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Warum Männer überflüssig sind

"Sind Männer nötig?" lautet der provokante Titel eines neuen Buchs, das in den USA heftige Debatten ausgelöst hat. Seine Autorin, Maureen Dowd, einzige Frau unter den renommierten Kolumnisten der New York Times, rechnet darin mit ihren Geschlechtsgenossinnen ab: In Sachen Emanzipation hätten die Frauen sich selbst auf den Stand von 1950 zurückmanövriert. Ihre Forderung: Mehr Radikalität wagen, und zwar ohne Männer.

Von Gregor Peter Schmitz |
    Wer Maureen Dowd von der "New York Times" zum Feind hat, sollte besser das Lesen drangeben. Die einzige Frau unter den ehrwürdigen "Times"-Kolumnisten spießte mit spitzer Feder etwa Bill Clinton in der Lewinsky-Affäre auf - er benehme sich wie ein hysterisches Teenagermädchen, das über seine Unschuld lüge, schrieb Dowd damals. US-Außenministerin Condoleezza Rice nennt die Autorin gerne das "willige Hausmädchen" von Präsident George W. Bush. Der wiederum hat, darf man Dowds Kolumnen glauben, eine Schwäche für Frauen in Burkas. Zweimal die Woche feuert die 53 Jahre alte Journalistin ihre mit Wortspielen und Aphorismen gepfefferten Kolumnen ab und seziert die große Politik nach persönlichen Eitelkeiten und Machtkämpfen. Besonders gerne spielt Dowd dabei auf die Paradoxien des Geschlechterkampfs an. Etwa wenn sie die Bush-Administration als wissenschaftlichen Beleg anführt, dass Männer einfach nicht zum Regieren geeignet seien. Höchste Zeit also eigentlich, mit der ganzen Spezies abzurechnen - was Dowd auch in ihrem aktuellen Buch tut. Das ist seit ein paar Wochen auf dem Markt und heißt "Are men necessary?" - "Braucht man Männer?"
    Natürlich will Dowd den Titel nicht einfach als Polemik verstanden wissen. Ernsthaft verweist sie bei Lesungen auf wissenschaftliche Studien, die das Schrumpfen des Y-Chromosoms bestätigen. "Männer sind dem Untergang geweiht, die Ärmsten", sagt sie. Und entwickelt daraus ihre eigene Schlussfolgerung: "Nun, da Frauen Männer nicht mehr brauchen, um Kinder zu kriegen oder finanziell zu überleben, sollen wir sie da überhaupt behalten? Die Antwort ist wohl, dass sie die Rolle von Eiscreme einnehmen werden - als schmückendes Beiwerk."
    Doch wäre Dowd nicht Dowd, ginge es ihr nur um Zukunftsszenarien, nicht um handfeste Revanche. Schon lange treibt sie um, weshalb erfolgreiche Frauen es noch immer schwer haben im Geschlechterkampf. Sie schreibt: "Erst nach Jahrzehnten haben wir gemerkt, dass alles was uns im Konferenzraum nutzt, unsere Chancen im Schlafzimmer mindert." Die Autorin erzählt bei Lesungen von Männern, die ihr gestehen, leichter zu beeindruckende Frauen attraktiver zu finden. Dowd folgert im Buch: "Wäre ich eine Putzhilfe, hätte ich größere Chancen bei Männern."

    Ihr Werk ist also auch eine sehr persönliche Abrechnung. Es sucht zu ergründen, warum Männer immer noch Angst haben vor erfolgreichen Partnerinnen, wie das Frauenverständnis eines "modern girl" auszusehen hat - und ganz nebenbei, warum Dowd immer noch keinen festen Partner hat. Als seriöse Vorkämpferin für mehr Gleichberechtigung ist Dowd auf den ersten Blick eine überraschende Besetzung: Mit ihren langen roten Haaren und stets tiefrot geschminkten Lippen schaut sie eher aus wie ein Glamourgirl als ein frustriertes Mauerblümchen. Ihr Privatleben ist eigentlich die beste Widerlegung der These, erfolgreiche Frauen könnten zwischen den Laken keinen Spaß haben - sie hatte unter anderem Affären mit dem Times-Chefredakteur oder Michael Douglas. Außerdem hat Dowd so eine freche Zunge, dass sie selbst die seriöseste und besorgniserregendste Statistik (denn es lässt sich ja in Zahlen leicht belegen, dass bestens ausgebildete Frauen tatsächlich Schwierigkeiten haben, einen Partner zu finden), noch für einen flotten Aphorismus verkaufen würde - einen wie "Die Araber stecken ihre Frauen in Burkas, wir in Strumpfhosen."

    Und genau das nehmen ihr nun viele Rezensenten und Kritiker übel. Vor allem Frauen. Die bekannte Autorin Katie Roiphe fasste die Kritikwelle so zusammen:" Vielleicht liegt es einfach an ihrer Person, nicht am Zeitgeist, dass sie Single ist. Jedenfalls taugen Dowds flotte Sprüche nicht für eine ernsthafte Debatte über Sexualpolitik. Sie sollte sich fragen: "Braucht man Maureen Dowd?"
    Die streitbare Autorin stört das natürlich herzlich wenig. Aufgabe einer Kolumnistin sei es zu provozieren, sagt Dowd bloß. Und sie hat ja gar Trost parat für bangende Männer. Ihre 97 Jahre alte Mutter hat das Buch gelesen und gesagt, für mindestens eine Sache werde man die immer brauchen: Zum Kistentragen.