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Was bringt die EU-Agrarreform dem Steuerzahler?

Der BUND kritisiert nicht die EU-Agrarreform selbst . Denn die hat eine Reihe von Elementen, die aus Sicht eines Umweltverbandes durchaus positiv sind in der Agrarpolitik. Aber jetzt sind die Umweltschützer vor allem an die Öffentlichkeit gegangen, weil sie glauben, dass man den unionsgeführten Bundesländern im Vermittlungsausschuss des Bundesrates zu weit entgegengekommen sei. Den Ländern also, die, grob gesagt, für eine weniger ökologisch orientierte Agrarpolitik stehen. Nicht nur in der Sache hat die Bundesregierung nach Ansicht des BUND zu viele Kompromisse gemacht, sondern auch, was den Zeitplan der Umsetzung der EU-Agrarreform angeht. Das sagt Reinhild Benning, Agrarexpertin des Verbandes:

Von Andreas Baum |
    Wir stehen kurz davor, dass die Agrarreform in Deutschland in ein Gesetz gegossen wird, und wir haben festgestellt, dass der Bundesrat und der Bund sich darauf geeinigt haben, dass die Agrarreform erst im Jahre 2010 die Wirkung hat eines Paradigmenwechsels, dass nämlich nicht nur Mais- und Bullenbauern den Großteil der Prämien erhalten, sondern dass auch umweltfreundlicher wirtschaftende Betriebe Prämien erhalten. Das ist uns zu spät, deshalb möchten wir noch mal eingreifen und darauf hinweisen, welche Möglichkeiten jetzt noch bestehen, um die Reform auch umweltgerecht zu gestalten.

    Denn was jetzt geschieht, ist, dass die Großbetriebe weiterhin von den Subventionstöpfen aus Brüssel profitieren, auch wenn sie bisher großen ökologischen Schaden verursacht hätten durch all die Methoden, die Umweltschützer als schlecht beurteilen: Überproduktion, Pestizid-Einsatz, Landschaftszerstörung, Massentierhaltung, Schadstoffemissionen. Bleibt es bei dem Zeitplan, dann würden die Umweltvorteile der EU-Agrarreform erst zu spät spürbar werden. Dies sei auch deshalb nicht zu vertreten, weil ja unser aller Steuergelder weiter für umweltschädliche Landwirtschaft ausgegeben würden, die die Bürger selbst gar nicht mehr wollen. 43 Euro, so hat der BUND ausgerechnet, gibt jeder Erwerbstätige im Jahr für die Förderung nicht artgerechter Tierhaltung aus – ohne es zu wissen oder zu wollen. Reinhild Benning sagt, dass dies nicht im Sinne der Mehrheiten in Europa ist:

    Wenn man die Bevölkerung fragt, was erwartet sie von der Landwirtschaft, dann möchte sie eine multifunktionale Landwirtschaft. Sie möchte eine gesunde Ernährung, artgerechte Tierhaltung und schöne Landschaften. Wir sehen hier noch großen Reformbedarf, auch auf EU-Ebene weiterhin, die Dimensionen sind gewaltig. Wir haben erst mal 13 Prozent des Haushaltes auf EU-Ebene für überhaupt Alternativen, nämlich die Entwicklung des ländlichen Raums, und knapp 90 Prozent gehen in die Produktionsförderung und das muss auf Dauer umgestaltet werden.

    Kern der EU-Agrarreform ist die Flächenprämie, das bedeutet, dass Landwirte gefördert werden nach den Hektar-Größen ihrer Betriebe und nicht mehr nach bestimmten Produkten wie Mais oder Rindfleisch. Im Prinzip gut für die Umwelt, sagt der BUND, weil so niemand mehr genötigt wird, so viel wie möglich auf seiner Fläche zu produzieren, extensive Wirtschaftsformen hätten so eher eine Chance und davon wiederum profitiert die Natur im ländlichen Raum. Die Flächenprämie soll Monokulturen und schlimme Auswüchse intensiver Landwirtschaft verhindern. Die Umweltschützer begrüßen, dass sie kommt, und kritisieren, dass sie zu spät kommt. Und weil bestimmte Bundesländer mit diesem Verhalten im Bundesrat dem Umweltschutz keinen Dienst erwiesen hätten, seien sie nun mehr als zuvor in der Pflicht:

    Es kommt jetzt nach dieser Reformumsetzung ganz besonders darauf an, dass die Bundesländer neue Programme entwickeln, mit denen die umweltverträgliche Bewirtschaftung, die Grünlandwirtschaft, dass für diese Betriebe Förderungen entstehen.

    Denn diese Grünlandbetriebe, also die Milchbauern, sind noch von einem weiteren Phänomen bedroht, dem der sinkenden Milchpreise. Vielfältige Kulturlandschaften sind ohne diese Grasflächen nicht denkbar. Die Verluste der Milchbauern durch sinkende Preise, so rechnet es der BUND vor, werden nur zu 60 Prozent durch neue Milchprämien kompensiert. Mit der vollen Flächenprämie, die beträgt rund 300 Euro pro Hektar, können sie erst im Jahr 2013 rechnen. Für viele ist das zu spät, sie könnten dazu gezwungen werden, ihr Land intensiver zu bewirtschaften, was die Naturräume gefährden würde.