Samstag, 27. April 2024

Zusage deutscher Beteiligung
Was die internationale Luftbrücke im Gazastreifen bewirken kann - und was nicht

Auch Deutschland will sich an der Luftbrücke zur Versorgung der Menschen im Gazastreifen beteiligen. Zwei Transportflugzeuge werden dazu bereitgestellt. Ein Lichtblick für die Bevölkerung im Krisengebiet, nachdem Lieferungen an Land und über den Seeweg zuletzt nur schleppend vorankamen. Doch was bringt eine Luftbrücke, wie sie bereits von Jordanien und den USA umgesetzt wird?

14.03.2024
    Gaza-Stadt: Die US-Luftwaffe wirft humanitäre Hilfe für Palästinenser im Gazastreifen ab.
    Flugzeuge der US-Luftwaffe haben bereits mehrmals humanitäre Hilfe für Palästinenser im Gazastreifen abgworfen. Deutschland will folgen. (Mahmoud Essa / AP / dpa / Mahmoud Essa)

    Warum sind Hilfslieferungen aus der Luft überhaupt nötig?

    Nach fünf Monaten Krieg ist die humanitäre Lage im Gazastreifen katastrophal. Angaben des Welternährungsprogramms zufolge befinden sich alle dort lebenden 2,2 Millionen Menschen am Rande einer Hungersnot.

    Wer beteiligt sich an der Luftbrücke?

    An der Airdrop-Operation beteiligen sich neben Jordanien auch die USA und Frankreich mit eigenen Teams. Auch Belgien hat bereits Hilfsgüter abgeworfen. Die Bundeswehr will zwei Hercules-Transportflugzeuge bereitstellen, die jeweils bis zu 18 Tonnen Last transportieren könnten. Der Einsatz könnte Ende kommender Woche beginnen, erklärte das Verteidigungsministerium.

    Welche Wirkung haben Hilfslieferungen aus der Luft?

    Die USA hatten in einer ersten Aktion Anfang März mit drei Flugzeugen 66 Pakete mit 38.000 Mahlzeiten abgeworfen. Weitere Abwürfe folgten in den Tagen darauf. Die USA setzen dazu Hercules-Transportmaschinen ein, wie es nun auch Deutschland plant.
    Laut "Guardian" kann die C-130 Hercules in etwa eine Lkw-Ladung Hilfsgüter transportieren. Der Gazastreifen benötigt demnach aber schätzungsweise mindestens 500 Lastwagen mit Hilfsgütern pro Tag. Würde man also versuchen, die humanitäre Versorgung allein über eine Luftbrücke sicherzustellen, bräuchte man Dutzende weitere Flugzeuge. Außerdem wäre der Luftraum des Gazastreifens mit großen Transportflugzeugen überfüllt. Ein unrealistisches Szenario. Zudem sind nicht alle Lebensmittel und Medikamente für einen Abwurf aus der Luft vorgesehen.

    Wie schätzt die UNO die Hilfslieferung per Luft ein?

    Die Vereinten Nationen führen an, dass Luft-Lieferungen nicht die Lieferungen über den Landweg ersetzen können. Diese seien nach wie vor "die optimale Lösung: einfacher, schneller und billiger", sagte die UNO-Beauftragte für humanitäre Hilfe im Gazastreifen, Kaag. Es müsse eine Diversifizierung der Versorgungswege über Land geben, forderte sie. "Die Luft und das Meer können nicht ersetzen, was auf dem Landweg ankommen muss."
    Das Welternährungsprogramm erklärte ebenfalls, dass sogenannte Airdrops nur die letzte Wahl darstellten. Nur über den Landweg könnte ausreichend Nahrung geliefert werden. Das Programm verwies darauf, dass binnen einer Woche sechs Tonnen Lebensmittel über dem Gazastreifen abgeworfen worden seien. Im gleichen Zeitraum sei ein Lkw-Konvoi mit 200 Tonnen gescheitert.

    Was ist an den Lieferungen aus der Luft weiterhin problematisch?

    Zudem lässt sich bei einer Luftbrücke der Landeort der Güter nicht präzise steuern. Aktuell erfolgen viele Abwürfe über dem Strand des Gazastreifens, weil dort genügend Freiflächen vorhanden sind. Einige Waren landeten bereits im Meer. Und wenn die Waren heil am Strand landen, fehlt eine gerechte Verteilung.
    Der Chef der norwegischen Flüchtlingshilfe, Jan Egeland, erklärte auf X, Abwürfe aus der Luft seien teuer, planlos und erreichten oft die falschen Leute. Das Welternährungsprogramm WFP rechnet vor, dass Airdrops sieben Mal so teuer seien als eine Belieferung auf dem Landweg.

    Wie steht es um die Lieferungen per Landweg und per See?

    Die UNO wirft Israel vor, den Zugang zum Gazastreifen auf dem Landweg zu blockieren und damit Hilfslieferungen zu erschweren. Die israelische Regierung weist dies zurück. Ihr zufolge kommen derzeit mehr Hilfsgüter in den Küstenstreifen als vor Kriegsbeginn. Ein Sprecher der Vereinten Nationen sagte, es reiche nicht, die Lastwagen zu zählen, die Grenzposten überquerten. UNO-Angaben zufolge liegt das Problem bei der Verteilung der Güter innerhalb des Kriegsgebiets. Heute ließ Israel erstmals seit Beginn des Gazakriegs am 7. Oktober humanitäre Hilfslieferungen über einen Grenzübergang im Norden des Gazastreifens zu.
    Auch auf dem Seeweg sind Hilfslieferungen unterwegs. Gestern war das Schiff "Open Arms" der gleichnamigen Hilfsorganisation aus dem zyprischen Hafen von Larnaka in Richtung Gazastreifen in See gestochen. Der Schlepper zieht eine Plattform, auf die Hilfsgüter geladen worden sind – rund 200 Tonnen Trinkwasser, Medikamente und Lebensmittel. Die Fahrt könnte bis zu 60 Stunden dauern, da das Schiff langsam fährt. Sie gilt als Pilotprojekt für die Einrichtung einer kontinuierlichen Seeroute. Im Zuge dessen wollen die USA im Gazastreifen auch einen provisorischen Hafen errichten. Dies kann aber bis zu zwei Monate dauern.
    Diese Nachricht wurde am 13.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.