Archiv


Warnstreiks im öffentlichen Dienst auf Flughäfen

Durch die Warnstreiks auf mehreren deutschen Flughäfen sind Hunderte von Flügen ausgefallen. Die Airlines und die Flughafenbetreiber klagen über hohe Kosten. Verkehrsexperten und Volkswirte sehen die wirtschaftlichen Folgen als weniger gravierend.

Von Brigitte Scholtes |
    Der Flughafen Frankfurt ist in diesem Jahr schon streikerprobt. Die Erfahrungen aus dem neuntägigen Ausstand des Vorfeldpersonals hat der Flughafenbetreiber Fraport heute gut einbringen können. Einbringen insofern, als die Fluggesellschaften, die Flugsicherung und Fraport im Vorhinein gemeinsam die Kapazitäten abgeschätzt haben, die für sie heute zu schaffen waren.

    So wurde ein Drittel der Flüge annulliert, beim Streik des Vorfeldpersonals war nur ein Fünftel ausgefallen. Deshalb sind auch die Kosten noch nicht genau abzuschätzen: Der neuntägige Ausstand des Vorfeldpersonals hatte Fraport einen mittleren einstelligen Millionenbetrag gekostet. Doch immerhin: Die Beteiligten konnten sich vorbereiten und die betroffenen Passagiere rechtzeitig informiert werden.

    Über die Kosten gibt auch die Lufthansa keine Auskunft. Sie klagt jedoch, dass sie wieder einmal die Leidtragende des Streiks gewesen sei, obwohl sie eigentlich ja nicht beteiligt sei. Der Arbeitskampf im Februar hatte sie einen hohen zweistelligen Millionenbetrag gekostet. Denn Streiks seien eine erhebliche Belastung für den Luftverkehr, erklärte Lufthansa-Chef Christoph Franz noch vor einigen Tagen:

    "Allein die Streikandrohung ist in unserer Branche ja bereits der größte Schaden und führte auch in diesem Fall zu einem Abriss der Buchungseingänge. Und ein Flugzeug, das nicht geflogen ist oder ein Flug, der leer abgeflogen ist: Das Produkt kann nicht nachgeholt werden. Insofern handeln wir eben hier mit verderblicher Ware."

    Das gilt für Geschäftsreisende, nicht unbedingt aber für andere Bereiche, meint Eric Heymann, Verkehrsexperte der Deutschen Bank:

    "Etwas anders sieht es vielleicht im Passagebereich aus, wo es um Urlaubsreisen geht. Auch da kann man sich vorstellen, dass Urlauber, die an einem Tag nicht fliegen konnten, dann einige Tage diese Reise noch aufnehmen werden. Und es sieht auch im Cargo-Bereich so aus, dass die Flüge, die ausfallen, dann auch zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden können. Zumindest muss die Fracht verschifft werden. Dass insgesamt vielleicht der ein oder andere Flug weniger stattfindet, mag auch der Fall sein. Aber die Fracht muss ja von A nach B transportiert werden."

    Die anderen Flughäfen in Deutschland waren heute weniger betroffen als Frankfurt, fast hatte man den Eindruck, als sei durch die Streikandrohung der Ehrgeiz der Flughafenbetreiber geweckt worden, die Auswirkungen möglichst gering zu halten. Grundsätzlich aber trifft ein kurzer Streik die Branche nicht so stark, sagt Heymann, die Kosten seien überschaubar:

    "Wir haben da ja einige Erfahrungen aus der Vergangenheit, wo nach dem Vulkanausbruch auf Island der Flugverkehr im europäischen Raum für mehrere Tage ausgefallen war. Die Unternehmen aus der Industrie haben das relativ gut verkraftet. Sie sind auch so flexibel, dass sie da ihre Wertschöpfungsketten, ihre Lieferantenwege und Bezugsketten auch anpassen können, das heißt einige wenige Tage dürften für die meisten kein Problem darstellen. Wenn sich so was über mehrere Tage oder Wochen hinziehen würde, dann hätte man natürlich Effekte, die auch die jeweiligen Wertschöpfungsketten betreffen würden. Aber aktuell und kurzfristig sehe ich da keine Probleme."

    Auf die Entwicklung der deutschen Wirtschaft insgesamt hat der heutige Streik jedenfalls keine Auswirkungen, die Ausfälle seien vernachlässigbar, sagen Volkswirte. Sollte es jedoch zu einer Eskalation und einem länger dauernden Ausstand kommen, dann werden auch die Volkswirte noch mals neu rechnen müssen. Schließlich wird inzwischen ein Drittel des gesamten Welthandelsvolumens mit dem Flugzeug transportiert.