
Wie steht es um die Fähigkeit zur Drohnenabwehr?
Bei dem Drohnenvorfall ließ der Generalstab der polnischen Armee die Flugobjekte von polnischen und in Polen stationierten niederländischen Kampfjets abschießen. Das ist aufwendig, dient aber der Sicherheit der Bevölkerung. In Deutschland hat der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, die fehlenden Fähigkeiten zur Abwehr von Drohnen als größte Schwäche bezeichnet. Er sprach zwar für die Bundeswehr - aber in anderen NATO-Streitkräften ist die Lage kaum anders. Nun soll wieder eine Heeresflugabwehr aufgebaut werden. Die Bundeswehr wartet dafür auf Waffensysteme wie den Skyranger, ein mobiles Flugabwehrsystem auf Fahrzeugen.
Die Ukraine bekommt diese Waffe noch vor der Bundeswehr. Das Heer setzt auch auf die sogenannte Fliegerabwehr aller Truppen. Dabei werden auch Waffen genutzt, die nicht als erstes für den Einsatz gegen Ziele in der Luft gedacht sind. Mais nannte als Beispiel die 30-Millimeter-Kanone des Schützenpanzers Puma und Änderungen am Feuerleitrechner des Systems.
Wie ist die Situation an Polens Ostgrenze?
An insgesamt 1.200 Kilometern seiner Ostgrenze hat es Polen Nachbarn, die nicht Teil von EU und NATO sind. Das Land grenzt an die russische Exklave Kaliningrad, an das mit Moskau verbündete Belarus und an die Ukraine. Für russische Drohnen sind Ziele in Polen daher leicht erreichbar, da diese auch aus Belarus oder Kaliningrad gestartet werden können.
Mit besonderer Besorgnis blickt man in Warschau auf das geplante russisch-belarussische Militärmanöver Sapad 2025, das vom 12. bis 16. September abgehalten werden soll. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, geht bei der russisch-belarussischen Großübung von rund 13.000 übenden Soldaten in Belarus und weiteren 30.000 auf russischem Gebiet aus.
Wie kann die Luftverteidigung gestärkt werden?
NATO-Militärs berieten nun, wie und mit welchen Systemen die Luftverteidigung an der Ostflanke verstärkt werden könnte. Der Einsatz von Kampfflugzeugen wie des Tarnkappenjets F-35 und Lenkflugkörpern ist kostspielig.
Dass es sich beim Einflug um ein Versehen handelt, erscheint nach Prüfungen aus Militärkreisen unwahrscheinlich. Der Großteil der Drohnen oder möglicherweise sogar alle seien mit Sprengstoff bestückt gewesen. Auffällig war aber, dass mehrere Drohnen ohne Detonation am Boden einschlugen. Mindestens eine Drohne sei allerdings in Richtung Verteilzentrum für die Ukraine-Militärhilfe am Flughafen Rzeszow gesteuert, wurde der dpa aus NATO-Kreisen erklärt. Auch der "Spiegel" berichtete darüber.
Was verlangt Polen von den NATO-Partnern?
Regierungschef Tusk hat Polens Forderung klar formuliert: "Wir erwarten deutlich mehr Unterstützung bei der Verteidigung des polnischen Luftraums". Verteidigungsminister Kosiniak-Kamysz sagte, Schweden wolle kurzfristig Gerät zur Luftabwehr und Flugzeuge nach Polen verlegen. Tschechien will drei Hubschrauber einer Spezialeinheit entsenden. Sie sollen der polnischen Armee helfen, das Land vor Drohnen zu schützen, die in geringer Höhe operieren. Auch der niederländische Verteidigungsminister Ruben Brekelmans sagte weitere Hilfe bei der Luftabwehr zu. Nach Angaben von Kosiniak-Kamysz gibt es außerdem Angebote aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Finnland und den baltischen Staaten.
Wie reagiert Deutschland?
Die Bundesregierung weitet ihre Hilfe für die Luftraumüberwachung im Nachbarland aus. Regierungssprecher Kornelius sagte in Berlin, man werde zusätzlich zu den bestehenden Verpflichtungen im Baltikum das sogenannte Air Policing über dem NATO- und EU-Partner Polen "verlängern und ausweiten".
Vorwurf der psychologischen Kriegsführung
In Polen wird das Eindringen der russischen Drohnen auf NATO-Gebiet nicht nur als Akt der militärischen Aggression, sondern vor allem als Teil von Moskaus psychologischer Kriegsführung gewertet. Regierungschef Tusk mahnte zudem die Bevölkerung, sich nicht an Desinformationskampagnen zu beteiligen. "Die Verbreitung russischer Propaganda und Desinformation in der heutigen Situation ist ein Akt zum Schaden des polnischen Staates, der direkt auf die Sicherheit des Vaterlandes und seiner Bürger abzielt", schrieb Tusk auf X.
Das polnische Digitalisierungsministerium warnte ebenfalls vor Desinformation im Netz und veröffentlichte eine Liste der Erzählungen, die von russischen und belarussischen Quellen verbreitet werden. Dazu gehört die Behauptung, dass die Ukraine das EU- und NATO-Mitglied Polen in den Krieg mit Russland hineinziehen wolle und selbst die Drohnen ins Nachbarland geschickt habe.
(Mit Material der Deutschen Presse-Agentur)
Diese Nachricht wurde am 11.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.