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Warum Bioprodukte in Deutschland so teuer sind

Tomaten, Brot und einen Liter Milch hat Kundin Ute Bräckle bei Michael Boyer gerade gekauft. In Boyers kleinem Naturkostladen liegen dicke Salatköpfe, leuchtende Kürbisse und knallrote Tomaten in Holzkisten nebeneinander. Der 40jährige ist selber Ökolandwirt und weiß, warum seine Möhren mehr kosten müssen, als die konventionellen Möhren im Supermarkt.

von Carolin Hoffrogge |
    Wenn ein Gemüsebauer mit 30 bis 40 Gemüsesorten arbeitet, kann er nicht 30 bis 40 verschiedene Maschinen anschaffen zur Unkrautbekämpfung, sondern kann sich eine kaufen, also Handarbeit wird immer bleiben, und Handarbeit ist einfach teuer.

    Der Gemüsebauer muß ständig Unkraut jäten, der Tierhalter kann nur wenige Tiere in einem Stall halten, so sind die Richtlinien des Ökolandbaus. Das kostet mehr. Aber diese Mehrarbeit der Landwirte macht die Produkte nur geringfügig teurer, so Professor Achim Spiller, Professor für Lebensmittelmarketing an der Universität Göttingen.

    Der größte Teil der Mehrkosten kommt nicht aus der Landwirtschaft sondern aus der Verarbeitung, also der Industrie, Molkereibetriebe, Schlachthöfe, Wurstverarbeitung.

    Biomilch, Biojoghurt, Biokäse: alle Milchprodukte werden in den herkömmlichen regionalen Molkereien verarbeitet. Dafür müssen die Maschinen jedesmal extra gereinigt werden. Das gleiche gilt für Biofleisch in den Schlachthöfen. So kostet der Öko- Schweinebraten 90 Prozent mehr als der herkömmliche. Aber auch der Einzelhandel, also die Supermarktketten, die Bioprodukte in ihre Regale stellen, schlagen noch mal ordentlich auf die Preise drauf, so Achim Spiller. Der Biolandwirt verdient nicht an seiner Milch.

    Sie erhalten ja für ihre Milch 7 bis 8 Eurocent mehr für ihre Biomilch und wenn sie sich mal anschauen, wie viel teurer die Biomilch dann im Regal ist, dann sehen sie, wie groß der Unterschied ist, zwischen dem, was die Landwirte mehr bekommen und dem was die Biomilch, nämlich 25, 30 Cent mehr im Laden kostet.

    Bekommt der Landwirt 41 Cent für seine Biomilch kostet sie im Naturkostladen oder auch Supermarkt bis zu 1 Euro 9 Cent. Ein satter Preisaufschlag. Ob Bionudeln, Biobrot oder Biokäse, 35 Prozent aller Supermarktkunden sind bereit, diese Produkte zu kaufen, fand Professor Spiller heraus.
    Dazu müssen die Unternehmen die Produkte auch richtig plazieren, die dürfen nicht irgendwo versteckt sein. Wenn man heute in dem Supermarkt geht und Bioprodukte sucht, muß man ja ne Lupe mitnehmen. So haben wir zum Beispiel bei Edeka die Bionudeln neben dem Tierfutter gefunden. Da sucht sie natürlich niemand. Da darf man sich nicht wundern, wenn die Bionudeln nur in homöopathischen Mengen abgesetzt werden. Die Unternehmen müssen mutig werden, den Produkten mehr Platz einräumen. Nach unserer Studie ist zu erwarten, das die Produkte sich dann wesentlich besser verkaufen als das bisher der Fall ist.

    Spillers Studie hat gezeigt, dass sogar die Hälfte aller Verbraucher öfter Bio kaufen würden, wenn die Grundnahungsmittel wie Milch und Butter, Zucker und Mehl in Bioqualität billiger wären. Das Gleiche gilt für Biofleisch. Ist Rinderschmorfleisch Bio zur Zeit 90 Prozent teurer als die konventionelle Ware, sind es bei Schweinekotelett sogar 95 Prozent. Achim Spiller zeigt an einem Beispiel aus der Schweiz wie die Kundenwerbung effizienter funktioniert.

    In der Schweiz gibt es das Unternehmen Coop, das ist dort das zweitgrößte Lebensmittel- Handelsunternehmen. Die haben sehr erfolgreich Biolebensmittel eingeführt. Die haben das gemacht, indem sie die Produkte subventioniert haben. Die haben gesagt, wir legen am Anfang etwas drauf, damit viele Verbraucher das auch mal testen und dafür möglicherweise entscheiden und wenn dann der Absatz immer größer wird, dann sinken auch unsere Kosten und dann verdienen wir hinterher auch wieder an diesen Bioprodukten, aber wir müssen erst mal bereit sein auch ein gewissen Risiko einzugehen, um diesen Markt zu erschließen, da sind die deutschen Unternehmen viel zu vorsichtig.

    Fazit von Professor Spiller: die Biolebensmittel brauchen bessere Plätze im Supermarkt, sie müssen in Zeitungen, Funk und Fernsehen stärker beworben werden. Außerdem sollen die Landwirte großflächiger anbauen und die Verarbeitung ihrer Bioprodukte effizienter organisieren.