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Warum die Kraft-Wärme-Kopplung trotz Förderung stagniert

Knapp zehn Prozent des Stroms wird in Deutschland derzeit in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen erzeugt, rund neuntausend solcher Anlagen gibt es: vom großen Dampfturbinen-Kraftwerk bis zum dezentralen Blockheizkraftwerk, das zum Beispiel ein Schwimmbad oder ein Wohngebäude mit Strom und Wärme versorgt. Die Erzeugung von Energie bei gleichzeitiger Nutzung der dabei entstehenden Wärme gilt als effizient und umweltfreundlich: Sie ermöglicht einerseits Energie-Einsparung, andererseits eine Verringerung des CO2-Ausstoßes. Markus Gailfuß vom Blockheizkraftwerk-Infozentrum in Rastatt:

Von Victoria Eglau |
    Wenn wir das mit dem derzeitigen Strom-Mix vergleichen, den wir haben, also aus den Großkraftwerken – Steinkohle, Braunkohle – und auch aus den Kraftwerken, die im Bereich Wasserkraft angesiedelt sind, und die regenerativen Energiequellen - und auf der anderen Seite, der Wärmeseite, dann die Heizungszentralen betrachten, dann erreichen wir so eine Minderung, die im optimalen Fall zwischen 20 und 30 Prozent liegt.

    Kraft-Wärme-Kopplung – kurz KWK – das ist das Verfahren, mit dem zur Zeit am wirksamsten CO2-Emissionen verringert werden können, sagt Experte Markus Gailfuß. Das sah auch die rot-grüne Bundesregierung so. Um ihr Klimaziel zu erreichen – die Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes um ein Viertel bis 2005 – setzte sie auf die KWK. Einsparungen von bis zu 23 Millionen Tonnen CO2 wollte sie durch die Förderung dieser Technologie erzielen. Durch das hierzu erlassene Gesetz – in Kraft getreten vor vierzehn Monaten – erhalten die Betreiber von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen Zuschlagszahlungen. Am höchsten sind diese für kleine Blockheizkraftwerke, die nach dem 1. April 2002 in Betrieb genommen wurden. Doch trotz des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes bekommen die meisten Betreiber heute nicht mehr, sondern weniger Geld für den Strom, den sie produzieren und ins Netz einspeisen. Markus Gailfuß vom Blockheizkraftwerk-Infozentrum erklärt, warum:

    Das Problem ist, dass bestehende KWK-Anlagen, z.B. die im Jahre 1995 errichtet worden sind, einen nur geringen Zuschlag auf den bisherigen Strompreis erhalten. Und auf der anderen Seite zum 1. April 2003 sehr viele Energieversorger ihre Stromeinspeise-Vergütung deutlich abgesenkt haben. Und so kommt es, dass viele der neuen Bestandsanlagen heute in Bezug auf die Stromvergütung schlechter gestellt sind als vor dem 1. April, also vor dem Inkrafttreten des KWK-Gesetzes.

    Bisher zeigen gerade die großen Energieversorger wenig Interesse an Kraft-Wärme-Kopplung und versuchen teilweise sogar, die Errichtung von kleinen, dezentralen Blockheizkraftwerken zu verhindern:

    Es gibt sowohl Energieversorgungsunternehmen, insbesondere regionale und kommunale, die sehr wohl die KWK-Anlagen fördern, bzw. KWK-Anlagen errichten. Und es gibt andere Energieversorgungsunternehmen, die sehr restriktiv gegen Blockheizkraftwerke oder KWK-Anlagen vorgehen, und versuchen, diese mit sehr geringen Einspeisevergütungen aus dem Markt zu nehmen. Das heißt, wenn ein Kunde sagt, ich würde mir jetzt gerne ein BHKW in den Keller stellen, dann kann es sein, dass das Energieversorgungsunternehmen vor Ort sagt: Wir bieten Dir einen geringeren Strompreis, wenn Du das nicht tust.

    Dass Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland trotz der politischen Bemühungen keinen Aufschwung sondern vielmehr einen Einbruch erlebt hat, hat noch einen anderen Grund: Die nach der Liberalisierung des Energiemarktes gesunkenen Strompreise. Markus Gailfuß:

    Aufgrund dieses Strompreisverfalls wurden einige KWK-Anlagen unwirtschaftlich. Und aufgrund dieser Tatsache gab es eine sehr geringe Investitionsbereitschaft der Kunden, weil ganz einfach die Wirtschaftlichkeit nicht so gut war, wie sie vor der Liberalisierung war.

    Wer in Deutschland heute ein Blockheizkraftwerk bauen will, muss damit rechnen, die Investitionskosten erst nach vier bis fünf Jahren erwirtschaftet zu haben. Bei einer Anlage für ein Mehrfamilienhaus sind es sogar sieben bis acht Jahre. Manch ein potentieller Betreiber lässt sich von diesen relativ langen Refinanzierungszeiten abschrecken. Und doch sieht Markus Gailfuß ein großes Potential für Blockheizkraftwerke überall dort, wo in etwa gleichem Umfang Strom und Wärme benötigt werden: zum Beispiel bei Museen, Bibliotheken, Schulen, Schwimmbädern und Fitness-Studios, aber auch in Brauereien und in der Papierindustrie. Wenn der Strompreis in einigen Jahren wieder anziehen werde, so Gailfuß, dann werde sich auch die Wirtschaftlichkeit von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen verbessern:

    Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass zukünftig der Ausbau weiter fortschreiten wird. Insbesondere deshalb, weil der Strompreis spätestens am Ende dieser Dekade, also 2008, 2009 ansteigen wird, weil dann die großen Energieversorger gezwungen sein werden, ihre alten Anlagen stillzulegen, und neue Anlagen zu bauen. Und dann haben diese EVU das Problem, dass sie die Kosten wieder zurückholen müssen.