussterben geschockte Quarze gefunden. Bei dreien von fünf. Und: Wenn in der Erdgeschichte Schockquarze und Massenaussterben gemeinsam auftreten, passiert das immer dann, wenn Kontinente auseinander brechen, wobei gewaltige Basaltdecken ausfließen.

    So der Geophysiker Jason Morgan vom Geomar in Kiel. Für das Ende der Saurier beschreibt er, was ihm und seinen Kollegen aufgefallen ist. Damals, vor 65 Millionen Jahren, haben sich die Seychellen von Indien abgespalten und dabei ergoss sich der Dekkan-Basalt über Indien: ein viele Kilometer mächtiger Flutbasalt, der den halben Subkontinent bedeckt.

    Es scheint dabei eine sehr starke Korrelation zwischen Einschlagssignalen und Vulkanismus zu geben. Die Einschlagssignale scheinen immer dann aufzutreten, nachdem der Vulkanismus bereits begonnen hat.

    Also erst Vulkanausbruch und dann Schockquarze und Iridium - dieser zeitliche Zusammenhang ist erst jetzt dank stark verbesserter Datierungsverfahren deutlich erkennbar. Und dass ein dreimaliges Zusammentreffen dieser Phänomene mit einem Massenaussterben Zufall sei....

    Das wäre zu viel des Guten, wenn es keinen kausalen Zusammenhang gäbe. Es scheint, als ob die Kausalität eher aus dem Erdinneren kommt als von außen.

    Löste also der Dekkan-Vulkanismus den Tod der Saurier aus? Diese Idee ist nicht neu und stammt auch aus den 80ern. Allerdings konnte sie damals weder Schockquarze noch Iridum erklären. Hier setzen die Geomar-Forscher an. Solch gigantische Flutbasalte wie die von Dekkan entstehen durch eine besondere Form des Vulkanismus, durch "Plumes". Dabei frisst sich ultraheißes Material wie ein Schneidbrenner von sehr tief unten aus dem Erdinneren nach oben. Trifft ein großer Plume auf einen Kontinent, kann er ihn zerbrechen: wie bei Indien und den Seychellen. Das Magma, das der Plume tief in der Erdkruste erzeugt, ist sehr kohlendioxidreich.

    Wir haben einen Mechanismus gesucht, der Signale wie Iridium und Schockquarze ohne Einschlag verursacht. Wenn dieses kohlendioxidreiche Magma bis auf etwa 80 Kilometer unter der Oberfläche aufgestiegen ist, kann es das viele in der Schmelze gelöste Gas nicht mehr halten. Es setzt sich in der Magmenkammer ab, der Druck steigt gewaltig, bis es schließlich zu einer Explosion kommt, die das Gestein darüber regelrecht zerfetzt. Und bei dieser gewaltigen Eruption entstehen die Einschlagssignale.

    Wie Hochdruckformen von Quarz. Das Iridium wäre mit dem Plume vom tiefsten Erdinneren aufgestiegen und durch die Explosion rund um den Globus verteilt worden. Ein solcher Ausbruch wäre Milliarden Mal stärker als der des Pinatubo, und schon der hat unser Klima spürbar gestört. Die ungeheuren Mengen an Staub und Gasen hätten das Klima damals wohl vollkommen aus den Fugen gebracht - und das Massenaussterben ausgelöst. Stimmt das, wäre nicht der Flutbasalt von Dekkan der Zufall, sondern der Einschlag von Yucatan, so Jason Morgan. Der Asteroid hätte dann zwar einen großen Krater hinterlassen, aber keinen bleibenden Eindruck auf das Leben.